By Meli1670, Pixabay, published under public domain (edited by Jakob Reimann, JusticeNow!).

Die Abschaffung der Bundeswehr – das ist Klimaschutz!

Der Kampf gegen die menschengemachten Ursachen des Klimawandels geht Hand in Hand mit dem Kampf gegen Krieg und Militarisierung. Eine Flugstunde des Jagdflugzeugs Eurofighter produziert mit 11 Tonnen Kohlenstoffdioxid so viel, wie durchschnittlich eine in Deutschland lebende Person im gesamten Jahr produziert. Das Pentagon hat größere Treibhausgasemissionen als Industrieländer wie Dänemark und Schweden.


Rede von Jacqueline Andres am 23. August 2019
bei der Kundgebung von Fridays for Future in Tübingen.


Liebe Mitstreiterinnen und liebe Mitstreiter,

als Teil der Informationsstelle Militarisierung freue ich mich sehr über die Einladung von Fridays for Future, heute hier sprechen zu dürfen. Der Kampf gegen die menschengemachten Ursachen des Klimawandels geht Hand in Hand mit dem Kampf gegen Krieg und Militarisierung, denn Kriege und die Aufrechterhaltung von Militärapparaten leisten einen erheblichen Beitrag zur Erderwärmung.

Erst vor kurzem, im Juni 2019, erschien eine Studie der Brown University, die nachweist, dass das Pentagon, das US-amerikanische Militär also, als weltweit größter Verbraucher von aus Erdöl hergestellten Treibstoffen auch der größte Erzeuger von Treibhausgasen ist. Allein im Jahr 2017 waren die Treibhausgasemissionen des Pentagons größer als die der Industriestaaten Dänemark oder Schweden. Die Treibhausgasemissionen des Militärs sind so hoch, dass es kaum überrascht, dass sich die US-Regierung darauf gedrängt hat, die militärbedingten Emissionen aus dem im Jahr 1997 unterzeichneten Kyoto-Protokoll auszuklammern.

Lieber würde ich euch die Zahlen zur Bundeswehr liefern, doch diese liegen nicht vor. Dennoch ist eines klar: Die Emissionen der Bundeswehr steigen mit den zunehmenden Auslandseinsätzen, mit der wachsenden Kriegslogistik der Bundeswehr und mit dem angestrebten Ausbau der Streitkräfte und der Militärausgaben. Die militärbedingten Emissionen entstehen nicht nur durch die unglaublich vielen Flugstunden der Kampfjets in Kriegseinsätzen in unserem heutigen Zeitalter der luftgestützten Kriegsführung. Es ist der Standardvorgang, vor Einsätzen zunächst Aufklärungsflugzeuge beziehungsweise Drohnen in die Luft zu schicken, dann zu bombardieren, woraufhin erst die Bodentruppen rein geschickt werden. Diese Flüge, wie jede andere militärische Aktion, müssen ständig eingeübt werden – dies passiert tagtäglich. Eine Flugstunde des Jagdflugzeugs Eurofighter produziert mit 11 Tonnen Kohlenstoffdioxid so viel, wie durchschnittlich eine in Deutschland lebende Person im gesamten Jahr produziert. Nicht nur die Luftwaffe, auch die Marine, die Landstreitkräfte und das Cyber-Kommando üben ständig auf mehr als 260 Bundeswehrstandorten den Krieg ein. Die Bundeswehr ist in mehr als einem Dutzend Auslandseinsätze eingebunden [nach Bundeswehr-Angaben derzeit 14 Einsätze, Anm. des Editors] und ist weltweit mit ihren umweltschädlichen Kriegsschiffen, Kriegsflugzeugen und Fahrzeugen in multinationale oder auch in NATO-Übungen eingebunden. Alleine letztes Jahr gab es 103 NATO-Militärübungen – fast jeden dritten Tag also!

Doch nicht nur die Ein- und Ausübung von Krieg beschleunigen die Erderwärmung. Es sind auch die Unfälle, die damit einhergehen. Vor einem Jahr, im September 2018, brannte wochenlang ein Moor im Emsland. Die Ursache war eine Raketenschießübung der Bundeswehr auf einem Truppenübungsplatz. Dieser wochenlang andauernde Brand setzte enorme Mengen an Treibhausgasen und Feinstaub frei. Das ist kein Einzelfall und erstaunt nicht, denn die Bundeswehr übt den Krieg und die Zerstörung ein. Die Zerstörung von menschlichen Leben, die Zerstörung der Umwelt und die Zerstörung des Klimas!

Der wochenlang andauernde Brand Moorbrand im Emsland setzte enorme Mengen an Treibhausgasen und Feinstaub frei. Die Rauchwolke konnte von Weltall aus gesehen werden. By Karl-Ludwig Poggemann, Flickr, licensed under CC BY 2.0.

Liebe Mitstreiterinnen und liebe Mitstreiter, die zahlreichen Unfälle und gewollten Militäraktionen wirken lange nach. Schauen wir in die Nord- und Ostsee. Mehr als 1,6 Millionen Tonnen Munition wurden dort während und nach dem Zweiten Weltkrieg entsorgt oder versenkt. 1,6 Millionen Tonnen stellen eine solch immens große Menge dar, dass ich es nicht ansatzweise schaffe, mir diese bildlich vorzustellen! Die voranschreitende Korrosion der Munition droht, die Giftstoffe der ganzen Minen, Granaten und Bomben frei zu setzen.

