Ihr seid nicht DIE LINKE – aber auch!

In der jüngst gestarteten Initiative „wirsinddielinke“, soll den Mitgliedern der Partei DIE LINKE suggeriert werden, dass eine Urwahl zur Wahl der Parteivorsitzenden einen erheblichen Demokratisierungsprozess in Gang setzen würde. Dabei ist dies nichts weiter als der verzweifelte Versuch die fraktionelle Auseinandersetzung in der Partei voranzutreiben und die aktuellen Vorsitzenden davon abzuhalten erneut auf einem Bundesparteitag zu kandidieren.

Die Europawahl ist nun einige Wochen her und nachdem die Forderung nach einem Sonderparteitag gänzlich verstummten oder auf keine eindringliche Resonanz in der Basis stieß versucht das personelle Spektrum um die damalige linke Sammlungsbewegung erneut Einfluss auf die Parteidebatten zu nehmen. Ihr Versuch eine breite linke Bewegung zu initiieren war schon gescheitert, weil es eben ein Nebenprodukt und keins von der Partei DIE LINKE getragenes Projekt war. Kein Anlass zur Freude, wäre doch die Notwendigkeit für eine linke parlamentarische Mehrheit in Anbetracht der erstarkenden Rechten in der Bundesrepublik durchaus notwendig gewesen. Doch die handwerklichen Fehler müssten gründlich analysiert und diskutiert werden, anstatt nunmehr weiterhin in innerparteiliche Machtkämpfe zu verfallen die nichts Weiteres in sich zu tragen, als zu lähmen.

Mit dem jüngst entstandenen Vorstoß eine Urwahl um die Besetzung der Vorsitzenden-Funktionen zu initiieren muss auch ein Blick in die demokratischen innerparteilichen Prozesse erlaubt sein. DIE LINKE hat nach ihrer eigenen Satzungsbestimmung ein höchstes beschlussfassendes Gremium, den Bundesparteitag. Dieser setzt sich aus derzeit 580 Delegierten der Kreisverbände und anerkannten innerparteilichen Zusammenschlüsse, sowie den Delegierten des parteinahen Jugendverbandes zusammen. Umgeht man die Satzung durch einen angeblichen demokratischeren Urwahl-Prozesse, stellt dies sogleich die Sinnhaftigkeit eines Delegiertenprinzips in Frage. Welche Entscheidungen sollen künftig noch von Delegierten getroffen werden, soll sich das Mandat nur noch auf inhaltliche Fragen beschränken und warum soll eine solche Urwahl nur für die Vorsitzenden, nicht aber für deren Stellvertretungen, die Geschäftsführung oder die Schatzmeisterei gelten, nicht weniger wichtige Funktionen in der Bundespartei? Dies wäre ein herber Einschnitt in die Parteistruktur und den breiten Interessen der Strömungen, Gliederungen und realen Mehrheitsverhältnisse.

Demokratie oder Geplänkel vor dem Parteitag?

Es muss sich der Eindruck verfestigen, dass die lauthalse Forderung nach mehr Demokratie und Mitbestimmung wenig durchdacht und eher als Vorgeplänkel für den kommenden Bundesparteitag betrachtet werden muss. Das eine solche Debatte nunmehr unmittelbar vor den bevorstehenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg erzeugt wird, muss jedoch als ein unverantwortlicher Affront gewertet werden. Eine solche Debatte verbietet sich in Zeiten wachsender rechter Strukturen die im Begriff stehen Regierungsbildungen durch deren Wahlergebnisse massiv zu beeinflussen. Eine geschlossene LINKE hat in diesen Zeiten alle Kraft darauf zu verwenden die Rechtsentwicklung zurückzudrängen. Sie muss personell geschlossen agieren und politische Debatten führen.

Es verkürzt auch die wesentlichen politischen Fragen. Erneut soll auf Personenfragen und -Kult abgehoben werden, anstatt die strategischen Ausrichtungsoptionen linker Mehrheiten in Parlamenten und in außerparlamentarischen Bewegungen zu erörtern. Dies ist fatal. Seit der letzten Bundestagswahl findet die Gesamtpartei zu keiner wirkungsmächtigen Oppositionskraft, welche eine klare politische Strategie erkennen lässt. Hier muss auch die Rolle der Bundestagsfraktion mit ihren Ressourcen in Augenschein genommen werden. Womit hat man sich primär seit der letzten Bundestagswahl befasst, welche Projekte und Initiativen wurden angestoßen? Dazu findet nirgends eine breite Debatte in der Partei statt.

