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Kinderarmut: Warum kostenfreies Essen in Kitas und Schulen so wichtig ist

„Voller Bauch studiert nicht gern“ lautet eine alte Redewendung, die in ähnlicher Form schon im alten Rom geläufig war. Grundsätzlich ist daran auch einiges an Wahrheit – nach einer ausgiebigen Mahlzeit ist der Körper mit der Verdauung beschäftigt und das Gehirn wird weniger gut durchblutet. Gleichzeitig zeigt die Forschung jedoch, dass nicht automatisch das Gegenteil richtig ist: Eine gute und ausgewogene Ernährung ist nämlich überaus wichtig für die kognitive Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.

Grund dafür ist – neben einer ausreichenden Kalorienzufuhr – dass zum Aufbau des Gehirns bestimmte Mikronährstoffe wie Vitamine, Minerale und Spurenelemente benötigt werden. Sowohl für Kinder von Eltern in Hartz-IV-Bezug, in denen eine ausgewogene Ernährung aufgrund der viel zu knappen Bemessung des Regelbedarfs nicht möglich ist, als auch für Kinder von berufstätigen Eltern, denen schlicht die Zeit und Energie fehlt, am Abend für eine ausgewogene Mahlzeit zu sorgen, ist ein vollwertiges Schulessen von zentraler Bedeutung.

Die Situation in den einzelnen Bundesländern ist dabei, wie so oft in Angelegenheit rund um das Thema Bildung, extrem unterschiedlich. Bundeseinheitlich geregelt ist, dass Kinder, deren Eltern in Hartz-IV-Bezug sind, Anspruch auf ein kostenfreies Mittagessen in der Kita und der Schule haben. Nach einer Reform im Jahr 2019, die Teil des Starke-Familien-Gesetzes war, wurde der Kreis auf diejenigen Kinder erweitert, deren Eltern Kinderzuschlag oder Wohngeld erhalten. Das Problem daran: Insbesondere der Kinderzuschlag ist extrem kompliziert in der Beantragung und wird daher nur von einem kleinen Teil der Berechtigten auch in Anspruch genommen. Es ist anzunehmen, dass durch die aktuellen Kostenexplosionen der Empfängerkreis noch größer wird, die Eltern jedoch nichts von der Möglichkeit der Inanspruchnahme des Kinderzuschlags und der damit verbundenen Kostenübernahme wissen und die Kinder vom Schulessen abmelden, um die monatlichen Kosten zu senken. Ähnliches trifft mit großer Sicherheit auf andere Familien zu, die zwar über der Einkommensgrenze liegen, die zur Inanspruchnahme von Kinderzuschlag oder Wohngeld berechtigt, die aufgrund der Inflation jedoch nicht mehr in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Es ist also zu befürchten, dass sich die Lernsituation für viele Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen weiter verschlechtert und das in einem Land, in dem die soziale Mobilität, also die Chancen für einen sozioökonomischen Aufstieg, schon kolossal schlecht ist.

Ein weiterer Aspekt, der das deutsche Bildungssystem mal wieder als Flickenteppich erscheinen lässt, sind die Qualitätsstandards des Essens. Bisher schreiben nur Berlin, Bremen, Hamburg, das Saarland und Thüringen vor, dass das Essen den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) entsprechen muss. Dabei ist es laut einer Studie, die das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Auftrag gegeben hatte, nur unwesentlich teurer: gerade einmal vier Cent macht die Differenz pro Mahlzeit aus, wenn man die Vorgaben der DGE umsetzt. Das Kostenargument ist also tatsächlich zu vernachlässigen. Das Ministerium zog nach der Veröffentlichung der Studie jedoch einzig die Konsequenz, bei den Kommunen für die Umsetzung der DEG-Richtlinien zu werben, statt einen gemeinsamen Beschluss der Kultusminister:innenkonferenz zu erwirken, der einheitliche Standards festlegt.

Wir als LINKE fordern, dass in allen Kitas und Schulen eine kostenfreie Mahlzeit für alle Kinder angeboten wird. Es ist die Aufgabe des Bundes, dass deutschlandweit gleichwertige Lebensverhältnisse hergestellt werden und deshalb darf er die Verantwortung nicht weiter auf die Länder abschieben. Die Qualitätsstandards dürfen dabei nicht unter den Standards der DGE liegen, denn gesundes Essen steigert die Lernfähigkeit deutlich. Dabei ist es auch dringend geboten, die Themen Ernährung und Lebensmittel stärker in die Lehrpläne zu integrieren – sowohl in der Theorie, als auch in der Praxis.

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