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Klimakrise und Rassismus

Viele Klimaaktivisten wissen, dass eine Folge des Klimachaos ein verstärkter Rassismus  sein kann. Es steht außer Frage, dass die am stärksten Betroffenen aus dem globalen Süden kommen. Doch um eine Bewegung aufbauen zu können, die genug Kraft hat, die Gesellschaft zu wandeln, müssen wir zuerst die Spaltungen überwinden, die den Rassismus verursacht haben.

Ein Kommentar von John Sinha.

Rassismus ist bereits ein Faktor der Klimakrise geworden. Nachdem Hurricane Dorian im letzten Jahr über die Bahamas zog, war es die Aufgabe eines Kreuzfahrtschiffes, die Überlebenden zu bergen. Donald Trump untersagte das Anlegen des Kreuzfahrtschiffes mit den Überlebenden an Bord in US-Häfen. Er begründete seine Entscheidung damit, dass die Bahamas „voller böser Gangmitglieder“ seien.

Die Zahlen der „Klimaflüchtlinge“ sind oft nur ein Bruchteil der tatsächlichen Anzahl. Es gibt keine gesicherten Aufzeichnungen über Vertreibungen aufgrund von langsam voranschreitenden Klimaextremen, wie dem steigenden Meeresspiegel oder der Ausbreitung von Wüsten und Steppen. „Klimaflüchtling“ ist keine international anerkannte Kategorie, wodurch diese Art der Migration oftmals als „Wirtschaftsflucht“ oder andere Formen geplanter Migration klassifiziert wird. Diese übersehen jedoch alle, dass die eigentliche Ursache der Flucht das destabilisierte Klima ist.

So bleibt die gesamtmenschliche Wirkung unbekannt.

Es ist unbekannt, wie viele tausend Afrikaner jedes Jahr dazu gezwungen werden, die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer zu wagen oder wie viele aufgrund des Klimakollaps von ihrem Land vertrieben werden.

Extreme Wetterereignisse zerstören ganze Gemeinden und sind damit laut dem Internal Displacement Monitoring Centre der Hauptgrund für innerstaatliche Flucht. Im Jahr 2016 (alles andere als ein außergewöhnliches Jahr) waren „wetterbezogene, plötzlich einsetzende Gefahren“, wie zum Beispiel Zyklone oder Fluten, der Grund für die innerstaatliche Flucht von 24,2 Millionen Menschen von insgesamt 31,1 Millionen Flüchtenden.

Laut einer aktuellen Studie der Cornell University könnten 2060 rund 1,4 Milliarden Menschen dazu gezwungen sein, ihre Heimat zu verlassen. Bis 2100 könnte diese Zahl auf 2 Milliarden ansteigen.

Ich wäre nicht überrascht, wenn Politiker wie Trump, einmal abgesehen von ihrer Klimawandelleugnung, auf die Klimakrise umschwenken würden. Sie könnten ihre Rhetorik dahingehend verändern, dass sie starke Grenzen und mehr Sicherheit als ihre Lösungen der Klimakrise verkaufen.

In Zentralamerika migrieren Campesinos, die ärmere landarbeitende Bevölkerung, aufgrund des Zusammenbruchs der hiesigen Landwirtschaft Richtung Norden. Besonders betroffen davon ist der Kaffeeanbau. Nun stehen sie vor Trumps Mauer an der US-Grenze zu Mexiko. Trumps Mauer ist eine „Klimagrenze“, die dazu gebaut wurde, um diese Opfer des Klimachaos auszustoßen. Plötzliche Änderungen in der Stimmung sind kein Grund zum Feiern.

Viele antirassistische Politiken – insofern unter den Klimaaktivisten im Vereinigten Königreich überhaupt eine Politik des Antirassismus existiert – werden durch liberale Strömungen beeinflusst, welche mehr Wert auf die Initiative des Einzelnen setzen, statt auf kollektive Aktionen gegen Rassismus.

Rassismus wird als ein pathologisches Problem des Einzelnen gesehen (etwa die Idee des unbewusst Voreingenommenen). Das Problem ist, dass diese Vorstellung mit vielen anderen einhergehen kann, wie dem Mythos, dass die Überbevölkerung seine Ursprünge in der Umweltkrise hat oder der Unterstützung für Migrationskontrolle.

Rupert Read, ein führender Sprecher von Extinction Rebellion (XR), schrieb in einem Brief an den Guardian: „Es ist höchste Zeit für Grüne und Linke, ihre (unsere) Unterstützung für offene Grenzen noch einmal zu überdenken. Die Befürwortung einer fortlaufenden Massenmigration wird die Arbeiter in diesem Land am Ende entfremden – und das aus einem guten Grunde.“

Viele Gruppen von Klimaaktivisten attackieren sich oft selbst, da es der jeweils anderen Gruppe vermeintlich an ethnischer Vielfalt mangelt. Diese Streitigkeiten helfen nicht dabei, eine große klimagerechte Massenbewegung zu organisieren, die wir brauchen, um den Planeten zu retten.

Der Klimawandel wird bestehende Krisen und Konflikte verschärfen. Und die Antwort der Gesellschaft auf gegebene Krisen (ob nun umweltbedingte oder anderweitige) gründen sich auf die dominante Ideologie und umfassen die gewohnten Phrasen vom Gleichgewicht der Klassenkräfte. Doch sie ist eine Antwort, die von staatlichen und wirtschaftlichen Akteuren getragen wird.

Eine Antwort ist ein gestärkter Rassismus und starke Grenzen; eine Alternative könnte ein Green New Deal sein – was wir im Konkreten tun, macht einen Unterschied.

Und eine der besten Antworten, die Aktivisten für Klimagerechtigkeit geben können – im Hier und Jetzt – ist es, die weltweit organisierten Aufmärsche im Rahmen des „UN-Tag gegen Rassismus“ zu unterstützen, der jährlich am 21 März stattfindet.


Dieser Artikel von John Sinha erschien zuerst im Socialist Review und wurde von Dominic Böhme ins Deutsche übersetzt. Dominic (18) ist Schüler aus Eilenburg in Sachsen.


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