Keine Antworten auf brennende Fragen

Zu den wesentlichen Fragen unserer Zeit wie der Klimasituation, der Armutsfrage und sozialen Spaltung oder der Bildungsmisere in den Ländern kommen nur zaghafte Versuche sich öffentlichkeitswirksam zu positionieren, DIE LINKE führt unverständliche Diskussionen über angebliche „Identitätspolitik“ und glaubt in Teilen ernsthaft, dass eine verbindende Klassenpolitik ein Ausschlusskriterium für die Wahlentscheidung der Menschen sei. Es wird jedoch nie diskutiert warum DIE LINKE nach über 10 Jahren ihrer Gründung keine kohärente Politik gegen Privatisierung, Personalnotstand, Schuldenbremse oder den Kohleausstieg in den Regionen in den Ländern betreibt. Die vielfach interessierten Spektren in der politisierten Bevölkerung wissen sehr wohl um die inkonsequente Haltung der LINKE in wesentlichen Fragen. Eine Gesamtstrategie zur Frage der Regierungsbeteiligung wird munter seit vielen Jahren versäumt und mit Nebelkerzen geführt. Anstatt sich der Frage offen zu stellen ob es sinnvoll ist eine linke Regierung als Juniorpartner im Bund zu bilden, werfen sich beide Flügel in der innerparteilichen Debatte vor nur nach den Trögen der Macht zu blinzeln. Denn wer hinter die Argumente schaut muss erkennen, dass im Kern beide Seiten darum ringen, eine im wesentlichen parlamentarische Mehrheit zu erringen.

By mohamed challouf (Own work) [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons

Schon jetzt ist klar die Wahlen im Osten werden keine Erfolgsgeschichte für die Partei werden. Zu sehr ist DIE LINKE damit beschäftigt, wie das Kaninchen vor der Schlange, den Aufstieg der AfD zu betrachten, anstatt sich für eine radikale Abkehr von Formelkompromissen und Zugeständnissen bürgerlichen Forderungen einzusetzen. Realistisch und radikal? Ein Widerspruch der in der Partei nunmehr verkürzt debattiert wird. Und somit sind die Schuldigen für die Landtagswahlergebnisse schon längst ausgemacht – die Parteivorsitzenden, wer sonst? Und natürlich darf und muss die Frage gestellt werden warum es der Parteispitze bisher nicht gelungen ist die erwähnten Probleme in eine bessere Richtung zu lenken? Und natürlich man kann sagen der Fisch fängt immer vom her Kopf an zu stinken, doch ich meine in einem umgekippten Tümpel kann kein großer Hecht heranwachsen. Für eine politische Aussprache, ist ein Parteitag mit mehr freien Reden, anstatt gesetzter Promibeiträge zuständig, kein pseudodemokratisch oder besser gesagt ein sozialdemokratischer Versuch durch eine Urwahl einer Partei Leben einzuhauchen, wie es jüngst die SPD versucht hat.

Urabstimmung als rechtliches Problem?

Doch auch dieser Punkt wäre rechtlich hochproblematisch. Die geforderte Urwahl der Parteivorsitzenden würde dem Parteiengesetz widersprechen, erklärte jüngst Parteienforscher Falter. Er verwies auf Paragraf 9, Absatz 4 des Parteiengesetzes in seiner gültigen Fassung. Hier sei zwingend die Wahl des Parteivorstandes und damit natürlich auch der Parteivorsitzenden durch einen Parteitag gefordert. Diese Regelung kenne auch kein Hintertürchen, sodass eine Urwahl nicht gesetzeskonform wäre und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einem zuständigen Gericht sofort gestoppt werden würde, falls es angerufen würde, betonte Falter seinerzeit, als eine ähnliche Debatte in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands entfacht wurde.

