Transparente und Schilder auf der Abschlusskundgebung in der Dortmunder Innenstadt.

Dresden für Flüchtlinge

In Dresden demonstrieren Tausende, um sich mit Flüchtlingen zu solidarisieren. Mit dabei: Linke-Parteichefin Katharina Kipping, die Ministerin für Wissenschaft und Kunst Eva-Maria Stange und die Ministerin für Integration Petra Köpping  (beide SPD).

Dresden ist für viele seit letztem Jahr unweigerlich mit der rechtspopulistischen Pegida-Demonstration verknüpft. Da ist es erfreulich zu hören, dass mehrere tausend Menschen in Dresden eine Demonstration durchführen, um sich mit Flüchtlingen zu solidarisieren.

Um die 80 Organisationen und rund 750 Einzelpersonen mit verschiedenen Apellen zu der Demo auf:

Hier ein Aufruf von Wissenschaftlern:

Weitere Apellen gibt es hier: http://feb28.net/appeal.html#scientists

AUFRUF VON WISSENSCHAFTLER*INNEN ZUM 28. FEBRUAR

Pegida muss uns wach rütteln, selbst wenn der Organisationskreis mittlerweile in die Krise geraten ist. Seit zwei Monaten versammeln sich Menschen in Dresden, Leipzig und anderswo jüngst sogar in Österreich. Sie skandieren „Wir sind das Volk“ und machen zugleich klar, wer nicht dazu gehören soll: Muslim_innen und Ausländer_innen, die „Lügenpresse“ und die „Multikulti-Elite“. Hinter dem Banner der Pegida sammelt sich eine soziale Dynamik, die gefährlich ist, gerade weil sie nicht bloß auf rechtsextreme und neofaschistische Milieus reduziert werden kann. Pegida-Anhänger präsentieren sich als besorgte, Wahrheit und Aufklärung verpflichtete „ganz normale“ Bürger_innen, verstehen sich als bislang schweigende Mehrheit, ignoriert von einer abgehobenen politischen, publizistischen und kulturellen Elite.

Hier drängt eine kulturelle Strömung auf die Straße, die in den vergangenen Jahren Autoren wie Thilo Sarrazin zu Bestsellern verholfen haben. Sie wird dabei von einer Tendenz im politischen und medialen Mainstream gefördert, nach der der Islam einseitig als rückständig und bedrohlich darstellt wird. Pegida ist darüber hinaus das regressive Aufbegehren gegen eine marktkonforme Demokratie, in der die Ökonomie zur sozialen Instanz geworden ist. Man muss sich beständig im Konkurrenzkampf behaupten, trampelt aber auf der Stelle. Aufstieg und Sicherheit sind nur noch selten möglich. Statuskämpfe um Anrechte auf Wohlstand sind die Folge. Die soziale Angst löst im Fall Pegida keine solidarische Integration aus, sondern antidemokratische und soziale Ressentiments. Anpassung schlägt wiederum um in die Abwertung all jener, die vermeintlich unproduktive Nutznießer_innen eines Sozialsystems sind, das immer stärker unter Stress steht.

Das verschwörungstheoretisch unterlegte Bedrohungsszenario einer angeblichen Unterwanderung europäischer, deutscher oder christlicher „Leitkultur“ – diese Ambivalenz ist kein Defizit, sondern konstitutiv für diese Art des Rechtspopulismus – ist das vereinigende Moment der neurechten Mobilisierungen. Dass dieses gegen jede empirische Realität funktioniert, lässt sich anhand des besonderen Erfolgs von Pegida in Sachsen illustrieren, wo Muslime ca. 0,1 Prozent der Bevölkerung ausmachen.

Die Pegida-Bewegung und die ihr zugrundeliegende soziale Dynamik stellen eine Gefahr für Muslim_innen, Migrant_innen und Flüchtlinge, insgesamt für die Demokratie, dar. Sie ist eine der bedeutendsten Strömungen der Gegenaufklärung der jüngeren deutschen Geschichte. Ihr entgegen zu treten ist notwendig. Dafür braucht es gesellschaftliche Antworten, die rassistischen Ressentiments entschlossen begegnen und zugleich die ökonomischen und politischen Krisenprozesse, die Pegida ermöglichen, offensiv zum Thema machen. Universitäten sind Orte der Aufklärung, Wissenschaftler_innen und Studierende sind dieser verpflichtet. Deshalb ist aus unserer Sicht nicht nur notwendig, in Forschung und Lehre die sozialen und politischen Ursachen des Aufschwungs rechter Bürgerproteste zu untersuchen und zu thematisieren, sondern die Theorie mit einer Praxis zu verbinden. Dazu gehört aber auch, diese gesellschaftliche Antwort dort hin zu tragen, wo sie gesehen wird: In die Öffentlichkeit, auf die Straßen und Plätze. Dies geschieht bereits, wo Demokratinnen und Demokraten sich den Aufmärschen in den Weg stellen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich als öffentliche, eingreifende Akteure und Akteurinnen verstehen, stehen in der Verantwortung, diese Gegenkräfte zu stärken.

Deshalb unterstützen wir die bundesweite Demonstration gegen den Pegida-Aufmarsch am 28. Februar in Dresden, ein Protest, der in bemerkenswerter Weise von Flüchtlingen mitinitiiert wurde, die sich in ihrer Stadt zunehmend unsicher fühlen. Wir rufen alle Kolleginnen und Kollegen, die Studierenden und die gesamte Zivilgesellschaft dazu auf, sich an diesen Protesten zu beteiligen.

 

 

 

 

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