Heute folgten laut Angaben von Gewerkschaften und unabhängigen AktivistInnen und JournalistInnen bis zu 1.2 Millionen Menschen dem Aufruf zur Großdemonstration gegen das sogennante „el-Khomri“ Gesetz. Gewerkschaften, NGOs und AktivistInnen hatten zu Widerstand aufgerufen, um eine französische Agenda 2010 zu verhindern.
Arbeitszeitverlängerung auf bis auf 60 Stunden pro Woche, faktische Abschaffung des Kündigungsschutzes, Erleichterung von „betriebsbedingten Entlassungen“, Urlaubskürzung, Streichung von Zulagen und viele weitere Punkte sieht das neue Gesetz der SozialdemokratInnen Frankreichs vor. Es ist eine Gesetzesänderung à la Agenda 2010 in Deutschland. Zugute kommen sollen die Veränderungen am „loi travail“ vor allem den Firmen, die sich einen Niedriglohnsektor nach deutschem Vorbild erhoffen.
Trotz massiver Polizeigewalt sind heute Menschen aus dem ganzen Land nach Paris gereist. Auch internationale Gäste wie Mitglieder der Linkspartei NRW sind bei den Protesten dabei. Die französische Tageszeitung Le Monde meldet über eine Millionen Demonstranten in Paris und über 400.000 in anderen Städten. Es ist ein Erfolg für die Gewerkschaften und die sozialen Bewegungen.
Jedoch, der seit längerem geltende Ausnahmezustand in Frankreich ermöglicht es der Polizei ungestraft brutal gegen Streikende und Demonstrierende vorzugehen. Frankreich ist in einem undemokratischen Ausnahmezustand, in dem selbst die wenigen demokratischen Elemente einer „wirtschaftsfreundlichen Demokratie“ nicht gelten. Die Polizei hat nach eigenen Angaben 130 Personen an der Teilnahme der Demonstration gehindert und diese in Gewahrsam genommen. 13 weitere wurden während der Demonstration festgenommen, die Zahlen dürften wohl noch steigen. Auf den Videos ist jedoch gut das brutale Vorgehen der Polizei zu sehen, welche Tränengas, Wasserwerfer, Tränengasgranaten und Schlagstöcke gegen die Demonstrierenden einsetzt. Alles nur damit die „schöne“ Fußball-Europameisterschaft nicht gestört wird.
Laut Angaben der Tagesschau ging der Demonstration ein kurzer und heftiger Streik in den Stromkraftwerken vorraus. Die ArbeiterInnen drosselten die Stromzufuhr für Paris, um so möglichst viele Menschen auf die Straße zu locken.
Jahrzehntelang wurde der Klassenkampf durch neoliberale Politik von oben geführt: Immer mehr Arbeit wurde von immer weniger Menschen für immer weniger Geld verrichtet, um somit die Profite zu steigern. Den Menschen wurde eingetrichtert, sie müssten sich selbst ausbeuten, um Erfolg zu haben. Doch die nun anstehenden Reformen, die Präsident Hollande notfalls auch per Präsidialverordnung einführen will, werden von 80 Prozent der Menschen Frankreichs abgelehnt und mit heftigen Protesten quittiert.
https://www.youtube.com/watch?v=uRTxeef_Anc
Bereits vor zwei Monaten waren laut CGT 1.2 Millionen Menschen auf der Straße. Frankreich befindet sich in einem „Ausnahmezustand“ von Unten. Nicht nur die Streiks, der Bau von Barrikaden, sondern auch die Bewegung Nuit Debout politisieren das Land. Die Menschen werden sich bewusst, dass nur gemeinsamer Widerstand von unten die Welt verändern kann. Junge Menschen debattieren bis spät in die Nacht hinein über die Welt in der sie leben möchten.
Für den 23. und 28. Juni sind weitere Aktionstage angekündigt. Die internationale Solidarität mit den Protesten indes wird nicht abnehmen, im Gegenteil. An immer mehr Orten bilden sich Unterstützerkreise und Solidaritätskomitees.
Eine Antwort
Ich habe auf die Franzosen gehofft dass sie das Feuer des Widerstands entzünden und die Flamme auf den Rest Europas übergreift.