Eine Graphic Novel mit persönlicher Tiefe und historischem Hintergrund: Packend, Spannend, Rot! Cover: Metrolit Verlag

Hetze gegen Gewerkschaften ist kein modernes Phänomen

In Deutschland nimmt die Hetzjagd gegen Gewerkschaften, Streiks und Streikende immer bizarrere Formen an. Da werden gewählte Gewerkschaftsvorsitzende an den Pranger gestellt, weil sie ihr demokratisches Grundrecht auf Streik wahrnehmen und GewerkschafterInnen die, wie die GDL, für ihre Rechte kämpfen, als verrückt und rücksichtslos beschrieben. Doch eigentlich ist das gar kein neues Phänomen. Schon immer haben die Reichen und ArbeitgeberInnen versucht, Gewerkschaften zu schwächen und ihren Ruf zu zerstören. In vielen Ländern sind Gewerkschaften die größten und schlagkräftigsten Organisationen, die die Interessen der Menschen gegen die Profitsucht der Unternehmen verteidigen können. In diese Kerbe schlägt der Graphic Novel “Auf dem Drahtseil” von James Vance und Dan E. Burr.

Das Amerika der 1930er Jahre: Millionen von Menschen sind Arbeitslos, die organisierte Kriminalität kontrolliert in vielen Großstädten der USA den Einzelhandel durch Erpressung und Einschüchterung. Gewerkschafter werden regelmäßig ermordet und jeder Sympathisant des Kommunismus lebt auf des Messers Schneide. „Auf dem Drahtseil“ ist eine Graphic Novel über den 17. Jährigen Fred Bloch: Ein Waisenkind, das mit einem WPA*-Zirkus durch die USA zieht und mit Gewerkschaftern und Kommunisten sympathisiert. Er assistiert dem Antihelden Gordon Corey, einem Raucher und Alkoholiker, den die Geister der Vergangenheit verfolgen. Die Autoren kreieren eine düstere Atmosphäre voller Angst und Abgründe.

„Gewerkschaft-Abschaum“

Parallel wird die Geschichte von streikenden Stahlarbeitern aus Chicago erzählt, die sich für eine faire Bezahlung ihres Knochenjobs einsetzen. Dabei wird ein Gewerkschaftsfunktionär nach dem anderen von Schlägertrupps der Fabrikeigentümer besucht. Der Staat, in Form der Polizei, stellt sich dabei auf die Seite der Verbrecher: Die Gewerkschafter werden beobachtet und die Telefone abgehört. Später geht der Fabrikbesitzer einen Schritt weiter und lässt führende Gewerkschafter gezielt ermorden.

Fred Bloch

Fred Bloch ist 17 und der Assistent eines Entfesselungskünstlers. Mit zwölf Jahren landete er auf der Straße, als 1932 zunächst seine Mutter verstarb und sein Vater sich aus Kummer das Leben nahm. Sein Bruder versuchte beide über Wasser zu halten, doch er geriet in die Fänge der organisierten Kriminalität und wurde ermordet. Fred schlug sich vier Jahre lang als Obdachloser und Nomade durch, ehe er 1936 ein Zuhause in einer „Brigade“, der Workers Alliance fand. Eine lokale Gruppe von Gewerkschaftern nahm ihn auf und bot ihm etwas, was er glaubte bereits vergessen und verlernt zu haben: Eine Familie. Nachdem er mit Fünfzehn bei einem Trampversuch durch einen Zug sein Bein verloren hat, bekam er sogar eine Prothese von seinen Kolleginnen und Kollegen geschenkt und zur familiären Atmosphäre kam etwas hinzu, was er nicht kannte: Solidarität. Immer mehr wurde er in die Arbeit der Gewerkschaft eingespannt und übernahm am Ende sogar das Schreiben von Pamphleten und Flyern, die von seiner Erfahrung mit „dem Staat“ berichten. Er besucht sogar Veranstaltungen wie „Warum das Kapital einlenken muss“. Mit 17 findet er im WPA-Zirkus zudem eine Anstellung. Nun zieht er durch die USA, als Workers Alliance Mitglied Fred Bloch. An seiner Seite sein „Chef“ Gordon Corey. Eine Geschichte über einen strauchelnden Jungen, der in der Gewerkschaft und Partei neuen halt findet und den Mut, für eine gemeinsame Sache zu kämpfen und über einen alten Säufer, der seinen Mut wiederfindet. Eine Geschichte über den Pakt von Kapital und Staat gegen Studierende, Erwerbstätige und Erwerbslose. Auf dem Drahtseil wurde von James Vance und Dan E. Burr verfasst. Im deutschen erschien die Graphic Novel bei Metrolit Verlag und ist bei booklooker antiquarisch ab 10,90 Euro erhältlich.

*Die Works Progress Administration gab brotlosen Künstlern und Intellektuellen Arbeit. KünstlerInnen arbeiteten in Programmen, die dem „Wohl der Allgemeinheit und der Nation“ zu gute kommen sollten

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