Die Krux mit der politischen Immunität

Immer wieder wird in der Presse die Immunität der Abgeordneten zum Thema. Als stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Wahlprüfung,Immunität und Geschäftsordnung bin ich mittlerweile mit einigen der entsprechenden Fälle vertraut. Wenn über die Immunität geredet wird, entstehen häufig Missverständnisse. Darum möchte ich diesen Komplex erklären.

Die Immunität der Abgeordneten ist ein hart erkämpftes Projekt des Liberalismus. Im Hinblick auf eine starke Exekutive in Deutschland, beispielsweise in Gestalt von Monarchen mit umfassenden Rechten, wurde sie eingeführt um einerseits die Arbeitsfähigkeit der Paramente zu gewährleisten, und andererseits um Abgeordnete vor politischer Verfolgung zu schützen. Nun hat die Bundesrepublik keinen mächtigen Monarchen mehr, die Immunität findet sich aber weiterhin im Grundgesetz, was auch historische Gründe hat. Als am 23. März 1933 das Ermächtigungsgesetz verabschiedet wurde, waren die 81 Abgeordneten der KPD schon verhaftet und in den Konzentrationslagern inhaftiert worden oder untergetaucht. Der Sozialdemokrat Julius Leber wurde auf dem Weg zur Abstimmung, obwohl er Immunität genoss, verhaftet. Auch in der Verfassungsordnung der Bundesrepublik schützt die Immunität gemäß Artikel 46 Grundgesetz die Arbeitsfähigkeit des Parlaments, sich frei von Zumutungen der Exekutive versammeln zu können.

Zumindest theoretisch kann somit weder Polizei noch Staatsanwaltschaft ohne die Zustimmung des Bundestages Ermittlungen gegen Abgeordnete aufnehmen, Ermittlungsmaßnahmen wie zum Beispiel Durchsuchungen vornehmen oder Anklage erheben. Eine Ausnahme besteht hierbei, dass die Zustimmung nicht notwendig ist, wenn der oder die Abgeordnete noch am selben oder am Folgetag der Tat festgenommen wird.

In der Praxis kommt aber der Bundestag in den wenigsten Fällen bezüglich der Aufnahme von Ermittlungen zu einer Entscheidung. Das liegt daran, dass es für die betroffenen Abgeordneten oft schädlicher wäre, wenn sich der Bundestag mit jedem einzelnen Fall beschäftigen würde und dieser damit an die Öffentlichkeit geriete. 

Der Bundestag beschließt daher seit den 60er Jahren zu Beginn der Legislaturperiode, eine generelle Genehmigung zur Aufnahme von Ermittlungen, mit der Ausnahme von Beleidigungen politischen Charakters. Dennoch muss die Behörde den Bundestagspräsidenten vorab informieren, um zu gewährleisten, dass der Bundestag gegebenenfalls doch noch widersprechen kann.

Der Bundestagspräsident leitet die Auskunft dann an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung weiter, der dann über das weitere Vorgehen berät. Aufgrund der oben genannten vorab erteilten Genehmigung, geht es in den meisten Fällen nur darum, die Aufnahme der Ermittlungen zu Kenntnis zu nehmen. Bei den Beleidigungen politischen Charakters, muss jedoch der Bundestag befasst werden. Weiterhin begleitet der Ausschuss, das Verfahren dahingehend, dass der Bundestag zu jedem Zeitpunkt seine Genehmigung zurückziehen und das Verfahren damit zum Stillstand bringen kann.

Es wurde in den vergangenen Jahren viel darüber diskutiert, ob die Immunität, die Abgeordnete genießen, so noch zeitgemäß ist. Schließlich ist die Bundesregierung ja kein autoritärer Monarch. Angesichts des Einflusses der Politik auf die Justiz wie etwa in Sachsen, scheint sie allerdings noch eine gewisse Existenzberechtigung zu haben. Sich zu sehr auf den Immunitätsstatus verlassen, sollte man als linker Abgeordneter jedoch ohnehin nicht, denn über ihre Aufhebung befindet die Mehrheit der Mitglieder des Bundestags und die ist derzeit sicherlich nicht links.


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Eine Antwort

  1. In unserem Rechtsstaat gibt es keine Linksimmunität und Rechtsimmunität. Abgeordneten und politischen
    Führungskräften, die die Immunität und Indemnität benutzen, sollten sich stets bewusst sein, dass die
    Kriegsverbrechen, Nachrichtenfälschungen, Vorbereitung von Angriffskriegen, Beteiligung an Angriffskriegen und Führung von Angriffskriegen und Friedensverrat nicht verjähren und nicht durch die „Immunität“ gedeckt sind. Der Deutsche Bundestag ist keine Demokratie mehr seit das Roman Herzog-Prinzip ungeschriebenes Gesetz ist: „Links reden und rechts handeln“. So wurde seit über einem
    Jahrzehnt die Öffentlichkeit vorsätzlich getäuscht. Unter linken Gerede wurden rechte Maßnahmen durchgesetzt.

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