Rechtlich umstritten ist laut Falter außerdem die Frage, ob ein unverbindliches Meinungsbild durch Mitgliederbefragung hergestellt werden kann, an dem sich dann ein Parteitag orientieren könnte. Schwierig sei es wegen der faktischen Bindungswirkung einer solchen Mitgliederbefragung, sagte der Parteienforscher seinerzeit.

Die Hürden für einen Mitgliederentscheid sind Satzungsmässig festgelegt, darin heißt es:

Zu allen politischen Fragen in der Partei kann ein Mitgliederentscheid (Urabstimmung) stattfinden. Das Ergebnis des Mitgliederentscheides hat den Rang eines Parteitagsbeschlusses. Soweit das Parteiengesetz eine Aufgabe zwingend dem Parteitag zuweist, hat der Mitgliederentscheid empfehlenden bzw. bestätigenden Charakter für die Entscheidung des Parteitages.

(2) Der Mitgliederentscheid findet statt

auf Antrag von Landes- und Kreisverbänden, die gemeinsam mindestens ein Viertel der Mitglieder repräsentieren oder

auf Antrag von acht Landesverbänden oder

auf Antrag von 5.000 Parteimitgliedern oder

auf Beschluss des Parteitages oder

auf Beschluss des Bundesausschusses.

(3) Stimmberechtigt sind alle Mitglieder. Der dem Mitgliederentscheid zugrunde liegende Antrag ist beschlossen, wenn ihm bei einer Beteiligung von mindestens einem Viertel der Mitglieder eine einfache Mehrheit zustimmt.

(4) Über eine Angelegenheit, über die ein Mitgliederentscheid stattgefunden hat, kann frühestens nach Ablauf von zwei Jahren erneut abgestimmt werden.

(5) Die Auflösung der Partei oder die Verschmelzung mit einer anderen Partei bedürfen zwingend der Zustimmung in einem Mitgliederentscheid. Der entsprechende Beschluss des Parteitages gilt nach dem Ergebnis des Mitgliederentscheides als bestätigt, geändert oder aufgehoben.

(6) Das Nähere regelt diese Ordnung über Mitgliederentscheide. Die Kosten eines Mitgliederentscheides tragen alle Gebietsverbände gemeinsam.

Zudem ist bestimmt:

 (4) Alle Organe der Partei und ihrer Gebietsverbände haben dafür Sorge zu tragen, dass eine breite innerparteiliche Diskussion über das Für und Wider der beim Mitgliederentscheid zu beantwortenden Frage ermöglicht wird.

Da auch im kommenden Jahr mehrere Kommunalwahlen stattfinden werden die eine hohe Auslastung an Kapazitäten erforderlich machen, dürfte die Durchführung solcher Konferenzen Ressourcenmässig auf wenig Gegenliebe in bevölkerungsreichen Bundesländern stoßen.

Die Urheber der Initiative verschweigen also wissentlich, dass die Satzung lediglich zu politischen Fragen, nicht jedoch zu personellen das Instrument des Mitgliederentscheides vorsieht. Demzufolge müsste eine Zweidrittelmehrheit des Bundesparteitages zunächst einmal die Satzung für ein solches Procedere ändern. Das diese satzungsändernde Mehrheit jedoch zustande kommt, kann als ausgeschlossen gelten, zumal der letzte Bundesparteitag noch nicht einmal eine Mehrheit für einen Antrag der Linksjugend zustande brachte über die Frage der Spitzenkandidatinnen und -kandidaten zu entscheiden. Dieser sah vor, dass der Bundesparteitag eine entsprechende Empfehlung abgeben sollte. An dieser Stelle wäre nämlich ein wirklicher Erneuerungsprozess notwendig. Eine solche Initiative für Spitzenkandidatinnen und -kandidaten zu Landtagswahlen in den Ländern halte ich dagegen für eine wirklich sinnvolle Möglichkeit die Parteibasis stärker zu motivieren und einzubinden. Ein Landtags- oder Bundestagsmandat ist ja ohnehin ein weitaus lukrativerer Posten als das der Vorsitzenden. Jedes Landtagsmandat wird besser vergütet als die Stelle der Parteivorsitzenden. Das es den Initiatorinnen und Iniatoren der wirsinddielinke-Webseite um ein solches Anliegen geht bleibt abzuwarten. Aber die Frage warum nicht die näherstehende Basis auf Länderebene über ihr Spitzenpersonal zu Landtagswahlen einzubeziehen ist bleibt spannend. Hier ist der Motivationsfaktor ein ganz entscheidender. Für die Wahl der Parteivorsitzenden wählen die Gliederungen Delegierte, die sich meist zuvor auf Kreismitgliederversammlungen über das Personaltableus austauschen und durchaus Empfehlungen abgeben.

