#Ohlauer – Grüne wollen besetztes Gebäude räumen

In Kreuzberg steht der Konflikt zwischen den protestierenden Refugees und der örtlichen Politik erneut kurz vor der Eskalation. Am 31. Oktober endete die vom mehrheitlich grün regierten Bezirk gesetzte Frist, zu der die in einer ehemaligen Schule lebenden Refugees das Gebäude verlassen sollen. Die Refugees wurden zur Wahl gestellt: Die Refugees wurden vor die Wahl gestellt: Entweder sie verlassen die Unterkunft freiwillig, oder der Bezirk will sie mithilfe der Polizei räumen lassen. Beide Seiten können in diesem Konflikt nur verlieren, während ausgerechnet eine Partei davon profitiert, die als ausgesprochener Gegner der Refugeeproteste gilt: die konservative CDU mit ihrem Innensenator Frank Henkel.

Seit Tagen macht die linke Szene mobil gegen die Ankündigung des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, 45 Refugees notfalls mithilfe der Berliner Polizei aus ihrer Unterkunft in der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule in der Ohlauer Straße zu räumen. Die Schule ist Symbol des Refugeeprotestes und nach der Räumung des Oranienplatz das letzte große Mahnmal der Bewegung.

Die Bürgermeisterin des Bezirks, Monika Herrmann, gesteht dagegen freimütig ein, dass sie und der Bezirk überfordert mit der Besetzung seien und sich deshalb gezwungen fühlten, das Gebäude zu räumen. Der Bezirk könne die Kosten nicht mehr tragen und das Problem der Sicherheit sei einfach nicht in den Griff zu kriegen.

Eine vorherige Räumung ging bereits schief

Mitte des Jahres wurde bereits schon einmal eine Räumung probiert. Damals harrten Refugees tagelang auf dem Dach des Gebäudes aus und hatten gedroht sich hinunterzustürzen, falls versucht werde sollte, sie herunterzuholen. Die Berliner Polizei hatte deshalb für fast zwei Wochen das Gebiet um die ehemalige Schule komplett abgesperrt. Anwohner*innen kamen nur mit ihren Ausweispapieren hinein und hinaus und mussten ständige und teils sehr intime Kontrollen über sich ergehen lassen. Tag und Nacht demonstrierten Unterstützende der Refugees vor den Absperrungen, Kreuzberg befand sich im Ausnahmezustand.

Am Ende stand eine Einigung: die Refugees sollten im Gebäude bleiben dürfen, während der Bezirk Umbaumaßnahmen durchführt. Ein paar Monate lang kehrte wieder Ruhe ein, bis die Einigung aufgekündigt wurde und beide Seiten sich die Schuld dafür gaben.

Nun steht Kreuzberg wieder vor der gleichen Situation wie vor einem halben Jahr. Ein Bezirk, der sich dem Druck von außen beugt und die Polizei zu Hilfe ruft, Refugees, die mit dem Rücken zur Wand stehen und bereit scheinen alles zu riskieren und eine linke Szene, die gegen die Grüne Partei mobilisiert.

Die CDU als Profiteur*in des Konflikts

Während sich dieser Konflikt zuspitzt, kann sich die örtliche CDU mit ihrem Vorsitzenden, Innensenator Frank Henkel, zurücklehnen. Sie hatte seit Beginn der Refugeeproteste in Berlin dessen Ende gefordert und die Nachsicht des grünen Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg im Umgang mit der Bewegung kritisiert. Frank Henkel hatte regelmäßig gedroht, das Camp auf dem Oranienplatz und später die Schule, auf eigene Faust räumen zu lassen, in letzter Konsequenz es aber doch nie gewagt.

Aus Sicht der CDU bietet die aktuelle Entwicklung deshalb gleich zweimal Grund zur Freude. Der Protest erledigt sich nicht nur von selbst, weil nicht sie, sondern die Grünen im Bezirk die schmutzige Aufgabe der Räumung übernehmen, sondern die Bewegung wird nachhaltig geschwächt. Statt gegen die restriktiven Regeln des Staates arbeitet die ohnehin kleine Gruppe der Refugeeunterstützenden gegen sich selbst. Statt alle gegen Henkels CDU heisst es alle gegen Herrmanns Grüne. Im Ergebnis wird nicht nur die Schule geräumt, sondern auch ein großer Teil der Protestbewegung zerstört.

Ausgang der Räumung ungewiss

Der Bezirk war einen mutigen Schritt gegangen, als er dem Protest der Refugees vor drei Jahren in Kreuzberg eine Heimstatt gab. Allein das hat nicht ausgereicht, nachdem er von allen Seiten im Stich gelassen worden war. Von der Bundesregierung, die ihre damalige Flüchtlingsbeauftragte halbherzige Kompromisse mit den Refugees aushandeln ließ und diese dann selbst nicht einhielt, vom Senat, der diese Strategie weiterführte und der grünen Landespartei, die ihrem grün regiertem Bezirk nicht nur praktisch keine Hilfe leistete, sondern mit einzelnen Aussagen dessen Engagement in Frage stellte.

Nun fühlt sich ein grüner Bezirk wieder einmal dazu gedrängt die Polizei zu rufen, um für Ordnung zu sorgen. Ein Verhalten, das eigentlich eher von konservativen Parteien bekannt ist und zeigt, wie groß der Druck in Deutschland ist, wenn eine Partei versucht einen alternativen Weg zu wählen. Der Ausgang dieses erneuten Räumungsversuchs ist ungewiss. Sicher dagegen ist, dass sowohl die grüne Partei, als auch der Refugeeprotest verlieren werden. Wie sehr wird sich wohl noch zeigen.

Ein Beitrag von Tim Lüddemann

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