Linke Niederlage im Osten – Überparlamentarisierung statt Protest

Jahrelang galt der Osten als das Stammland der PDS, später dann DIE LINKE. Es gab Zeiten, da leuchteten die Umrisse der neuen Bundesländer in Dunkelrot – für DIE LINKE – auf den Karten zur Wahlanalyse. Heute kennen wir es nur noch mit einer hellblauen Farbe – der AfD. Woran liegt das?

Die heutige Wahl zeigt uns, in was für einem Dilemma DIE LINKE heute steckt: Auf der einen Seite möchte man sich in Regierungen beweisen, auf der anderen Seite möchte man das Sprachrohr und Interessenvertretung der Ostdeutschen bleiben, mit ein paar Resten von Anti-Establishment. In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die altbekannte Frage, ob das Regieren für uns als Linke ein Instrument sein sollte oder nicht. Diese Debatte ist historisch in der Arbeiterbewegung verwurzelt und durch Luxemburg und Bernstein im Revisionismusstreit der SPD bzw. der 2. Internationale auf theoretischer Ebene diskutiert.

DIE LINKE in Brandenburg

Immer wenn ich über meinen Landesverband nachdenke, werde ich an die traurige Geschichte der PCI (Kommunistische Partei Italiens) in Italien erinnert. Einst war die PCI mit 34% die zweitstärkste Fraktion. Im Parlament fuhr sie ab dem Moment dem Niedergang entgegen, als sie begann, mit den Christdemokraten zu kollaborieren. Heute haben wir in Italien kaum eine konzentrierte starke linke Kraft, da die PCI sich in kleinere Parteien spaltete. So sehe ich immer wieder Parallelen zwischen meinem Landesverband und der PCI. Die Brandenburger Linke hat heute ca. 11% bei der Wahl erhalten. Das ist im Vergleich zu den letzten zwei Wahlen eine reine Blamage. Dieser Trend begann nicht erst gestern oder heute nach der Wahl. Von 2004-2009 konnte sich die PDS mit 28% stolz zeigen, bei der Wahl 2009 war die Fusion von WASG und PDS schon real und die Linke konnte schöne 27% einfahren. Das Jahr 2009 war für die Linke sowieso ein Erfolgsjahr, mit etlichen Direktmandaten bei der Bundestagswahl. Die Linke ging 2009 den Weg in die Regierung mit der SPD. Es war nicht das erste Mal, dass die Linke ein Teil der Regierung wurde. Die erste Rot-Rote Regierung bildete sich in Mecklenburg-Vorpommern 1998 (bis 2006) und schon damals waren die Verluste der PDS nicht zu leugnen. Heute, 10 Jahre später nach der ersten Rot-Roten Regierung in Brandenburg, ist die Linke in einer Krise, bei einem Verlust von ca. 7,5% in 10 Jahren, auch wenn der stellvertretende Ministerpräsident Christian Görke dies leugnet. Was muss die Linke in Brandenburg machen? Die Linke muss den Klassenkampf wieder ins Visier nehmen und nicht in ein bürgerliches Politikverständnis fallen, dass man nur in Regierungen Veränderung vorantreiben kann. Die Linke muss wieder rebellischer werden und Themen ansprechen, die unangenehm sind. Sie muss jegliche Regierungsfantasie mit der CDU, insbesondere von Ingo Senftenleben, konsequent ablehnen und keine wagen Aussagen zu dieser Thematik, wie Diana Golze, äußeren. Die Linke muss klar machen, dass die Umweltzerstörung an der Lausitz so nicht weiter gehen darf und es einen sozialökologischen Umbau braucht. Sie muss den Braunkohleausstieg bis 2030 als Zeitraum nutzen, um in die Region zu investieren, für alternative Arbeitsplätze. Sie muss Fehler auch eingestehen, wie z.B. das PAG in Brandenburg und es nicht mit Argumenten wie „wenn wir nicht da gewesen wären, wäre es noch schlimmer geworden“ relativieren. Sie muss sich konsequent gegen Abschiebungen und sozialen Abbau stellen und außerdem klarmachen, dass man die Abteilung [ET1] des Verfassungsschutzes abschaffen will und nicht allen erstens, wie Ralf Christopher, den VS[ET2]  als Instrument nutzen, um die AfD besiegen zu wollen. Weiterhin ist sich einzugestehen, dass die jahrelange Profilierung der Partei unter Christian Görke gelitten hat, unter dem Aspekt, dass er Landesvorsitzender und gleichzeitig stellvertretender Ministerpräsident war – sprich: Trennung zwischen Partei- und Regierungsamt. Sollte der Landesverband sich entscheiden, in eine Rot-Rot-Grüne Landesregierung zu gehen, wäre dies ein fataler Fehler und könnte in Zukunft vielleicht bedeuten, dass die Linke in Brandenburg in die politische Bedeutungslosigkeit fällt. Die Linke würde gut daran tun, wieder Opposition zu sein und eine rebellische Protestpartei zu werden, denn man kann nicht „gegen die da oben“ sein und selbst oben sein. Das ist ein logischer Widerspruch.