Kosten eines Entscheids

Zudem wäre eine solche Urwahl auch in bürokratisches Wagnis und ein teurer Spaß. Sicherlich ist dieser Faktor zweitrangig, will ihn jedoch nicht unerwähnt lassen. Zum 31.12.2018 hatte die Linke 62.016 Mitglieder bundesweit.

Legen wir die derzeitigen Portopreise zu Grunde und gehen von einem Schreiben samt frankierten Rückumschlag aus, so beliefe sich dieser Vorgang auf mindestens 99.225,60 €. Da die Satzung der Partei vorschreibt, dass der Parteivorstand alle zwei Jahre zu wählen ist, kämen auf die Partei also alle zwei Jahre einhunderttausend Euro zu. In Anbetracht dessen, dass wir wichtige Strukturfragen zum Parteiaufbau diskutieren, ob wir Personalstellen in den Ländern oder Kreisverbänden finanzieren oder halten können und mit Kreisverbänden täglich über Beitragsanteile diskutieren müssen, glaube ich stießen diese Ausgaben auf wenig Gegenliebe in der Basis. Noch nicht eingerechnet sind die durchzuführenden Regionalkonferenzen. Die SPD will derzeit bei ihrem Suchprozess für den Vorsitz 26 davon durchführen. Nehmen wir als bescheidene Partei nur mal an wir versuchen den Mitgliedern in den 16 Bundesländern entfernungsmäßig gerecht zu werden, damit sie sich die Kandidierenden, welche sich dann auf diese Ochsentour einlassen, zumindest mal anschauen und hören können, wir würden in jedem Bundesland eine solche Konferenz abhalten kämen bei den gültigen Beschlusslagen zur Durchführung solcher Veranstaltungen weitere 160.000 € schnell zusammen. Damit lägen wir bei rund 260.000 €uro pro Wahlperiode, nicht einberechnet die Arbeitsstunden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesgeschäftsstelle und der Länder,sowei die Druckkosten.

Es zeigt sich also wie wenig seriös ein solcher Vorstoß im Vorfeld durchdacht wurde. Schaut man sich das aufwendig produzierte Werbevideo für diese Initiative an, so muss man jedoch mit Befremden feststellen wir abfällig über die Bundesgeschäftsstelle als Institution gesprochen wird. Durch das Suggerieren die da Oben und wir hier Unten an der Basis, soll ein Entfremdungsprozess der jetzigen Verhältnisse konstruiert werden, der real betrachtet nicht vorhanden ist. Noch nie hat die Partei zwei Vorsitzende gehabt, egal wie man inhaltlich zu ihnen stehen mag, welche so intensiv in den Kreisverbänden zu Kleinstveranstaltungen bis in die Ortsebene hinein Präsenz und ernstes Interesse gezeigt haben. Wichtige Elemente wir Organizing, Kampagnenpraxis und Debattenkultur wurden implementiert. Wem soll also all das nützen? Dies weckt kein Engagement der Mitglieder, es vergrault sie höchstens, wenn wir es nicht langsam schaffen Personalfragen vernunftbeflissen und anständig und mit offenem Visier zu führen.

Den Initiatorinnen und Iniatoren des Aufrufes sollte die Partei offen begegnen und ihnen zurufen: Ihr seid nicht DIE LINKE – aber auch! Lasst uns über Inhalte diskutieren und werdet eurer Verantwortung in den jetzigen Zeiten gerecht, gehen wir es gemeinsam und verbindend an. Die demokratischen Strukturen dafür sind längst vorhanden. Nutzen wir sie in Partei und Fraktion.


