Rassismus rockt nicht

Rock am Ring muss wegen einer Terrorwarnung unterbrochen werden. Marek Lieberberg, Organisator des Musikfestivals, will das sich „mal alle Muslime zu Zehntausenden auf der demonstrieren von irgendwas distanzieren“. Mit „This is not islam“ müsse Schluss sein. Währenddessen nimmt die Polizei zwei Angestellte eines Subunternehmers in Gewahrsam, die angeblich Salafisten seien. Bisher kam nichts bei rum, Fehlalarm. Und am Ende geht das Festival doch weiter. Aber die Muslime, die sind Schuld! Ein Paradebeispiel wohin uns 15 Jahre „Krieg gegen den Terror“ und Hetze in einigen Medien gebracht haben.

Im Internet bricht derweil eine Debatte aus: Ist der Islam schuld, waren die Aussagen Lieberbergs rassistisch oder was ist das eigentliche Problem? Die meisten Medien berichteten ebenfalls über die Terrorwarnung auf dem Festival am Nürburgring. Die AfD versucht die Ereignisse sogleich für sich auszunutzen und macht Stimmung gegen Muslime und MigrantInnen.

Seit mehr als 15 Jahren führt die NATO, aber auch Russland, den „Krieg gegen den Terror“. Doch außer Toten, zerstörten Ländern und Chaos gab es bisher wenig vorzeigbare Ergebnisse. Gleichzeitig schüren Innenpolitiker wie Thomas de Maizière Angst vor Terror und Anschlägen. Dabei ist die Zahl der Anschläge und der Opfer in Europa so niedrig wie nie, vor allem im Vergleich zu den 70er und 80er Jahren. Und auch heute noch sind der Großteil der verübten Anschläge rechtsmotiviert, werden also von NationalistInnen und Rechtsradikalen verübt. Und trotzdem kommt es immer wieder dazu, dass Menschen wie Lieberberg von 1,6 Milliarden MuslimInnen fordern, sich von Anschlägen und Terror zu distanzieren. Als würden diese Menschen alle konspirativ arbeiten. Vielleicht in einer WhatsApp Gruppe? Diese Ansichten sich rassistisch aufgeladen, schließlich hat keiner verlangt, dass sich alle Deutschen von Franco A. distanzieren, als der Rechtsterrorist samt seiner Todesliste in der Bundeswehr aufgeflogen war. Oder als der vermeintliche Christ Breivik mehr als 70 Menschen in Norwegen tötete. Auch hier gab es keine Forderung, dass sich alle ChristInnen von Breivik distanzieren sollten. Und was taten die anwesenden JournalistInnen, als Marek Lieberberg seine Pressekonferenz abhielt, die in einer Wutrede endete? Sie applaudierten.

Die Tatsache, dass Muslime aller Konfessionen die größte Opfergruppe von Terroranschlägen ausmachen, findet in Europa nur selten Beachtung. Tagtäglich sterben Menschen in Libyen, Afghanistan, Irak oder Syrien nach Anschlägen. Ländern, die durch militärische Interventionen von Großmächten unsicherer sind als je zuvor, wie zum Beispiel die politische Aktivistin Malalai Joya aus Afghanistan berichtet.

Etablierte Parteien nutzen diesen nicht greifbaren Angstzustand, um Grundrechte Stück für Stück abzubauen. Dazu erklärte der Rechtsanwalt Hans-Eberhard Schultz gegenüber dem Magazin Marx21: „Die größte Bedrohung der Demokratie geht in Deutschland gegenwärtig nicht von äußeren »Feinden der Demokratie« oder »Islamisten« aus, sondern von dem umfassenden Aufbau eines autoritären Sicherheitsstaates, mit dem vorgegeben wird, die Demokratie gegen »Terroristen« schützen zu wollen. Maßgebliche Kräfte in der Regierung und den Sicherheitsapparaten sind dabei, diesen autoritären Sicherheitsstaat in den Zustand eines permanenten Notstands zu versetzen. Das dient der Herrschaftssicherung angesichts zunehmender Krisen und Kriege sowie der weltweit massiv anwachsenden sozialen Spaltung.“

Wer Terrorismus bekämpfen will, muss die unfaire Weltwirtschaftsordnung bekämpfen. Die Länder des Globalen Südens dürfen nicht weiter ausgebeutet werden. Die Kriege in Afrika, dem Nahen- und Mittleren Osten müssten beendet  und Rüstungsexporte verboten werden. Die Internationale Juristenkommission hatte bereits 2009 eine Untersuchung in Auftrag gegeben, die „Antiterrorgesetze“ in 40 Ländern untersuchte. Die Ergebnisse waren erschreckend. Folgen dieser Gesetzte sind „Folter, willkürlichen Inhaftierungen, unfaire Prozesse, lange Haftdauer ohne Prozess, eine »Militarisierung der Justiz« und  Straffreiheit für schwere Menschenrechtsverletzungen“. Den Terrorismus hat man damit jedoch nicht überwunden.

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Eine Antwort

  1. Rassismus rockt nicht – sind Muslime denn eine Rasse ansich? D.h. ist die Verwendung in diesem Kontext so korrekt?

    „Und auch heute noch sind der Großteil der verübten Anschläge rechtsmotiviert, werden also von NationalistInnen und Rechtsradikalen verübt. “ Zu dieser Aussage habe ich keine Quellen gefunden, also weder dafür noch dagegen. Außerdem: Worauf bezieht sie sich denn? Weltweilt, Europa, Deutschland? Und sind anschläge des IS eigentlich nicht auch irgendwie Nationalistisch?

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