Debatte um Özil – Rassismus ist das Problem

Die Debatte um Özis Rücktritt ist im vollen Gange. Die einen sagen, Özil würde die Rassismuskeule schwingen, um von seinen Verfehlungen wie Steuerbetrug oder dem gemeinsamen posieren mit Erdogan abzulenken. Doch hinter der Debatte steckt viel mehr, nämlich weit verbreiteter Rassismus, wie auch Özil feststellt.

Mesut Özil spricht mir aus der Seele, wenn er in seiner Rücktrittserklärung schreibt:

„Gibt es Kriterien, ein vollwertiger Deutscher zu sein, die ich nicht erfülle? Meine Freunde Lukas Podolski und Miroslav Klose werden nie als Deutsch-Polen bezeichnet, also warum bin ich Deutsch-Türke? Ist es so, weil es die Türkei ist? Ist es so, weil ich ein Muslim bin? Ich denke, hier handelt es sich um eine wichtige Sache. Indem man als Deutsch-Türke bezeichnet wird, werden Menschen bereits unterschieden, die Familie in mehr als einem Land besitzen. Ich wurde in Deutschland geboren und ausgebildet, also warum akzeptieren die Leute nicht, dass ich Deutscher bin?…“

Das gleiche gilt auch für Begriffe wie „deutscher mit Migrationshintergrund“, Deutsch-Serbe, Deutsch- Irgendwas. Alleine diese Separierung in eine „scheinbar“ andere Gruppe macht so viel aus. Es löst in den Menschen einen Gedanken aus, der nicht mehr wirklich verschwinden mag: wieso bin ich anders? Besonders bei jungen Menschen löst das etwas aus.

Wann ist man Deutsch?

Wann ist man Deutscher? Muss ich dafür die Hymne auswendig kennen? Muss ich „stolz“ auf dieses Land sein. Muss ich CDU/CSU wählen? Muss ich katholisch oder evangelisch sein? Manchmal habe ich das absurde Gefühl, manche wollen, dass man einen Nachweis mitbringt, der einem drei Generationen „deutsch sein“ nachweist.

Doch, wir sind hier zur Schule gegangen, sind hier geboren, Deutsch ist unsere „Muttersprache“. Das hier ist unsere Heimat. Wir haben es uns nicht ausgesucht, wo wir geboren wurden, aber wir sind froh, dass wir hier sind.

Doch wenn einem in der unmittelbaren Lebensrealität das Gefühl vermittelt wird, man gehöre nicht dazu, überkompensiert man, in dem man sich unverhältnismäßig mit dem Land seiner Eltern oder Großeltern identifiziert. Um das zu ändern, müssen wir an die Probleme ran. Menschen die nicht Deutsch aussehen oder nicht Deutsch klingende Namen haben müssen häufig beweisen, dass sie „deutscher sind als Deutsche.“ Damit meine ich solche Sachen wie das singen der Nationalhymne, das ständige Abfragen der „Loyalität“ zu einem Land, das ständige Hinterfragen der Religion und vieles mehr. Gleichzeitig hat man es auf dem Arbeitsmarkt und in der Bildung schwerer.

Foto Aktion war Banane

Ja, Mesuts Fotoaktion war Banane, genauso wie der dazugehörige Teil der Erklärung. Aber im Gegensatz zu ihm werden Unternehmen, Politiker*innen und Sportler*innen die mit Erdogan handeln, die ihn besuchen oder andere Despoten hofieren (Orban, Putin, Katar) nicht ansatzweise so stark kritisiert.

Özil hat Recht wenn er schreibt, dass das eigentliche Problem Rassismus ist, welcher in der Gesellschaft salonfähiger wird, wie die Zahl der rechten Angriffe zeigt. 1981 hatten bereits 13 Prozent der Menschen ein rechtsradikales Weltbild. Das ist bis heute nicht besser geworden, leider. Darum sollte jeder gegen die Hobby-Höckes aufstehen, z.B. bei Aufstehen gegen Rassismus.

DFB schaut zu

Noch eine Anmerkung: Der #DFB, seine Mitgliedsverbände, die Vereine, haben alle ein klares Bekenntnis zum Antirassismus in ihrer Satzung. Paragraph 4, Artikel 2, Punkt C:

[…] der Förderung von Integration und Vielfalt sowie der Verhinderung und Beseitigung von Diskriminierung, insbesondere im Hinblick auf die soziale oder ethnische Herkunft oder eine behauptete „Rasse“, den Glauben, das Alter, das Geschlecht, die sexuelle Identität oder eine Behinderung.

Und wöchentlich Schauen in einigen deutschen Stadien Vereine weg, wenn ganz offensichtliche Nazis die Tribünen fluten, wenn es „Sieg Heil“ Grüße gibt, wenn dunkelhäutige Menschen mit Affengeräuschen begrüßt werden. Sie suchen Ausreden dafür, warum bekannte Gesichter der AfD, NPD, Kameradschaften und Co. nicht aus der Kurve verbannt werden. Das ist ein hartes Stück arbeit, aber es muss angegangen werden.

Ich würde mir ehrliches Engagement freue, dass über mehr als eine zwei Meter Bande mit „Respect“ oder „No to Rascism“ hinausgeht. Ansätze dafür gibt es, nur leider werden sie nicht konsequent umgesetzt.

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