Labour: der linke Flügel ist in der Offensive

Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Linke auf dem Parteitag in Brighton an der Reihe war und eine Zuversicht und Gewissheit ausstrahlte, die sich aus den unerwartet positiven Wahlergebnissen im Juni und den darauf folgenden Tumulten und Blamagen der Torys speiste.

Zumal es sehr erfrischend war, dass sozialistische Ideen wieder auf Zuspruch stießen und offen debattiert wurden. Was für ein Unterschied zu den bühnenreif choreographierten PR-Präsentationen der letzten Jahre.
Das neugewonnene Selbstvertrauen diese Ideen aufzugreifen und diese Debatte zu führen, spiegelte sich in einer wachsenden Besucherzahl, die nicht nur vom linken Rand kam, der Konferenz an sich und der mit ihr verbundenen Veranstaltungen wieder. Es gab in der Tat viel zu feiern, doch bleiben trotzdem noch unbeantwortete Fragen und Widerstände übrig. „Schattenkanzler“ John McDonnell wägte freilich ein paar Wege ab, wie man die desaströsen PFI-Verträge (Private-finance-initiative/public-private-partnership) beenden und die betroffenen Projekte wieder in den Staat eingliedern könnte.

Ein ungewöhnlich defensiver Leitartikel (27. September) der Financial Times, welcher ihm „Getöse“ und „nicht die richtige Gegenmaßnahme anzubieten“ vorwarf, musste bilanzieren, dass Geschäftsmänner und Investoren „wahrnehmen müssen, dass sie die Beweise zu rechtfertigen haben, die eine Schneise der Privatisierungen belegen, welche in einigen Fällen nicht ihren Erwartungen entsprechen konnte.“
McDonnell hat ebenfalls richtigerweise auf den Gegenschlag großer Firmen als Reaktion eines zukünftigen Labour-Sieges hingewiesen und den erhöhten Aufwand benannt, den die Verhinderung eines solchen Szenarios bedürfen würde. Wie auch immer, die Idee, dass solche Pläne auch den Versuch einer Zusammenarbeit mit großen Firmen beinhalten sollten, ist hochgradig deplatziert.
Die Verteidigung einer kommenden Labour-Regierung muss versuchen eine Mischung aus Antiprivatisierungspolitik und Unterstützung durch Massenmobilisierung zu implementieren, so wie es auf der Konferenz bevorzugt wurde. Dies würde enormer Mobilisierung bedürfen, am wahrscheinlichsten in Form von Streiks im Großhandel.
Je mehr Kompromisse gemacht werden, desto unwahrscheinlicher wird die Aufnahme einer progressiven Politik. Sich auf die Macht vorzubereiten bedeutet nicht einen noch pragmatischeren Kurs einzuschlagen. Die Erniedrigung Syrizas, welche ironischer Weise auf der Labour-Konferenz gelobt wurde, durch die EU sollte eine nützliche Lehre sein. Die Imitation demütigender Fehlschläge ist kein guter Weg vorwärts! Lob für den „neuen“ McDonnell und Corbyn kam aus der unmöglichsten Ecke. In einem Anfall von Wankelmut, typisch für Liberale, die ihr Fähnchen immer in den Wind hängen, begrüßte Polly Tonybee die neue „pragmatische“ Labour Führung. „Labour wirkt inzwischen glaubwürdiger; sein Spitzenteam kommt ausdrucksstärker rüber.“ Sie behauptete sogar, dass Momentum (Anm.d.R.: Momentum ist der Unterstützerverein Jeremy Corbyns) inzwischen zum Labour-Mainstream geworden sei (Guardian, 26. September).

Angriffe von rechts abgewehrt

Diese Worte folgen auf zwei Jahre des ständigen Abarbeitens an Labour nach jedem Schritt. Es wäre weise sich von solchen Scheinfreunden nicht beeinflussen zu lassen. Toynbees ehemalige Freunde innerhalb des rechten Labour-Flügels sind nicht verschwunden und sie versinnbildlicht ihren gescheiterten Versuch die Anti-Brexit-Haltung als Thema auf die Agenda zurück zu holen. Chukka Umunna und den anderen Unterschreibern des Versuchs ein Bekenntnis zum Binnenmarkt zu bewahren, wurde die Bühne und somit ein Gegenangriff auf Corbyn, während der Konferenz verwehrt. Wie Zoe Williams, eine Guardian-Kollegin von Toynbee, feststellte, war diese Bewegung „personell und vom Vorgehen mit jenen Leuten deckungsgleich, die Corbyn vor einem Jahr vertreiben wollten“. Doch deinen Gegnern das Wort zu reden, ist nicht dasselbe, wie eine alternative Politik zu formulieren.

Eine „Vorliebe“ für den Brexit sollte nicht mit einer kohärenten Strategie verwechselt werden. Der Zugang zum Binnenmarkt stellt den Heiligen Gral des Establishments und der Großunternehmer, sowie eine potentielle Hürde für eine ganze Menge an Punkten des Labour-Wahlkampfprogrammes dar. Die Konferenz hat jedoch der Verstaatlichung und dem Schutz des öffentlichen Sektors vor Privatisierungen zugestimmt.
Im selben Sinne wie der oben zitierte Financial Times Artikel, singt ein zweiter Leitartikel Lobeshymnen auf Macrons neoliberale „Reformen“ in Frankreich und fasst zusammen, dass „die EU nach Jahrzehnten des Kampfes nun wieder bessere Zeiten erreicht.“

„Im Moment befindet sich die Regeneration im Aufschwung und die populistische Gefahr ist eingedämmt.“ Diese Behauptung wurde seltsamer Weise direkt nach den deutschen Wahlen aufgestellt, wo es die faschistische Rechtspartei AfD den ihr ähnlichen Bewegungen in der EU gleichgemacht hat. Derselbe Leitartikel beschreibt die Migranten als Frankreichs „unsäglichstes Problem“ und dies ist ein Politikthema, bei dem die Labour-Konferenz den Ausverkauf eines Kernthemas der Partei zugelassen hat. Besonders die EU möchte die Zugbrücke hochziehen, damit migrantische Arbeiter draußen bleiben. Bedauerlicherweise machen viele Labour-Mitglieder und hochrangige Gewerkschaftsvorsitzende dieser rückwärtsgewandten Entwicklung Konzessionen. Ein klares Statement der Führung, dass alle EU-Migranten in GB nach dem Brexit dieselben unabänderlichen Rechte behalten und dass Labour das Recht auf Bewegungsfreiheit in Zukunft durchsetzen wird, wäre eine Kampfansage an Rassismus und Ausländerhass. Diese Themen hervorzuheben mag uns, die außerhalb Labours stehen, etwas anmaßend und sogar ungehobelt vorkommen, doch indem wir dies tun, reflektieren wir die Tradition, in der Corbyn und McDonnell stehen. Ihre Zukunft wird herausfordernd, besonders wenn sie sich in einer Regierung wiederfinden, werden sie die Mobilisierung der gesamten Arbeiterklasse benötigen, wenn sie sich durchsetzen wollen.

Der Artikel von Shaun Doherty erschien im Socialist Review und wurde übersetzt von Felix Wittmeier.

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