Die Antwort der Ampel: Waffen, Waffen, Waffen

Die einzige Antwort, die der Bundesregierung auf Russlands brutalen Angriffskrieg in der Ukraine einfällt, sind immer weitere Waffenlieferungen. Was mit Helmen begann, hat sich nun zur Lieferung schweren Kriegsgeräts ausgewachsen – ein Tabubruch jagt den nächsten. Doch eine Befriedung ist so nicht zu erreichen. Diese Politik zieht den Krieg ewig in die Länge und führt zu noch mehr Toten und Verletzten. Nur Verhandlungen und Diplomatie können das Morden in der Ukraine beenden.

Das eskalierte schnell: erst Helme und Nachtsichtgeräte, dann Panzerfäuste, Granaten und Gewehre, jetzt Haubitzen und Panzer aller Art – und das alles innerhalb von ein paar Wochen. Erst wurde der Grundsatz, überhaupt keine tödlichen Waffen liefern zu wollen, gekippt und nun auch die rote Linie überschritten, zumindest kein schweres Gerät in ein Kriegsgebiet zu entsenden, was ohnehin deutsche wie EU-Regeln verletzt. Kanzler Scholz und Teile seiner SPD um den Fraktionschef Rolf Mützenich galten hier noch als Bremser, während die Ampel-Juniorpartner schon seit langem die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine fordern.

Tabubruch schwere Waffen

Gemeinsam mit Teilen der Sozialdemokraten konnten sich FDP und allen voran die Grünen gegen den Scholz-Flügel durchsetzen. Ende April dann die erste Meldung: Über einen Ringtausch sollen von Slowenien T-72-Kampfpanzer aus sowjetischer Bauart an die Ukraine geliefert werden, Ljubljana erhält im Gegenzug Marder- und Fuchs-Panzer aus Berlin. T-72 werden vom ukrainischen Heer bereits eingesetzt und so bedarf es keiner Ausbildung der ukrainischen Militärs an westlichem Gerät. „Das ist, was die Ukraine jetzt braucht“, so Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD).

Wenige Tage später dann der nächste Tabubruch: Deutschland wird nun auch direkt Panzer liefern, verkündet Lambrecht beim Stelldichein westlicher Militärs in der U.S. Air Base in Ramstein, zu der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin Vertreter aus rund 40 Staaten geladen hatte. Beschlossen wurde die Lieferung von 30 Gepard-Panzern der Panzerschmiede Krauss-Maffei Wegmann (KMW). Beifall kam postwendend vom Gastgeber: US-Verteidigungsminister Lloyd Austin nennt die Entscheidung einen „gewaltigen Fortschritt“, Deutschland sei jetzt wieder „ein toller Freund und großer Verbündeter“.

Wie schon das historische „Sondervermögen Bundeswehr“ in Höhe von 100 Milliarden Euro wurde auch die Gepard-Lieferung über die Köpfe selbst der Ampel-Parlamentarier*innen hinweg einfach verkündet, scheinbar wussten weder SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich noch Generalsekretär Kevin Kühnert im Vorfeld etwas von der Entscheidung – in Sachen Krieg und Militarismus regiert die Ampel zunehmend von oben durch. Doch final fügte sich auch die SPD-Fraktion und versichert, dass auch bei ihr nun die letzte Dammmauer in punkto schwere Waffen gebrochen ist: „Es gibt kein Tabu und kein Veto gegen eine direkte Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine“, so Nils Schmid, der außenpolitische Sprecher seiner Fraktion.

Und es geht immer weiter. Die deutschen Rüstungsschmieden lassen sich die Chance nicht nehmen und drängen sich der Bundesregierung regelrecht auf: Rheinmetall hat die Lieferung von 88 Leopard- und 100 Marder-Panzern beantragt. KMW will 100 Panzerhaubitzen 2000 liefern. Am Donnerstag vergangener Woche winkten die Ampel-Bundestagsfraktionen zusammen mit der Union mit 586 Ja- zu 100 Nein-Stimmen einen Antrag durch, der weitere Lieferungen schwerer Waffen vorsieht. Die Linksfraktion hat richtigerweise geschlossen dagegen gestimmt. Schon kurz darauf wurde der nächste Ringtausch eingefädelt: Über Tschechien werden schwere Waffen russischer Bauart nach Kiew geliefert, verkündeten Kanzler Scholz und der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala am Donnerstagabend in Berlin. Details sind bislang rar, doch auch hier soll es wieder um Panzer gehen.

