Martina Anderson, Sinn Fein

Es gibt massiven Widerstand gegen die neoliberale Krisenpolitik – Im Gespräch mit Martina Anderson

Irland befindet sich in einer Krise, doch die Medien in Deutschland bezeichnen das Land als gutes Beispiel für die Lösung von Krisen, dass dabei der Sozialstaat zerstört und die ArbeitnehmerInnenrechte nahezu abgeschafft wurden, wird nicht erwähnt. Wir haben mit Martina Anderson, Europaabgeordnete für die irische Linkspartei Sinn Fein, über die Folgen der Krise und den Widerstand dagegen gesprochen.

Die Freiheitsliebe: Irland wird als Beispiel für eine erfolgreiche Wirtschaftsstrategie während der Krise gesehen. Sind die Probleme in Irland wirklich in so positiver Weise gelöst worden? In wieweit leidet die irische Bevölkerung immer noch unter der Wirtschaftskrise?

Martina Anderson: Als erstes wäre es sinnvoll zu klären, wie die generelle Position von Sinn Fein in der politischen Landschaft Irlands aussieht. Irland bleibt wirtschaftlich, politisch und sozial gespalten. Im Nordosten der Insel ist Sinn Fein der führende Partner bei der Konfliktlösung in einer konkordanz Regierung, die nach dem Karfreitagsabkommen beschlossen wurde
Im gröβeren Süden ist Sinn Fein die effektive Opposition. Es ist dieser Staat der hauptsächlich unter der Krise leidet.
Es bleibt die ernsthafte Frage nach der Situation der wirtschaftlichen Erholung. Während die Regierung eine allmähliche Erholung feiert, ist die Wahrheit weit von Erholung entfernt. Arbeitslosigkeit, Unterbeschäfttigung und Wirtschaftsemigration sind immer noch zu häufig. Die Mitarbeiter unseres gröβten Einzelhändlers, Dunnes Stores, haben kürzlich massive Streis wegen ihrer Arbeitsbedingungen und unregelmäβiger Arbeitszeiten durchgeführt. Ihre Gewerkschaft lässt über dessen Ausdehnung abstimmen.Gerade letzte Woche hat die kanadische Regierung einen Visaprozess ins Leben gerufen, der 4000 jungen Iren erlaubt legal einzureisen, um Arbeit zu suchen.Es ist ein Zeichen der schlechten wirtschaftlichen Situation in Irland, dass diese Visa innerhalb von weniger als 12 Minuten vergeben waren.
Freiwilligen und Charity-Organisation berichten weiterhin von massiven Härten mit etwa 12% der irischen Erwerbsbevölkerung unter Armutsrisiko leben. Darüber hinaus haben 20% der irischen Werktätigen eine „Null-Stunden-Vertrag“. Dies führt zu einer gelegentlichen, unstabilen Arbeit, die ein völliges Fehlen von wirtschaftlicher Stabilität für diese Arbeiter zur Folge hat.Leider zeigt die Regierung keine Eile sich diesem Problem zu widmen. Die Regierungspolitik verschärft diese Realität – sie treibt die unfaire, flache, generelle Besteuerung durch die Besteuerung von Eigentum und Wasser voran. Die Bevökerung von Irland leidet jeden Tag unter den Ergebnissen der Wirtschaftskrise. Die Regierung aus Fine Gael und Labour verstaatlichte private Schulden, machte sie so zu Staatsschulden und zwingt die Bevölkerung sie durch erhöhte Steuern und Einschnitte in den Sozialausgaben zu bezahlen.Sinn Fein glaubt, dass dies keine Zeichen einer erfolgreichen Wirtschaftsstrategie oder gar einer wirtschaftlichen Erholung sind.

Die Freiheitsliebe: In deutschen Medien findet man wenig über Widerstand gegen Privatisierung und den Abbau der sozialen Sicherungssysteme in Irland. Gibt es Widerstand dagegen und wie stark ist dieser?

Martina Anderson: Der Widerstand gegen diese Politik ist immens. Meinungsumfragen lassen vermuten, dass beide Partner der Koalitionsregierung, Fine Gael und Labour, stark an Unterstützung verlieren. Glaubwürdige linke Alternativen, geführt von Sinn Fein, erzielen gute Umfrage-ergebnisse.Bei den Europa- und lokalen Wahlen wurde Sinn Fein wieder zur stärksten politischen Partei in Irland, Fine Gael (Rechtsliberale) verlor 7%, während der Juniorpartner Labour (Sozialdemokratie) von der Bildfläche verschwand. Es gab auch eine unvorhergesehene Mobilisierung von öffentlichen Bewegungen gegen die Einführung unfairer Steuern und Belastungen durch die amtierende Regierung. Vorletzten Monat gingen 90.000 in Dublin auf die Strasse um gegen die Einführung von Wassersteuern und die schädliche, halbautonome nichtstaatlichen Organisation, Uisec Eireann, zu protestieren. Diese Proteste wurden von Tausenden von Sinn Fein Aktivisten unterstützt. Diese Proteste werden oft von leitenden Persönlichkeiten von Sinn Fein angeführt, wie dem Vorsitzenden der Partei Gerry Adams und dem Dubliner Abgeordneten des Europaparlaments, Lynn Boylan. Diese Proteste werden von den irischen Gewerkschaften vollkommen unterstützt, wobei Unite, CPSU, CWU, Mandate und Opatsi ihre vollkommene Unterstützung zum Ausdruck bringen. Diese Gruppen repräsentieren hunderttausende irische Arbeiter – es gibt also massiven Widerstand gegen die Politik der Regierung, ob darüber berichtet wird, ist eine andere Sache.

Die Freiheitsliebe: Was sind die Antworten von Sinn Fein auf diese Krise und wie beteiligt ihr selbst euch an den Protesten?

Martina Anderson: Sinn Fein unterstützt diese öffentlichen Proteste. Sinn Fein hat versprochen, wenn sie die Regierung stellen die Wasserabgaben wieder abzuschaffen und Uisce Eireann, die Besitzsteuer abzuschaffen, „Null-Stunden“-Verträge aufzuheben und einen Mindestlohn einzuführen.

Der zweite Teil des Interviews erscheint am Sonntag in einer Woche und beschäftigt sich mit dem irischen Unabhängigkeitskampf und der Solidarität mit dem Widerstand der Palästinenser.

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Eine Antwort

  1. die zerstörung des sozialstaates hat noch gar nicht richtig begonnen. was man spürt ist nur der allgemeine wirtschaftliche abschwung. widerstand ist zwecklos.

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