Portugal zeigt Alternativen zur Austeritätspolitik

Portugal, Italien, Griechenlands und Spanien das waren die südeuropäischen Länder, die in den vergangenen Jahren im Fokus der europäischen Aufmerksamkeit standen, wenn es um sogenannte „Sparprogramme“ und Austerität ging. Während Griechenland aktuell wieder in den Medien ist, weil die Schulden weiter steigen, und Spanien von sich Reden machte, weil es keine Regierung bilden konnte, ist Portugal aus dem Fokus der Öffentlichkeit verschwunden, dabei wäre ein Blick auf die Erfolge der portugiesischen Regierung spannend, für alle, die immernoch am Dogma des Sozialabbaus als Mittel zum Wachstum festhalten.

Mehrere Jahre regierten rechte und neoliberale Parteien Portugal während der Krise und setzten harte Austeritätspolitik durch. Diese änderte sich mit den Wahlen 2015, das neue geschmiedete neoliberale Bündnis Portugal a Frente, bestehend aus den beiden vorherigen Regierungsparteien PSD und CDS-PP, verlor seine Mehrheit. Doch auch die portugiesischen Sozialdemokraten hatten keine eigene Mehrheit und hatten nur die Auswahl einer großen Koalition, in der sie Juniorpartner wären, und einem Mitte-Links-Bündnis mit der Coligação Democrática Unitária (CDU) und dem Bloco de Esquerda. Besonders daer Linksblock (Bloco des Esquerda) konnte sich als Siegerin der Wahlen sehen, da sie ihre Stimmenzahl verdoppelten. Die sozialdemokratische PS entschied sich nach dem Scheitern der Gespräche für eine Tolerierung durch die linken Parteien, welche durch Verträge klare Richtlinien erhielt. Catarina Principe, Mitglied des Linksblock, erklärte wie die neue Regierung funktioniert: „Die Linke würde dem Haushaltsentwurf und einigen anderen Gesetzen zustimmen, jedoch außerhalb der Regierung bleiben und sich vorbehalten, auch weiterhin alternative Politiken zu verfolgen. So war es ihr möglich, die verbreitete Forderung nach einer Beendigung der schlimmsten Sparmaßnahmen aufzugreifen, ohne sich der PS zu sehr anzunähern.“

Entrüstung aus Brüssel und dem Präsidentenpalast

Die Regierung schien vor ihrer Bildung unter keinem guten Stern zu stehen, denn sowohl Brüssel als auch der portugiesische Präsident beschworen den Untergang des Landes. So erklärten Mitglieder der EU-Kommission das die Portugiesen nun von ihrer Zuverlässigkeit, gemeint die Umsetzung der neoliberalen Austeritätspolitik, abrücken könnten. Auch der portugiesische Präsident, ein Mitglied der konservativen Partei, erklärte, dass diese Regierung  nicht glaubwürdig sei und fordert ein Beibehalten der Austeritätspolitik. Herbert Reul, Vorsitzender der Union im Europäischen Parlament, erklärte gegenüber der „Welt“:“Die neue Regierung wäre gut damit beraten, diesen Konsolidierungskurs fortzusetzen. Das Beispiel Griechenlands zeigt doch, dass es dazu keine Alternative gibt.“ Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble warnte: „Portugal macht einen schweren Fehler“.

Angst hatten sowohl die konservativen portugiesischen Politiker und Medien, als auch die EU und die anderen europäischen Regierung nicht vor der sozialdemokratischen Partei, die die ersten Austeritätsmaßnahmen durchsetzten, sondern vor dem Linksblock und den Kommunisten, welche die CDU anführen. Ursache ihrer Angst ist, dass beide Parteien die Austeritätspolitik stoppen und umkehren wollen und die CDU einen Austritt aus NATO und Euro fordert.

Höhere Löhne und Renten

Foto: Connect Euranetflickr.comCC BY 2.0

Zu den ersten Maßnahmen der neuen Regierung zählte die Erhöhung des Mindestlohns, der bis 2019 auf 600 Euro, dem Niveau vor der Krise, steigen soll. Ebenfalls rückgängig gemacht wurden die Lohnkürzungen im öffentlichen Dienst, sowie die Kürzungen der Bezuschussung von armen Familien und Rentnern. Eine Sondersteuer, die die konservativ-neoliberale Regierung, im Zuge der Krise durchsetzte, wurde ebenfalls auf die Einkommen über 80.000 Euro begrenzt um arme Familien und Haushalte zu entlassten. Die Folge dieser Politik, war neben Rügen aus der EU und insbesondere Deutschland, ein Anstieg der Kaufkraft, eine stabilere Wirtschaft und eine Senkung der Arbeitslosigkeit, sowie eine Rückzahlung von Krediten. Um die Ausgaben zu finanzieren setzte die Regierung dagegen auf eine Steuerpolitik, die die Steuerverfehlungen der Reichsten nicht mehr als Kavaliersdelikte betrachte, sondern im Notfall auch hart bestraft. Weitere positive Maßnahmen der Regierung waren der Schutz von Familien vor der Zwangsvollstreckung bei Steuerrückständen, die schrittweise Wiederherstellung der 35-Stunden-Woche und eine Ablehnung der Privatisierungspläne für den Verkehrssektor.

Auch in gesellschaftspolitischen Fragen wurden einige progressive Maßnahmen durchgesetzt so wurde für gleichgeschlechtliche Partnerschaften das Recht durchgesetzt, Kinder adoptieren zu können. Ebenfalls wurden die Rechte für Frauen bei Abtreibungen gestärkt und die Kriminalisierung eingeschränkt.

Während diese Maßnahmen innerhalb der portugiesischen Minderheitsregierung und den tolerierenden Kräften relativ einvernehmlich getroffen wurden, gab es in anderen Fragen größere Differenzen. So wurde die BANIF Bank an Santander verkauft, für eine relativ niedrige Summe, wogegen Linksblock und CDU stimmten, beide Parteien forderten stattdessen eine Verstaatlichung der Banken und ein Ende der Privatisierungen im Bankensektor. Auch in der Frage des Umgangs mit der EU offenbarten sich große Regierungen so erklärten sowohl Linksblock als auch Kommunisten immer wieder, dass die EU keine Lösungen bereit halte und Portugal bereit sein müsse mit der EU und ihrer Politik zu brechen.  Größere Differenzen offenbarten sich auch in der Frage der Zurückzahlung von Schulden, während die Sozialdemokraten Schulden zurückzahlten ohne ihn zu hinterfragen, erklärt ein führendes Mitglied des Linksblocks: „Wir haben einige Divergenzen mit der Regierung, zum Beispiel glauben wir, dass das Land unbedingt seine Schulden neu verhandeln sollte.“ Probleme könnte es in Zukunft verstärkt geben, wenn es um die Frage einer längerfristigen Planung geht, während die Sozialdemokraten eine Politik des Ausgleichs wollen, fordern Linksblock und Kommunisten eine wirkliche Umverteilung und einen Sozialstaat, der seinen Namen wirklich verdient. Bis dahin allerdings zeigt die portugiesische Minderheitsregierung, dass ein Abrücken von der harten Austeritätspolitik nicht zum Fiasko wird, sondern ein Ende der desaströsen Politik der Troika bedeutet.

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