Bild: Antifaschistisches Aktionsbündnis Siegen Gegen Rechts

III. Weg eröffnet Büro in NRW – Antifaschisten organisieren Widerstand

In Siegen, einer Stadt im Süden Nordrheinwestfalens, hat das erste Büro des neofaschistischen III. Wegs im Westen eröffnet. Wir sprachen mit Sabra Hama, aktiv bei Antifaschistisches Aktionsbündnis Siegen gegen Rechts, über den Charakter des III. Weg und antifaschistischen Widerstand.

Die Freiheitsliebe: Was ist der III. Weg für eine Partei?

Sabra Hama: Der III. Weg ist eine 2013 gegründete Kleinstpartei mit etwa 600 Mitgliedern bundesweit. Die Partei verfügt aktuell über drei Gebietsverbände: Mitte, Süd und West. Die faschistische Weltanschauung trägt die Partei offen zur Schau: Der vermeintliche „dritte Weg“, den ihre Mitglieder abseits von Kapitalismus und Kommunismus fordern, ist der Nationalsozialismus. Der III. Weg sieht sich in der Tradition des völkisch-„antikapitalistischen“ Flügels innerhalb der NSDAP unter Hitler. Dessen Ideologie in Form von Rassismus, insbesondere Antisemitismus, neugermanischem Heidentum sowie Hass auf Homosexualität und Frauenrechte führt er mehr oder weniger nahtlos fort.

Die Freiheitsliebe: Wie habt ihr reagiert, als ihr von der Eröffnung des Parteibüros erfahren habt?

Sabra Hama: Der III. Weg hat sich regional vor allem im angrenzenden Kreis Olpe aufgebaut. Auch in Siegen haben wir in den letzten Jahren wiederholt Proteste gegen Infostände des III. Wegs organisieren müssen. Die Eröffnung eines Parteibüros in der Siegener Schlachthausstraße war trotzdem auch für uns ein unerwarteter Schritt. Südwestfalen ist durch seine direkte Anbindung an das Dreiländereck NRW, Hessen und Rheinland-Pfalz aber nicht zufällig gewählt. Dieser „Stützpunkt Sauerland-Süd“, wie Siegen von der Partei bezeichnet wird, dient dem III. Weg als Anker im westlichen Teil Deutschlands, von dem aus er seine Fühler weiter ausstrecken will. Außerdem befindet sich die Schlachthausstraße in einer Gegend mit hoher Anzahl an migrantischen Menschen und Menschen in finanzieller Notlage. In ihrem Parteibüro bieten die Neonazis daher „Hilfe für Deutsche“ an und versuchen, die Nachbarschaft rassistisch gegeneinander auszuspielen. Siegen ist nach dem sächsischen Plauen der zweite Ort mit einem Parteibüro des III. Wegs.

Die Freiheitsliebe: Wie gefährlich ist der III. Weg?

Sabra Hama: Auch wenn der III. Weg durch die offene Zurschaustellung seiner neonazistischen Ausrichtung bislang weniger leicht in die bürgerliche Mitte vordringen kann als beispielsweise die AfD, ist er durch seine Verbindungen zum Rechtsterrorismus nicht zu unterschätzen. Matthias Fischer, der Gebietsverbandsleiter Mitte, stand in Kontakt mit dem bundesweit rassistisch mordenden NSU. Erst kürzlich haben Mitglieder des III. Wegs in Erfurt drei Männer aus Guinea brutal zusammengeschlagen. In Siegen gab es ebenfalls gewalttätige Angriffe des III. Wegs. Die politische Perspektive bleibt trotz der Formierung einer wählbaren Partei eine klassisch faschistische: Sie ist antiparlamentarisch und auf den gewaltsamen Umsturz durch eine außerparlamentarische Bewegung bedacht. Auch die außenpolitischen Bezüge stellen eine Gefahr dar: Etwa zur „Goldenen Morgenröte“ in Griechenland, zum syrischen Assad-Regime und faschistischen Umtrieben in den ehemaligen Ostblockstaaten. Im Windschatten des Neofaschismus und Parlamentsparteien mit faschistischem Kern wie der AfD erlebt die Neonazi-Szene in Europa seit der Weltfinanzkrise 2008/2009 einen bedrohlichen Aufwind. Die Gefahr des III. Wegs muss daher im Gesamtkontext gesehen und bekämpft werden.