Und während sich die Bundesregierung anfangs noch querstellte, Estland die Lieferung von Haubitzen aus alten NVA-Beständen zu genehmigen, hat Verteidigungsministerin Lambrecht am Freitag bei ihrem Truppenbesuch im slowakischen Silač nun verkündet, sieben Panzerhaubitzen 2000 aus Bundeswehr-Beständen zu liefern und ukrainische Artilleristen in Kürze in der Artillerieschule Idar-Oberstein an den Haubitzen auszubilden. Damit überschreitet die Bundesregierung nun endgültig eine Grenze. Denn ein Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages, das auf Anfrage meiner Genossin Zaklin Nastic, Obfrau im Verteidigungsausschuss der Linken, erstellt wurde, stellt fest, dass zwar Waffenlieferungen an die Ukraine die Bundesregierung noch nicht zu einer aktiven Kriegspartei machen – doch mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten an diesen Waffen „würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen“. Regierungssprecher Steffen Hebestreit erklärt, dass die Ampel sich über das juristische Gutachten des Parlaments hinwegsetzt und dabei bleibt, keine Kriegspartei zu sein. Die Regierung machte ohnehin klar, dass sie nicht mehr allzu viel von Recht und Völkerrecht hält. So erklärte unlängst Siemtje Möller, Parlamentarische Staatssekretärin bei Verteidigungsministerin Lambrecht, im Interview mit dem Militärblatt Hardthöhen-Kurier, der Ukrainekrieg habe gezeigt, „dass wir nicht mehr nur auf internationales Recht setzen können“.

Die Olivgrünen

Auf dem politischen Parkett ist die treibende Kraft hinter dem Waffenlieferungs-Irrsinn die ehemalige Friedenspartei Bündnis 90/Die Grünen. Ganz besonders schrill hier Anton Hofreiter, der seit Wochen in den deutschen Talkshows zündelt. Noch Mitte April polterte er im ZDF gegen den damals noch zaudernden Kanzler Scholz. Dass dieser keine Panzer liefern wolle, führt dazu, „dass der Krieg sich immer länger hinzieht“ und die Gefahr größer werde, dass „wir dann am Ende in einen erweiterten de facto Dritten Weltkrieg rutschen“, stellt Hofreiter hier die Argumente komplett auf den Kopf.

Außenministerin Baerbock kennt nur einen Hebel und will „vor allen Dingen auch schwere Waffen“ an die Ukraine liefern und auch Wirtschaftsminister Habeck fordert seit Wochen, immer schwerere Waffen zu liefern, und begründet dies Mitte April: „Wir können die Ukraine in dem Krieg nicht alleine lassen. Sie kämpft auch für uns.“ Für Habeck, so scheint es, ist die einzige Form der Unterstützung die Lieferung von Kriegsgerät. Fast schon bockig wünscht er sich: „Die Ukraine darf nicht verlieren, Putin darf nicht gewinnen.“ Wer wie der Wirtschaftsminister diesen schwarzweißen Geschichten von Sieg und Niederlage auf den Leim geht, hat einfach nicht begriffen, wie Kriege im 21. Jahrhundert funktionieren. Wann wurde denn das letzte Mal auf der Welt ein Krieg im klassischen Sinne gewonnen oder verloren?

Wir werden immer Friedenspartei bleiben“, so Grünen-Parteichef Omid Nouripour vollkommen realitätsfremd in seiner Rede am vergangenen Samstag beim Grünen-Länderrat in Düsseldorf. Auf dem Treffen stellten sich die Ländervertretungen hinter den Kurs der Bundes-Grünen, befürworteten das 100-Milliarden-Sondervermögen und die Lieferung schwerer Waffen. Die meisten Anträge der Grünen Jugend wurden abgebügelt. „Keine Waffen und Rüstungsgüter in Kriegsgebiete“, versprachen die ehemaligen Friedensfreunde hoch und heilig noch im Wahlkampf, die übergroße Friedenstaube schmückte das Plakat – das Paradebeispiel einer 180-Grad-Wende in kürzester Zeit. Jetzt kennt die Partei nur noch eine Forderung: Waffen, Waffen, Waffen, schnell und viel, und besonders schwer müssen sie sein.