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3 Antworten

  1. 🙂 Liebe GenossInnen, hier wird nichts suggeriert, eine Urwahl ist unbestritten demokratischer als der indirekte Weg, da so die Stimme jedes Mitglieds gleichermaßen zählt. Zudem wird damit weder vorweggenommen, wer kandidiert, noch, wer gewinnt. Die Ermöglichung einer breiten Teilnahme erhöht auch die Akzeptanz für die Ergebnisse. Wir setzen uns analog ja auch sonst an vielen Stellen für Bürgerentscheide ein ;-)

    Ihr gestattet daher, dass ich die im Artikel vorgetragene Abwehrhaltung leicht polemisch zusammenfasse (nicht als Vorwurf, sondern als Feststellung): „Das haben wir immer so gemacht! Das haben wir noch nie so gemacht! Da könnte ja jeder kommen!“ 🖇📑💼

    Denn unsere Satzung sieht die Möglichkeit einer Urabstimmung in Personalfragen bereits vor. Auszug:

    „§ 8 Mitgliederentscheide

    (1) Zu allen politischen Fragen in der Partei, einschließlich herausgehobenen Personalfragen, kann ein Mitgliederentscheid (Urabstimmung) stattfinden. Das Ergebnis des Mitgliederentscheides hat den Rang eines Parteitagsbeschlusses. Soweit das Parteigesetz eine Aufgabe zwingend dem Parteitag zuweist, hat der Mitgliederentscheid empfehlenden bzw. bestätigenden Charakter für die Entscheidung des Parteitages.“ 🤯

  2. Der Herr LGF Wagner repräsentiert genau jene Funktionärsdenke, die viele Menschen von der Partei DIE LINKE entfremdet: Paternalistische Besserwisserei, pietistische Statutenreiterei, abgeschottete Gremienmeierei, kurz Angst vorm (Partei-)Volk. Der Vorgängerpartei ist vor ziemlich genau 30 Jahren diese Halsstarrigkeit verdientermaßen um die Ohren geflogen.
    Michael Niedworok hat Wagner zudem ja bereits die Unwahrheit nachgewiesen.
    Dass die Ära des glücklosen Bernd Riexinger zu Ende gehen muss, zeigt sein jämmerlicher Kleinkind-Auftritt nach der Europawahl („hätten besseres Ergebnis verdient“) – da fehlte nur noch das trotzige Fuß-Aufstampfen.
    Katja Kipping versucht die Clubmate-Klientel zu bedienen – die Grünen mit ihrem Engholm-Klon Habeck können das aber weit professioneller.
    Der Jenosse Funzionär Wagner bekommt ja schon hohen Puls, wenn es einfache Mitglieder wagen, das Monopol der hochwohlgeborenen Delegierten mal in Frage zu stellen.
    „Aufstehen“ war hingegen wenigstens ein Versuch, auch jene wieder zu erreichen, die einem verständlichen Zynismus anheimzufallen drohen. Das Erfrischende an dieser Bewegung war und ist übrigens die große Mehrheit parteiloser Mitstreiter.
    Die Einbindung Parteiloser war ja mal eine Domäne der Linken: 1994 zogen Stefan Heym, Gerhard Zwerenz, Heinrich Graf Einsiedel und der Gewerkschafter Manfred Müller für die PDS ins Parlament ein. Der überwältigenden Mehrheit von 98 Prozent der Wahlberechtigten ohne Parteibuch wurde so zumindest etwas Rechnung getragen.
    Die Urwahl durch die Parteibasis wäre ein erster Schritt, verlorengegangenes Vertrauen wiederherzustellen. Viel wichtiger wäre, etwa das Wahlprogramm 2021 auch mit Menschen ohne Parteibuch zu entwickeln. Um – frei nach Stefan Heym am 4. November 1989 – die Fenster aufzustoßen.

  3. Den Linken fehlt es an klugen Köpfen, die die Arbeit für die Ziele als Lebensaufgabe und nicht als Job ansehen, die analysieren, schlussfolgern und aktivieren können. Jetzt sind sie ein entbehrlicher Zank-und Quatschverein von eifernden Diätenempfängern und desillusionierten Gewohnheitsanhängern.

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