Cover: Carlsen Verlag

Comics: Eine Unterschätzte Medienform!

Politik ist langweilig, die Theorie und Geschichte steht in dicken Wälzern oder in endlos langen Artikeln? Wir wollen euch zeigen, dass es auch anders geht! Mit unserer Graphic Novel und Comic Serie. Denn auch die sequentielle Erzählkunst beschäftigt sich mit ernsten Themen und wichtigen Inhalten und nicht nur mit Helden in Strumpfhosen, wie wir bereits in unserer ersten Rezension gezeigt haben. Doch wie liest man solche Geschichten richtig? Hier erhaltet ihr die Grundlagen um Comics, Inka-Inschriften oder mittelalterliche Zeichnungen richtig zu lesen.

Comics und Graphic Novels bzw. illustrierter Romane sind in den Augen der meisten Menschen Beiwerk für Kinder, nicht dazu geeignet, sich zu bilden oder gar weiterzuentwickeln. Dabei ist die sequentielle Erzählkunst, also die Kunst eine Geschichte in aufeinanderfolgenden Bildern zu erzählen fast so alt wie die Menschheit selbst. Bereits 40.000 Jahre v.u.Z. wurden in den El-Castillo Höhlen Spaniens Wandmalereien benutzt, um eine Geschichte zu erzählen. Diese Form zieht sich durch die gesamte Menschheitsgeschichte. Denn auch in der Antike, dem Mittelalter und der Neuzeit benutzten Menschen Bilder und Symbole um komplexe Geschichten zu erzählen. Altare, Kirchenfenster, Urkunden mit komplexen Zeichnungen sind nichts anderes, als Comicbücher der Geschichte. Nicht umsonst empfehlen etliche Historiker im Aufbaustudium Scott McClouds Comic „Comics richtig Lesen“ als Einstieg zur Quellenanalyse.

Comics sind mehr als Supermann und Kinderkram

Die drei Schwerpunkte des Comics sind: „Aktive Wahrnehmung, Zeitablauf und Wechselwirkung zwischen Wort, Bild und Geschichte.“ Diese drei Schwerpunkte versucht der Zeichner und Autor in neun Kapiteln zu behandeln. Im ersten Kapitel erklärt Scott McCloud mit dem Klischee über Comics aufzuräumen, sie seien „ primitiver, schlecht gezeichneter, halbgebildeter, ramschiger Kinderkram“. Über dieses Gespräch versucht er zu einer Definition von Comics zu kommen, indem er Inhalt und Medium von einander trennt. Dabei kommt er zu der noch heute gültigen Definition von Comics:

„Comic: zu räumlichen Sequenzen angeordnete, bildliche oder andere Zeichen, die Informationen vermitteln und/oder eine ästhetische Wirkung beim Betrachter erzeugen.“

Für Historiker ist besonders das Einleitungskapitel interessant, erklärt es doch kurz und präzise, wie man sich mit bildlichen Quellen aus verschiedenen Epochen wie der vorkolumbianischen Zeit in Amerika, mittelalterlichen Darstellungen in Europa und frühgeschichtlichen Bildern Ägyptens auseinandersetzt. In seiner Beweisführung enträtselt McCloud Wandmalereien der alten Ägypter, Maya Schnitzereien und Kupferstiche der frühen Neuzeit.

Symbole – Die Sprache der Comics

Mcloud versucht Symbole von Bildern zu trennen. Er erklärt, das Symbole inhaltlich immer fixiert sind, völlig unabhängig davon wie man sie darstellt. Als Beispiele dienen ihm dazu Zahlen, Wappen, religiöse oder politische Zeichen. Im Gegensatz dazu stehen die Bilder. Wenn man einen Menschen zeichnet, so ist es davon abhängig wie er gezeichnet ist, um eine bestimmte Bedeutung oder Wirkkraft zu erzeugen. Zunächst wird die Form des Symbols bzw. Bildes geordnet. Auf der einen Seite stehen Fotografien und realistische Zeichnungen, die der Realität am nächsten kommen. Das andere Extrem sind Cartoons – vereinfachte Abstraktionen der Realität. Er kommt zum Schluss, das Menschen sich in der Abstraktion selber erkennen, da sie ihr eigenes Gesicht ebenso nur als Abstraktion kennen gelernt haben. Er kommt zum Schluss: Je mehr Cartoon, umso größer die Identifikation mit den gezeigten Bildern. Das führt dazu, dass die Anteilnahme des Lesers gegenüber den Figuren deutlich höher ist.

Comics: Eine Kunst

Auch die Zeit und die zeitliche Interpretation ist beim Comic lesen essentiell. So können Eindrücke entstehen, das sich bestimmte Szenen Gleichzeitig abspielen oder asynchron sind, obwohl das komplette Gegenteil zutrifft. Scott McClouds Ziel ist es schlussendlich, die Leser*inn vom Vorurteil über Comics zu befreien, ihr aufzuzeigen, dass das Lesen von Comics, aber auch das zeichnen Anspruchsvoll sein kann. Ebenso versucht er das Medium vom Inhalt zu trennen und so klar zu machen, dass das Medium nicht für enge Strumpfhosen und Umhänge verantwortlich ist. Scott Mcloud hat mit seinem Comic ein Standardwerk geschaffen, das in vielen Ländern zum Bestseller wurde. Für jeden, der in die Welt der Graphic Novels oder Comics einsteigen will, Geschichte oder Archäologie studiert sowie unsere neue Serie weiterlesen will ein Muss. „Scott McCloud : Comics richtig lesen. Die unsichtbare Kunst“, Softcover 224 Seiten, erschien im Deutschen im Carlsen Verlag und ist auf booklooker ab 16 Euro erhältlich.

Weitere Graphic Novel Rezensionen

  • Der Boxer von Reinhard Kleist
    Hertzko Haft ist ein Boxer, kein gewöhnlicher Boxer. Hertzko ist Jude und 16 Jahre alt, als seine Leidensgeschichte in den Konzentrations- und Vernichtungslagern des Dritten Reiches beginnt. Einmal ins Vernichtungslager Ausschwitz deportiert, muss er zur Belustigung der SS-Offiziere gegen andere Häftlinge boxen. Der Graphic Novel erzählt die traurige und fesselnde Geschichte des jüdischen Boxers nach einer wahren Begebenheit…
  • Auf dem Drahtseil von James Vance und Dan E. Burr
    Das Amerika der 1930er Jahre: Millionen von Menschen sind Arbeitslos, die organisierte Kriminalität kontrolliert in vielen Großstädten der USA den Einzelhandel durch Erpressung und Einschüchterung. Gewerkschafter werden regelmäßig ermordet und jeder Sympathisant des Kommunismus lebt auf des Messers Schneide…

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