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"El cañón Rheinmetall L-55" by Contando Estrelas is licensed under CC BY-SA 2.0. and Cyber-Complex Foundation, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Die echte Liebe ist tot

Der Traum vom Henkelpott ist geplatzt, da Borussia Dortmund vergangenen Samstag im Wembley-Stadion gegen Real Madrid im Champions-League-Finale verlor. Für viele Fans und Beobachter des Fußballs zerplatzte der Traum vom Henkelpott jedoch bereits wenige Tage zuvor. Am 29. Mai, drei Tage vor dem Endspiel im Wembley, verkündete Borussia Dortmund überraschend, dass der Rüstungskonzern Rheinmetall neuer Partner des Vereins wird. Die Partnerschaft läuft über drei Jahre, und Rheinmetall wird künftig Werbeflächen, Marketingrechte sowie Eventpräsenz im Stadion und rund um das Vereinsgelände erhalten.

Mit dieser Partnerschaft sichert sich ein Rüstungsgigant, der unmittelbar von Zerstörung, Krieg und Leid profitiert, Werbeflächen beim BVB. Wie passt das zu den Grundwerten des BVB-Kodex von 2022, der explizit gegen Menschenrechtsverletzungen und Gewalt steht? Borussia Dortmund war zudem immer ein Verein, der sich traditionell als Arbeiterverein verstand, trotz des früheren Gangs an die Börse.

Die „echte Liebe“ zur Borussia verband stets Menschen aus aller Welt, unabhängig von ihrer Sexualität, Religion und sozialen Herkunft. Insbesondere für jene Arbeiter*innen aus dem Ruhrgebiet war die Identifikation mit der Borussia eine willkommene Abwechslung zu ihrem Alltag als Lohnarbeiter*innen. Mit dem Deal stirbt dieses Image des Arbeitervereins vollständig. Ein Sponsoring-Arrangement mit einem Rüstungskonzern ist unvereinbar mit den Interessen von Arbeiter*innen. Schon während der NS-Zeit war Rheinmetall ein wichtiger Rüstungsproduzent für das Naziregime und profitierte von Zwangsarbeit und Produktion für den deutschen Faschismus. Auch heute verdient Rheinmetall am blutigen Krieg in der Ukraine, der laut UN bis April 2024 schon über 11.000 zivile Tote forderte. Ebenso ist Rheinmetall mit seiner Panzermunition mitverantwortlich für die Verbrechen, die die israelische Armee im Gazastreifen begeht. Der brutale Krieg in Gaza forderte bis Juni 2024 knapp 40.000 Tote und 82.000 Verletzte, von denen schätzungsweise mehr als 70 Prozent Frauen und Kinder sind. Rheinmetall ist somit kein gewöhnlicher Konzern, sondern einer, der sein Geld durch das abscheulichste Verbrechen, den Krieg, verdient.

Der Deal fällt jedoch nicht aus heiterem Himmel und verwundert kaum. Längst sind Aufrüstung, Militarisierung und die „Sorge“ um Sicherheit in Deutschland Thema Nummer eins auf der politischen Agenda: „Zeitenwende“ eben. Auch verwundert der Deal nicht, wenn man die Entwicklung und Hyperkommerzialisierung des Fußballs in den letzten Jahren beobachtet. Der Kapitalismus lebt vom Wachstum und seinem imperialistischen Streben. Dazu passt der Konzern Rheinmetall wie kein anderer, da er durch seine Waffen und Munition zur Eskalation und Destabilisierung in den verschiedensten Regionen der Welt beiträgt. Nur ist dies genau das Gegenteil jener Borussia, die im März 2022 in Solidarität zur Ukraine in einem Sondertrikot spielte und das Banner mit der Botschaft „Stop War“ hochhielt. Knapp zwei Jahre später scheint die Botschaft vergessen, und die Geldgier der Aktionäre hat offenbar gewonnen.

Demnächst dürften sich sportliche Erfolge auch anders als früher nicht mehr als Ergebnis des Dortmunder Gemeinschaftssinns und der Bodenständigkeit des Vereins darstellen, sondern als Ergebnis eines Strebens nach Geld und Macht, ganz ohne Moral und Verantwortung – im Sinne des deutschen Kapitalismus eben. Borussia Dortmund verrät mit diesem Deal nicht nur alle Fans und Spieler, die sich aufgrund seiner Bodenständigkeit und Fannähe, insbesondere zu den Arbeiter*innen, mit dem Verein identifizieren konnten, sondern auch das letzte bisschen Moral und Verantwortung, die der zweitgrößte Fußballverein in Deutschland haben sollte.

Der Deal ist eine Schande für den deutschen Fußball und ein Schlag ins Gesicht für all jene geflüchteten Menschen, die nach Deutschland kamen und die Borussia anfeuerten – aus jenen Ländern, die Rheinmetall mit seinen Waffen und seiner Munition destabilisiert und zerstört hat. You’ll walk alone, Dortmund. Der Sport muss für Frieden und „echte Liebe“ stehen und nicht für Militarisierung, Zerstörung, Leid und Tod. Die andere Borussia aus Gladbach scheint das verstanden zu haben und lehnte mehreren übereinstimmenden Medienberichten zufolge einen Deal mit Rheinmetall ab. Hut ab! Für die Borussia aus Dortmund gilt jedoch: Die „echte Liebe“ ist tot.

Ein Beitrag von Mehmet Mustafa Sis

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