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Die Faschistin Marine Le Pen kommt in die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen

Zum ersten Mal seit Jahrzehnten wird keine der traditionellen großen Parteien Frankreichs in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen vertreten sein. Sie erlebten ein Wahldesaster. Stattdessen gehen der Liberale Emmanuel Macron und die Faschistin Marine Le Pen in die Stichwahl. Der radikale linke Kandidat Jean-Luc Mélenchon und der Konservative François Fillon sind fast gleichstark aus den Wahlen hervorgegangen, während der Sozialdemokrat Benoît Hamon weit abgeschlagen auf dem fünften Platz liegt.

Hamons Sozialistische Partei (PS) ist zurzeit Regierungspartei, konnte aber nur mit Mühe und Not so viel Stimmen gewinnen, dass sie ihre Wahlkampfkosten decken kann. Als die Mitte-rechts-Parteien Fillon als zu ihrem Spitzenkandidaten ernannten, schienen die Umfragen darauf hinzudeuten, dass er der künftige Präsident wird. Seine Weigerung jedoch, nach eine ganzen Reihe von Korruptionsvorwürfen und Veruntreuung von Geldern zurückzutreten, beschädigten ihn erheblich.
Macron, ehemaliger Bankier mit Eliteausbildung, erhielt die meisten Stimmen und wird sehr wahrscheinlich die Stichwahl gewinnen. Er bekleidete ein hohes Amt in der Regierung der PS, da er aber recht spät in die Politik eintrat konnte er sich als „Außenseiter“ darstellen, ohne den giftigen Ballast, den die traditionellen Parteien mit sich tragen.
Im Mittelpunkt seines Wahlprogramms stehen noch mehr Kürzungen und Angriffe auf die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter, als die PS-Regierung ohnehin schon durchgesetzt hat. Als Präsidentschaftskandidat vermied er es im Gegensatz zu den vergangenen Regierungen, die antiislamische Karte auszuspielen. Das könnte sich aber schnell ändern.
Die beiden kleinen liberalen Parteien, die ihn unterstützt haben, werden bei den Parlamentswahlen im Juni kaum genug Stimmen auf sich ziehen, um allein regieren zu können. Um eine Koalitionsregierung bilden zu können, wir Macron einige Zugeständnisse machen müssen und die Folge könnte eine schwache und garstige Regierung sein, die sich mit einer durch die Massenstreiks des vergangenen Jahrs wiederbelebten und verjüngten Arbeiterklasse anlegt.

Die Faschistin Marine Le Pen knapp das Spitzenergebnis, das ihr während des langen Wahlkampfs meist in den Umfragen vorhergesagt worden war, verfehlt. Mit über 7,5 Millionen Stimmen und zunehmendem Erfolg bei jungen Wählerinnen und Wählern konnte sie den faschistischen Front National (FN) nach Jahren des Wachstums konsolidieren.
Le Pen reagierte auf die Erschießung eines Polizeibeamten in Paris am Freitag mit wüstem Rassismus. Sie forderte, dass alle ausländischen Verdächtigen oder jene mit doppelter Staatsangehörigkeit, die offiziell des „Extremismus“ verdächtigt werden, zusammengetrieben und deportiert werden sollten. Tausende werden zurzeit in dieser Kategorie geführt.
Das klingt besonders erschreckend angesichts ihrer Äußerungen über den Holocaust vor wenigen Wochen, als sie die Mitverantwortung des französischen Staats während des Zweiten Weltkriegs für das Zusammentreiben und Deportieren von Juden in die Todeslager der Nazis leugnete. Der Wahlkampf in den kommenden beiden Wochen bis zur Stichwahl bietet Le Pen eine einzigartige Plattform für ihren Rassismus. Dieses Gift kontaminiert die gesamte politische Landkarte und wird die jetzigen und potenziellen Wähler des FN noch mehr in ihrer Haltung bestärken.

Mélenchos Erfolg unterstreicht, dass es eine Alternative zu der „Fakewahl“ zwischen dem abgewrackten Establishment, das sich hinter Macron versammelt hat, und dem Albtraum Le Pen. Hunderttausende nahmen an seinen Wahlkampfveranstaltungen teil und über 7 Millionen haben ihn gewählt. Dass er die PS in den Schatten stellen konnte, stellt eine historische politische Verschiebung in der französischen Linken dar. Die bürgerlichen Politiker haben sich beeilt, in der zweiten Runde zur Wahl Macrons aufzurufen, und die Angst vor Le Pen wird ihm weiteren Zulauf bescheren. Aber es ist auch klar, dass ein aufpoliertes unternehmerfreundliches Establishment, das Le Pen erst den Boden bereitet hat, keine Hoffnung bieten kann, ihren Aufstieg zu stoppen. Dazu bedarf es der Massenbewegungen und -kämpfe – auch gemeinsamer antifaschistischer Demonstrationen -, also all das, wozu bürgerliche Politiker nicht bereit sind.

Der Text von Dave Sewell erschien im englischsprachigen Magazin „Socialistworker“ und wurde von Rosemarie Nünning ins Deutsche übersetzt

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