Während Grüne bereitwillig ihre Ideale aufgeben, will die Bevölkerung den Eskalationskurs der Regierung noch nicht so ganz mittragen und legt Skepsis an den Tag. So befürchtet eine Mehrheit von 54 Prozent der Deutschen, dass sich die Gefahr eines Atomkriegs durch direkte Waffenlieferung an die Ukraine erhöhe. Während sich Anfang April noch 55 Prozent für die Lieferung auch schwerer Waffen aussprach, ist diese Mehrheit mittlerweile gekippt und die Befürworter und Gegner liegen gleichauf bei 45 Prozent. Und ganze 63 Prozent sehen ein Kriegsende nur durch Verhandlungen und Diplomatie erreichbar.

Echte Vermittlerin statt Panzerlieferantin

So emotional verständlich angesichts des brutalen Überfalls Russlands auf die Ukraine die Forderung nach militärischer Unterstützung auch sein mag, lehne ich Waffenlieferungen ab – allen voran in Kriegsgebiete wie die Ukraine.

Einerseits bin ich überzeugt, dass immer mehr Waffen der Ukraine keinen Frieden bringen können und am Ende nur zu immer neuen Verbrechen führen werden – zu mehr Toten und Verletzten. Waffenlieferungen führen zu einem Am-Laufen-Halten des Krieges, ziehen ihn in die Länge. Zu einer Lösung und Befriedung trägt all das jedenfalls nicht bei. Bei anderen Konflikten auf dem Globus erklären unsere Regierungen stets, es könne „keine militärische Lösung“ geben – warum sollte das im Ukrainekrieg auf einmal anders sein?

Folgten wir hingegen der Logik einer militärischen Lösung, müsste der Westen die Ukraine durch mehrjährige Waffenlieferungen in die Lage versetzen, das fünftgrößte Militär der Welt mit dem größten Atomwaffenarsenal zu besiegen. Wie soll das eigentlich aussehen, Russland militärisch zu besiegen? Eine Politik, die nur Sieg, keinen Frieden kennt, ist hochgradig unverantwortlich.

Lieferungen von Panzern und Haubitzen können gewiss auf kurze Sicht einzelne Vorstöße russischer Truppen stoppen, doch führen sie mittelfristig zu einer weiteren Eskalation des Krieges. Wenn es doch das Ziel ist, das Töten unschuldiger Menschen in der Ukraine zu beenden (das ist jedenfalls meines), dann erreichen Waffenlieferungen das Gegenteil. Und anders als der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, der erklärte, „der Krieg wird in der Schlacht um den Donbass entschieden“, bin ich der Meinung, es kann nur einen Ort geben, an dem dieser Krieg gelöst wird: der Verhandlungstisch. So bitter die Vorstellung, mit dieser russischen Führung zu verhandeln, auch sein mag, laufen die Alternativen doch alle nur auf einen Zusammenstoß hinaus, der sich schnell zu einem Flächenbrand entwickeln kann. Und der wiederum trägt das apokalyptische Szenario Atomkrieg in sich.

Die Bundesregierung dreht an dieser Eskalationsspirale kräftig mit, anstatt alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um sie zu stoppen. Deshalb setze ich mich auch weiterhin konsequent gegen Waffenlieferungen ein und fordere die Bundesregierung auf, militärisch und rhetorisch abzurüsten und sich als echte Vermittlerin zu betätigen statt als Panzerlieferantin.

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2 Antworten

  1. Ganz in meinem Sinne geschrieben. Der perverse Krieg wird nur verlängert. Man muss sich für diese Kriegstreiber schämen.

  2. Vielen Teilen des Artikels stimme ich zu. Nur, ich kann es nicht mehr hören, die Mär der „Unschuldigen“. Man sehe sich nur die Ergebnisse der letzten Landtagswahlen an! Im übrigen teile ich auch die immer wieder vorgetragene „Verabscheuung“ des russischen „Angriffs“ nicht. Nicht, weil ich diesen Krieg „gut“ finde, sondern weil durch die verengte Sicht die Entwicklung, die diesen Krieg ermöglichte, in den Hintergrund treten oder ganz verschwinden lässt.

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