Earth Overshoot Day rückt schon wieder näher!

Rettet die Erde, nicht das System: Heute ist der Earth Overshoot Day (dt. Welterschöpfungstag). Es ist der Tag im Jahr, an dem die Erde an die Kapazität ihrer Ressourcen stößt und erschöpft ist. Ab diesem Zeitpunkt werden mehr Ressourcen verwendet als langfristig gesehen verfügbar sind. Im Vergleich zum Jahr zuvor fiel er dieses Jahr 3 Tage vorher.  2015 war es noch der 13. August, im Jahr 2000 sogar noch im Oktober. Doch was will uns dieses Datum sagen? Wieso brauchen wir eine globale radikale Wende im Ressourcenmanagement? Und warum hängt das mit unserer Art des Wirtschaftens zusammen?

Es ist Sommer 2019. In Europa werden Hitzerekorde in einigen Ländern gebrochen. Auch in Deutschland, denn erst vor ein paar Tagen wurde im niedersächsischen Lingen Rekordwerte von 42,6°C gemessen. Viele Züge fielen aus und Menschen sitzen schweißgebadet in Straßenbahnen, da keiner bei so Temperaturen mit dem Fahrrad sich fortbewegen möchte. Der Klimawandel ist mittlerweile auch klar sichtbar in Deutschland angekommen. Jahrzehntelang hatten bereits indigene Völker aus dem Globalen Süden die Öffentlichkeit aufmerksam gemacht, dass sie unter der Wirtschaftsweise des globalen Nordens leiden. Interessiert hat das damals erstmal keinen. Seit 2018 haben wir jedoch eine Wende zu vermerken: Schülerinnen und Schüler gehen freitags nicht in die Schule und möchten zeigen, dass sie ihre Zukunft verteidigen wollen. Es könne nicht so weiter gehen und fordern einen radikalen Kurswechsel. Zunehmend erobern sie auch das mediale Interesse und können in weite Teile der Bevölkerung sogar zum Nachdenken anregen. Wieso wird so gewirtschaftet, dass jedes Jahr die Ressourcen schneller aufgebraucht werden? Wieso schaffen es Politiker nicht auf ein so dringendes Problem zu reagieren? Wieso scheitern viele Staaten sich an die Pariser Klimaabkommen vom Jahr 2016 sich zu halten? Die Antwort liegt in unserer kapitalistischen Wirtschaftsweise.

Die Rolle kapitalistischer Staaten

Kein kapitalistischer Staat wird in der Lage sein zu sagen, dass ihre profitbasierende Ordnung den Kern der Ursachen dieses globalen Problems ausmacht. Das liegt in der Natur dieses Systems zu Grunde. Alle Unternehmen produzieren und agieren so, dass sie möglichst viel Gewinn machen. Ob sie dabei die Arbeiterinnen und Arbeiter zu Hungerlöhnen schuften lassen oder die Umwelt maximal zerstören ist egal. Hauptsache sie machen genug Gewinn, um sich auf dem Markt gegen andere Unternehmen durchsetzen. Das nennt man Wettbewerb und Marktwirtschaft, ganz legal und anerkannt. Wieso wurde denn sonst die Weltwirtschaft neoliberal globalisiert, damit quer durch die Welt Dinge produziert werden? Es hatte einzig und allein den Grund, um den multinationalen Konzernen es möglichst gemütlich zu machen im Globalen Süden Produkte so billig wie möglich herzustellen. Das bedeutet auch möglichst viel Sozial- und Umweltstandards zu umgehen. Auch in Ländern, die Menschenrechte mit Füßen betreten und Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter brutalen Repressionen ausgesetzt sind. Häufig pflegten bereits die imperialistischen Staaten Europas und Nordamerikas die dortigen Diktatoren, denn sie wollen ja, dass ihre Konzerne möglichst reibungslos Geld machen können.

Doch wieso machen das die Staaten? Werden sie dazu genötigt? Die Antwort lautet: Ja. Denn die kapitalistischen Staaten profitieren von möglichst hohen Gewinnen. Das einfließende Kapital bringt auch Steuern ein, mit denen dann die Staatsausgaben beglichen werden oder Politikerinnen und Politiker lassen sich in den hohen Parlamenten in den Lobbysälen für lukrative Summen einfach kaufen. Wie viele Beispiele aktiver Umsetzung von Interessen großer Konzerne durch Lobbyarbeit wurde in den letzten Jahren aufgedeckt? Oder wie viele Politiker sitzen in den Aufsichtsräten von Riesenkonzerne wie zum Beispiel RWE? Eine Neuigkeit ist das für uns alle nicht. Fälle wie diese zeigen in was für einem verdorbenen Zustand wir uns bewegen. Der Staat ist voll von solchen Beispielen, die nationalen Kapitalisten diktieren den Politikern was getan werden soll und drohen sonst mit Entlassungswellen wie unter dem ehemaligen französischen Präsidenten Francois Mitterrand, als er sich mit den Reichen anlegen wollte.

Earth Overshoot Day und Kapitalismus

Doch zurück zum eigentlichen Thema: dem World Overshoot Day. Was hat das mit unserer Wirtschaftsweise zu tun? Seit Beginn des fossilen Kapitalismus vor etwa 250 Jahren bemerken wir einen stetigen Anstieg der CO2 Emissionen. Besonders stark stiegen die Gase in den Nachkriegsjahren und vor allem ab der neoliberalen Wende exponentiell an. Einzig und allein in den Jahren der Wirtschaftskrisen (Ölkrise 1973 und 1979/80, Weltfinanzkrise 2008) fielen die Werte zurück. Also: In den Jahren des Wirtschaftswachstums steigen die CO2 Emissionen an und fallen nur in den wachstumsschwachen Perioden. Wachstum und CO2 Emissionen stehen damit in direktem Zusammenhang zueinander. Wir können also nur weniger CO2 Gase in die Luft steigen lassen, wenn unsere Wirtschaft NICHT wächst. Dieser Fakt unterstreicht, dass das eigentliche Problem in der Produktionsweise unserer Welt liegt.