Die Freiheitsliebe: Wie versucht ihr, den III. Weg zu bekämpfen?

Sabra Hama: Das Antifaschistische Aktionsbündnis Siegen gegen Rechts arbeitet als breiter Zusammenschluss aus verschiedenen Gewerkschaften, Parteien, Vereinen, Gruppen und Einzelpersonen mit unterschiedlichen Mitteln. Zum einen organisieren wir Massenproteste. Zur bislang größten Demonstration gegen das Parteibüro des III. Wegs kamen am 10. Juli über 1.000 Menschen in Siegen zusammen. Bei Aktionen des III. Wegs lassen wir weiterhin nicht zu, dass die Neonazis unwidersprochen ihre Propaganda verbreiten können. Die Bildung eines antifaschistischen Aktionsbündnis Olpe gegen Rechts im Kreis Olpe, von wo aus sich der III. Weg nach Siegen ausbreiten konnte, haben wir als Siegener Bündnis ebenfalls unterstützt. Gegen den „Tag der Heimattreue“ des III. Wegs am 8. August gingen in Olpe an die 400 Menschen auf die Straße. Zum anderen versuchen wir aber auch in der Nachbarschaft der Schlachthausstraße unter Beteiligung der dort wohnenden Menschen, Aufklärungsarbeit zu betreiben, indem wir Flyer über den III. Weg verteilen, Transparente, Aufkleber und Schriftzüge gegen Rechts anbringen und informative Vorträge organisieren. Mit kreativen Aktionen wie beispielsweise der Umbenennung der Schlachthausstraße durch die Nachbarschaft versuchen wir die Aufmerksamkeit für das Thema am Leben zu erhalten.

Die Freiheitsliebe: Wie seht ihr eure Rolle als politische Linke im Kampf gegen Rechts?

Sabra Hama: Als linke Kräfte stehen wir im Bündnis natürlich vor weiteren Aufgaben und Herausforderungen. Die Notwendigkeit einer breiten Mobilmachung gegen den Faschismus ist uns dabei bewusst. Deswegen haben einzelne Siegener Linke bereits am Tag nach der Bekanntgebung der Parteibüroeröffnung breit zu einem gemeinsamen Planungstreffen eingeladen. Wir versuchen aber als neue Linke in Siegen, aus verschiedenen Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Wir machen innerhalb des Bündnisses und bei Protestaktionen klar, dass konsequenter Antifaschismus nur antikapitalistisch und internationalistisch gelingen kann. Wir sehen das am III. Weg sehr deutlich. Die Neonazis versuchen, Menschen in finanzieller Notlage für ihre menschenverachtende Ideologie zu gewinnen. Sie erleben neuerlichen Aufwind durch die unausweichlichen Wirtschaftskrisen des Kapitalismus. Gleichzeitig bemühen wir uns aber auch darum, die Außenwirkung der Protestformen einladender zu gestalten, womit die alteingesessene Siegener Szene in der Vergangenheit Schwierigkeiten gehabt hat.

Der III. Weg versucht, sich in Siegen „bürgernah“, „systemkritisch“ und „antikapitalistisch“ zu verkaufen. Deswegen müssen wir als Linke aufzeigen, dass die Ideologie des III. Wegs keine Alternative zum kapitalistischen System und dem Imperialismus darstellt, sondern im Gegenteil eine weltweite Verschärfung der Unterdrückung und Ausbeutung ist, dass der Faschismus das Konkurrenzdenken und die Ellbogengesellschaft in besonders mörderischer Gewalt verstärkt. Als Linke müssen wir daher immer auch als die demokratische Alternative auftreten, die bereit ist, sich international für echte soziale Veränderung einzusetzen. Wir müssen inhaltlich und politisch einen Bruch zu verkrusteten Strukturen in Siegen aufmachen, die dazu seit Jahrzehnten nicht in der Lage sind. Wir werden gleichzeitig aber auch weiterhin offen für gemeinsam durchgeführte Aktionen bleiben, um dem III. Weg und seinem Parteibüro in unserer Stadt effektiv zu begegnen und deutlich zu machen, dass Nazis in der Stadt Siegen keinen Platz haben.

Die Freiheitsliebe: Danke dir für das Gespräch.

Das Interview führte Benni S. aus Siegen.

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