Stathis Kouvelakis - Foto: pressproject

SYRIZA-Linke forderte Nein im Bundestag statt falscher Illusionen

Viel wurde heute in den Medien über die Frage diskutiert, ob die Linke geschlossen den Kreditbedingungen zustimmt. Inzwischen wissen wir, dass das nicht geschehen ist, und das scheint auch im Sinne von Teilen der SYRIZA zu sein.  Dimitris Belantis, Rechtsanwalt-Dr jur, Mitglied des ZK von Syriza, und Stathis Kouvelakis, Professor an der Universitaet, King’s College London, Mitglied der ZK von Syriza, veröffentlichten im Namen der linken Plattform einen Brief an die Mitglieder der deutschen Linken, den wir hier dokumentieren wollen.

Liebe GenossInnen,

Wir wollen Euch und die Partei “Die Linke” über den Inhalt des provisorischen Vertrags zwischen der griechischen Regierung und der Führung der Eurozone am 20.2015 informieren – zumindest darüber, wie wir ihn gelesen haben. Gleichzeitig wollen wir Euch eine kurze Einschätzung des Inhaltes der Reformliste geben, die unser Finanzminister Gianis Varoufakis an die Eurogruppe geschickt hat.
Beide Texte entsprechen nicht den wichtigsten Punkten unseres Wahlprogramms. Schlimmer noch: Die wichtigsten Punkte unseres Programms werden dadurch praktisch außer Geltung gesetzt.
An dieser Stelle können wir Euch nur einige wenige Beispiele geben. Der Anstieg des Mindestlohnes auf 750 Euro wird nicht kurzfristig von unserem Parlament “einseitig” durchgesetzt werden können. Er kann höchstens eine langfristige Perspektive werden, die unter dem Vorbehalt steht, dass er die Wettbewerbsfähigkeit des Landes in der internationalen Konkurrenz (“competitivness”) nicht schwächt.
Die schon vollendeten Privatisierungen bleiben in Kraft. Diejenigen bei denen das Verfahren noch läuft, soll der Prozess unter „Beachtung der Legalität” abgeschlossen werden. Eine prinzipiell ablehnende Haltung zu den Privatisierungen kann man in dem Text an keiner Stelle finden.
Stattdessen behauptet der Text, dass die „Modernisierung” des Systems der sozialen Sicherung weitergeführt wird. Diese „Modernisierung“ bedeutete in der Vergangenheit immer Sozialabbau.
Im Rahmen des Vertrages liegt die Kontrolle über die Finanzierung des Gesundheitssystems in den Händen ausländischer ausländischer „Institutionen“, darunter auch die OECD. Die wesentliche Kernforderung des Wahlprogrammes von SYRIZA – nämlich Steuererleichterungen für Lohnabhängige und keine Steuer auf Einkommen unter 12.000 Euro wird auf unbestimmte Zeit verschoben.
Fast kein Gesetzesentwurf kann ohne Einverständnis der Troika, die jetzt zu “den Institutionen” umgetauft wurden und ohne finanzielle Ausgleichsmaßnahmen eingeführt werden.
Auch die Maßnahmen für die Lösung der humanitären Krise dürfen keine negativen finanzpolitischen Konsequenzen haben.
Wir möchten betonen, dass die Verlängerung des Finanzierungsvertrags von 2012 für vier Monate politisch und juristisch ohne die Einhaltung der Memoranden mit alle ihren juristischen Konsequenzen unmöglich ist. Den Finanzierungsvertrag von den Memoranden zu trennen ist einfach unmöglich. Dies bedeutet, dass die Memoranden und ihre Anwendungsgesetze im wesentlichen ihre Geltung behalten.
Die Skepsis und Ablehnung gegen diesen neuen Vertrag wurden auch in der Sitzung der Fraktion von SYRIZA am Mittwoch den 25. Februar deutlich zum Ausdruck gebracht. 70 Mitglieder der Fraktion stimmten in einer Probeabstimmung für den Vertrag, 40 Abgeordnete stimmten gegen den Vertrag und 30 Abgeordnete nahmen an den Abstimmung nicht teil.
Auch die neue Präsidentin des Parlaments stimmte gegen den Vertrag. Während des Wochenendes findet eine Sitzung des Zentralkomitees von SYRIZA statt, in der über den Vertrag und die von der griechischen Regierung vorgelegte Reformliste entschieden wird.
Für uns steht fest, dass die Ratifizierung dieses Vertrages durch europäische Parlamente unter Zustimmung der Parteien der Linken den griechischen Lohnabhängigen und dem griechischem Volk nicht nützlich sein kann.
Die Solidarität zwischen den linken Parteien und Formationen in Europa und die notwendige Unterstützung der Regierung von SYRIZA muss aus unserer Sicht einer wichtigen Bedingung unterliegen: Dass sie die Memorandumspolitik hinter sich lässt und den Neoliberalismus praktisch und nicht nur durch Worte und Kommunikationstricks bekämpft.
Angesichts dieser Situation stellt sich die Frage, welche Position die LINKE im Bundestag einnehmen sollte Unserer Meinung nach ermöglicht man der griechischen Linken und im besonderem SYRIZA die Chance, sein Programm zu verwirklichen, wenn man gegen diesen Vertrag stimmt. Ein „Ja“ hingegen öffnet den Weg in eine Welt der falschen Illusionen.

Dimitris Belantis, Rechtsanwalt-Dr jur, Mitglied des ZK von Syriza

Stathis Kouvelakis, Professor an der Universitaet, King’s College London, Mitglied der ZK von Syriza

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