Liebe Mitstreiterinnen und liebe Mitstreiter, die Ressourcen dieser Welt sind endlich. Nichts ist zerstörerischer als die Militärapparate und die Rüstungsindustrie. Zerstörung ist ihre Aufgabe, es ist ihr Wesenskern. Das Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) stellte fest, dass es im Jahr 2018 mehr als 1,8 Billionen US-Dollar an Militärausgaben weltweit gab. 1,8 Billionen US-Dollar! Und die Ausgaben sollen weiter steigen! Damit nehmen auch die Einsätze der Soldat_innen zu. Die Kriegslogistik wird ausgeweitet und die Rüstungsproduktion angekurbelt.

Liebe Mitstreiterinnen und liebe Mitstreiter, keine weitere Energie sollte für die Bedrohung und Zerstörung von Menschen und Umwelt verwendet werden! Lasst uns lauter und gemeinsam dafür einstehen! Die Bundesregierung redet von Klimaschutzmaßnahmen und von der Bundeswehr, die dabei hilfreich sein soll. Die Bundesregierung redet davon, dass der Klimawandel Kriege hervorrufen wird. Jetzt soll die Bundeswehr in Thüringen, in Bayern und in Sachsen-Anhalt in den Wäldern eingesetzt werden, um abgestorbene Bäume fortzuschaffen und gegen den Borkenkäfer vorzugehen.

Doch wir lassen uns nicht blenden und wir lassen uns keine Angst machen. Das Militär ist kein Waldschutz! Kriege verschärfen den Klimawandel, das Militär ist und kann kein Klimaschutz sein! Die Abschaffung der Bundeswehr – das ist Klimaschutz!

Wie uneinsichtig und arrogant, wie menschenverachtend die Politik der Bundesregierung weiterhin ist, zeigen die erst am 21. August 2019 erschienen Leitlinien der deutschen Arktispolitik. Deutsche Arktispolitik – welch schlechte Idee! Wenn wir an die Arktis denken, kommen uns wahrscheinlich Bilder von Eisbären auf schmelzenden Eisschollen in den Kopf, Bilder von Schlittenhunden, die nicht mehr über Eis rennen, sondern durchs Wasser, Bilder von den seit Wochen andauernden Bränden im Norden Kanadas und Alaskas, in Sibirien und in Grönland!

Der Bundesregierung scheinen andere Bilder in den Kopf zu kommen: Bilder von neuen Schiffswegen, Bilder von nun abbaubaren Ressourcen, von industrieller Fischerei und zugänglichem Erdöl, von gewinnbringenden Absatzmärkten. Sie wagen es, in dem letzten der sechs Leitlinien zu behaupten, es sei ihr an der „Einbeziehung der indigenen Bevölkerung und Wahrung von deren Rechten auf Freiheit, Gesundheit und Selbstbestimmung in ihrem Lebensraum“ gelegen. Wenn das Recht der Bewohner_innen der Arktis der Bundesregierung auch nur ansatzweise wichtig wäre, gäbe es keine „deutsche“ Arktispolitik! Wenn ihr Recht auf Freiheit und Gesundheit wichtig wäre, dann würde die Bundesregierung nicht von ihrer sicherheitspolitischen Eingebundenheit in der Arktis reden. Das riecht nach der Präsenz von NATO-Kriegsschiffen in der Arktis, das ist kein Klimaschutz, das ist keine Unterstützung der Selbstbestimmung der Menschen vor Ort – das ist die alte gleiche Leier von militärischer Absicherung deutscher Wirtschaftsinteressen. Diese Leier kennen wir und wir lehnen sie ab! Wir wollen keine „wirtschaftlichen Aktivitäten deutscher Unternehmer in der Arktis“. Wir wollen Klimaschutz und keine deutsche Arktispolitik und erst recht keine Kriegsschiffe in der Arktis!

Die unbändige Sucht nach stetigem Wirtschaftswachstum unserer kapitalistischen und neoliberalen Wirtschaftsordnung treiben uns in den ökologischen und menschlichen Ruin! Das ist kein Status quo, der schützenswert ist – das ist ein Zustand, der aufgegeben und bekämpft werden muss. Etwa 20 Prozent der Weltbevölkerung verbrauchen rund 80 Prozent der Ressourcen. Das muss ein Ende haben! Wir wollen keine Kriege, keine Kriegsübungen und keine Rüstungsproduktion, um Zugänge zu Ressourcen zu sichern. Nein! Wir wollen keine Wirtschaftsinteressen sichern, sondern Menschen und ihr Leben!

Das ist der Ruf nach dem Ende des Kapitalismus, der nur mit der Zerstörung des Planeten und mit Kriegen aufrecht erhalten bleibt.

Wir müssen endlich weniger verbrauchen!

Es ist an der Zeit, Menschen und das Klima vor Profite zu stellen!


Korrektur 16.9.2019: In der Rede stand zunächst, im Jahr 2018 habe es 160 NATO-Militärübungen gegeben. Dies wurde auf 103 korrigiert. Zusätzlich fanden im Jahr 2018 mindestens 183 Übungen in einem nationalen oder multinationalen Rahmen der NATO-Mitgliedstaaten statt.


Dieser Text ist die Verschriftlichung einer Rede von Jacqueline Andres von der Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. auf einer Kundgebung der Fridays for Future in Tübingen (hier geht’s zur Facebook-Seite) vom 23. August 2019 – connect critical journalism!.

Jacqueline Andres schreibt als Referentin für die IMI unter anderen zu den Themen Jemenkrieg, Rüstungsexporte, Militarisierung der EU-Migrationspolitik und den antimilitaristischen Widerstand. Jacqueline hat außerdem am Schwarzbuch Bundeswehr der Rosa-Luxemburg-Stiftung mitgeschrieben, das hier zum Download bereitsteht.

 


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