Foto: Felix Jaschick

„Immer mehr Menschen erkennen, was den Palästinenserinnen angetan wurde“ – im Gespräch mit #Nakba75.

Während in Israel der 75. Jahrestag der Staatsgründung 1948 gefeiert wird, gedenkt man in Palästina der Nakba. Wir unterhielten uns mit Sonia von der Organisation #Nakba75.

Die Freiheitsliebe: In diesem Jahr jährt sich zum 75. Mal die Nakba. Was ist damals geschehen?

Sonia von Nakba75: Während der Hochphase 1948 vertrieben zionistische Milizen im Zuge der Staatsgründung Israels Hunderttausende Palästinenserinnen und Palästinenser aus ihren Dörfern und Städten. Dies ist als „Nakba“, das arabische Wort für Katastrophe, in Erinnerung geblieben. Seitdem führt Israel diese Politik der Verdrängung und Entrechtung systematisch fort.

Die Freiheitsliebe: In deutschen Medien heißt es oft als Verteidigung, die Angriffe geschahen erst infolge des Kriegs mit den arabischen Staaten. Trifft das zu?

Sonia von Nakba75: Nein, die systematische Vertreibung, um einen größtenteils jüdisch bewohnten Staat auf einem größtenteils nicht-jüdisch bewohnten Gebiet zu errichten, begann Monate vor dem Krieg im Jahr 1947. Noch bevor der erste Soldat aus den arabischen Anrainerstaaten überhaupt einen Fuß nach Palästina setzte, waren bereits um die 300.000 Palästinenserinnen vertrieben. Solche und weitere Informationen stellen wir als Kampagne online zur Verfügung.

Die Freiheitsliebe: Wie viele wurden vertrieben, was geschah mit ihren Dörfern, Städten und Stadtteilen?

Sonia von Nakba75: Über 750.000 Palästinenserinnen und Palästinenser wurden während der Nakba vertrieben, über Zehntausend getötet und mehr als 550 Städte, Dörfer und Stadtteile wurden vernichtet. Es betraf mehr als die Hälfte der damaligen Bevölkerung direkt und kommt einer kollektiven Entwurzelung der Palästinenserinnen und Palästinensern durch diese Katastrophe gleich.

Die Freiheitsliebe: Die UN wird dieses Jahr eine große Veranstaltung zur Nakba organisieren. Wie kommt es dazu?

Sonia von Nakba75: Der internationale Druck steigt in verschiedenen Ländern weltweit, weil immer mehr Menschen erkennen, was den Palästinenserinnen und Palästinenser angetan wurde und bis heute wird. Aber es braucht noch mehr Druck.

Die Freiheitsliebe: In Deutschland dagegen ist es weitaus schwieriger, wie gestaltet sich das Gedenken hier?

Sonia von Nakba75: In Deutschland wird das Gedenken totgeschwiegen und teilweise sogar kriminalisiert. Deshalb ist es von besonderer Wichtigkeit, in Deutschland den Einsatz für das Gedenken an die Nakba mit dem Einsatz für die demokratischen Grundrechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu verbinden, die zunehmend eingeschränkt werden. Wir müssen deutlich machen, dass es eine Frage für alle demokratisch gesinnten Menschen in Deutschland sein muss.

Die Freiheitsliebe: Was für Aktionen sind geplant und was können Menschen an Orten machen, wo es keine Aktionen gibt?

Sonia von Nakba75: Es gab und gibt verschiedene Veranstaltungen, Filmabende, Kundgebungen und Demonstrationszüge in ganz Deutschland. Die zentrale Demonstration wird die am 20. Mai 2023 in Berlin ab 16 Uhr auf dem Hermannplatz sein, die wir als bundesweite #Nakba75-Kampagne initiiert haben. Menschen an Orten, an denen nichts geplant ist, können uns per Mail oder in den Sozialen Medien kontaktieren, und wir unterstützen sie beim Aufbau von Kampagnenstrukturen und der Vernetzung sowie der Mobilisierung nach Berlin zum 20. Mai.

Die Freiheitsliebe: Vielen Dank für das Gespräch.

Hier findet ihr die Website von #Nakba75.

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