Hören wir die gängigen Wirtschaftsgurus oder neoliberale Parteien an, so ist Wachstum immer positiv konnotiert. Kein Politiker stellt sich hin und sagt, dass wir kein Wirtschaftswachstum anstreben sollten, denn auch sie wissen, wenn ein einzelner kapitalistischer Staat dazu neigt nicht weiter wachsen zu wollen, wird sie im Konkurrenzkampf mit anderen Regierungen schlecht da stehen. Heißt das, einfach zu warten und hoffen, dass irgendwann alle Staaten sich zusammenraffen und eine aktive Politik gegen Wirtschaftswachstum, also gegen das Gewinnstreben von Konzernen, machen oder viel mehr, dass unsere Wirtschaftsweise unsere Welt zu Grunde richtet? Ja wir könnten warten und hoffen die Marktwirtschaft klärt das ganze Problem durch seine eigenen Dynamiken, wir werden nur sicher dann diese Erde endgültig zerstören und die Menschheit auslöschen.

Produkte werden bewusst so hergestellt, dass sie schnell kaputt gehen und man gezwungen ist ein neues zu kaufen: Das nennt man bewusste Obsoleszenz. Neue Dinge zu kaufen ist in den meisten Fällen günstiger als sie zu reparieren. Kohlestrom zu produzieren ist kurzfristig billiger, zerstört aber am schlimmsten unser Klima. Der neoliberale Zeitgedanke gestaltet unsere Gesellschaft so, dass wir möglichst individuell und getrennt konsumieren und vermeiden Dinge nicht teilen. Erdöl wird gefördert, obwohl jeder Mensch weiß, dass wir nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt es nutzen können und auch umweltschädlich ist. Wundert es dann eigentlich irgendjemanden, dass wir auf Basis einer profitorientierten Gesellschaft Ressourcen verschwenden, damit eine kleine Gruppe an Kapitalisten mehr Geld am Ende des Monats besitzen?

Wir brauchen aktive Politik gegen Reiche

Wie würde denn aber aktive Politik gegen die Interessen der mächtigen Wirtschaftsbosse aussehen? Wir müssten das Öffentliche im Gegensatz zu privaten Interessen stärken, die Eigentumsfrage also stellen. Statt zu lassen wie RWE weiter Kohle fördert, müssen wir sie enteignen, die Arbeiterinnen und Arbeiter für die Umbauarbeiten oder in Projekte massiver Aufbauarbeiten von Erneuerbaren Energien oder Aufforstung einsetzen. Durch eine Arbeitszeitverkürzung könnte weniger produziert werden, Menschen würden mehr Zeit für sich und ihre Familie haben und zugleich das Problem der Arbeitsplätze würde gelöst sein. Die Automobilindustrie muss, wie Kevin Kühnert vor einigen Monaten zu Recht gefordert hatte, enteignet werden: Nur durch die öffentliche demokratische Kontrolle könnte gewährleistet werden, dass wir zugleich massiv die Verkehrswende hin von autobetriebenen Individualverkehr zu kollektivem Bahnverkehr umstellen und die Arbeitenden nicht vergessen werden. Das sind ein paar wenige Beispiele von ganz vielen in der es zeigt, dass wir der extremen Ressourcenverschwendung und Zerstörung unserer Umwelt nur durch die Eigentumsfrage lösen können. Lassen wir es zu, dass private Wirtschaftsriesen unsere Welt weiter zerstören oder nehmen wir es selbst in die Hand und orientieren unser Wirtschaften nachhaltig und solidarisch? Wenn 100 Konzerne seit 1988 für 70% der weltweiten CO2 Emissionen verantwortlich sind und das reichste 10% für über 50% der CO2 Emissionen pflichtig sind, so müssen wir über Reichtum, Verteilung und Eigentum reden. Alles andere wäre eine verkürzte Analyse der aktuellen ökologischen Probleme auf dieser Welt. Wenn wir aus der Klimakrise rauswollen, müssen wir aktive Politik gegen reiche und mächtige Interessen aufnehmen. Denn wir sind nicht alle für den Klimawandel gleich verantwortlich, das kapitalistische System und ihre wenigen Gewinner sind es, nicht die Millionen hungernden Menschen


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3 Antworten

  1. Es muss weltweit eine öko-konservative Politik etabliert werden. Zudem muss das Christentum theosophisch reformiert werden. Mehr dazu auf meiner Internetseite (bitte auf meinen Nick-Namen klicken).

    1. Ich glaube das wenigste was wir brauchen ist jetzt eine religiöse Antwort auf den Klimawandel, indem man abstreitet, dass die Reichen die einzigen sind, die von der Klimazerstörung profitieren und das alles Gottes Werk sei.

  2. Vielen Dank für diesen Artikel! Es befremdet mich immer wieder das kommerzielle Medien mit ihrer einlullenden Berichterstattung die Meinung eines großen Teils der Bevölkerung bestimmen. Dabei sind viele der angesprochenen Probleme so offensichtlich das man sich die Zeitung eines großen Verlags auf die Augen kleben muß um nichts mit zu bekommen!

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