DIE LINKE in Sachsen

Auch in Sachsen wurde heute gewählt. Die Genossinnen in Sachsen führten ebenfalls einen auf die Regierung ausgerichteten Wahlkampf und auch dort verlor die Linke zur letzten Wahl 2014, ca. 8,5%, auch dies lässt sich nicht schönreden. Dennoch hat die Linke in Sachsen viel größere historische Schwierigkeiten, als in Brandenburg. Relativ betrachtet verlor Brandenburg in den letzten 10 Jahren deutlich mehr als Sachsen. Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Warum verliert die Linke in Sachsen dann, wenn sie nicht in der Regierung ist? Ja, man könnte das als Widerspruch nehmen zum obigen Teil des Artikels. Trotzdem: es ist kein Automatismus, dass man in der Opposition bessere Wahlergebnisse erzielt, insbesondere als Regierung im Wartestand. Auch in der Opposition wird der Charakter einer Protestpartei nicht sofort sichtbar; man muss auch danach handeln. So kommt es einem immer wieder vor, als würde sich die Linke in Sachsen im Parlament wie eine ausschauende Regierungspartei benehmen, die im Hochzeitskleid nur noch auf den richtigen Bräutigam wartet. Auch im Kampf gegen Rechts hat die Linke versagt. Sachsen ist bekannt für seine rechtsradikalen Netzwerke und die Linke könnte da viel polarisierender wirken. Statt die Menschen zu Bewegung und Aktivismus zu motivieren, lässt die Parteispitze keine Alternativen zum parlamentarischen Denken zu. Ganz nach dem Motto: „wählt uns und wir machen Politik für euch“. Die Linke in Sachsen muss die treibende Kraft werden im Kampf gegen den Neoliberalismus und im Kampf gegen Rechts. Sie muss nicht nur Menschen mobilisieren, sondern auch in breiten antirassistischen/antifaschistischen Strukturen organisieren. 

Niemals regieren?

Doch diejenigen, die nun meinen, dass jede Regierung enden muss, irren. So hat die rot-rot-grüne Regierung Berlins verschiedene Verbesserung durchgesetzt, wie die Einführung vom Feiertag des Frauentages, die Kita-Gebühren seit 2018 abgeschafft, kostenlose Lehrmittel für Grundschüler 2018 eingeführt, das kostenlose Fahren mit einem Berlin-Pass für Schülerinnen und Schüler. Ab dem kommenden Jahr erhalten diese noch ein kostenloses Mittagessen, sowie der aktuell viel diskutierte Mietendeckel.  Doch auch in Berlin gab es in der Vergangenheit etliche Fehler und auch heute, so wird weiter abgeschoben und ein Abschiebestopp findet nicht statt, auch wird zu wenig gebaut. Es ist also klarzustellen, dass wir als Linke immer individuell in den jeweiligen Bundesländern analysieren müssen, was mit dem Koalitionspartner möglich ist und was nicht. So sind die Sozialdemokraten in Berlin weniger konservativ und viel offener für progressivere Projekte als die SPD in Brandenburg. Deswegen sind die Roten Haltelinien, die Mindestvoraussetzung für eine Regierung. Nach diesen dürfen wir uns an keiner Regierung beteiligen, die privatisiert, Stellen- oder Sozialabbau betreibt oder Kriegseinsätze befürwortet.



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3 Antworten

  1. Solange Ihr weiterhin Solidarität mit Menschen fordert die diese weder verdient haben, noch gesetzlich Anspruch darauf haben während Euer eigenes Volk darbt, solange Ihr den „Kampf gegen Rechts“ forciert während Ihr Netzwerkdurchsetzungsgesetz und Ökodiktatur durchwinkt, solange Ihr Eure eigenen Wählern Migranten hintenanstellt. Solange werdet Ihr weiter verlieren. Und noch soviel mehr.

  2. Als Schweizer kann ich nur den
    Kopfschütteln ab der Realitätsverweigerung. Braunkohleausstieg wozu? 97% des jährlichen CO2 ausstosses produziert die Natur selber, was wollen sie also sparen???

  3. Hallo

    nur mal unter uns im „kleinen Kreis der Kenner“ (Brecht) erwähnt: Wenn bei der LT-Wahl Sachsen 65 Prozent der Wahlberechtigten wählten – waren es 35 Prozent stumme NIchtwähler/injnen. So auch in Brandenburg: rund 60 Prozent gaben ihre Wahlstimmen ab – 40 Prozent behielten sie für sich.

    Alles (un)klar?

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