Deutschland diskutiert über den Aufstieg der Rechten, damit einher geht auch eine Wiederbelebung des Begriffs Faschismus. Die Wiederentdeckung des Wortes ist wichtig, doch mindestens ebenso wichtig ist es, „Faschismus“ als Begrifflichkeit nicht inflationär zu gebrauchen. So wird von einigen nicht nur die Goldenen Morgenröte in Griechenland als faschistisch bezeichnet, sondern auch die israelische Regierung, Putin oder die AKP Regierung der Türkei, obwohl es auf alle nicht zutrifft.
Dass der Faschismus nicht nur als Phänomen der Vergangenheit betrachtet wird ist ein Fortschritt, denn faschistische Bewegungen entstehen in verschiedenen Ländern und es ist entscheidend sie zu analysieren und nicht nur als rassistischen Mob zu betrachten. Eine gute Grundlage zur Analyse des Faschismus bieten die Schriften des russische Revolutionärs Leo Trotzki.
Er sieht im Faschismus das Anwachsen einer Bewegung der Verzweifelten, wie er in seiner Broschüre „Der einzige Weg“ schreibt: „Wenn die Kommunistische Partei die Partei der revolutionären Hoffnung ist, so ist der Faschismus als Massenbewegung die Partei der konterrevolutionären Verzweiflung.“ Diese Verzweiflung offenbart sich nach Trotzki in einer stark verkürzten Kapitalismuskritik, die einige wenige zu Sündenböcken degradiert: „Während er sich vor dem kapitalistischen System verbeugt, bekriegt der Kleinbürger den bösen Geist des Profits in Gestalt des polnischen Juden im Kaftan, der oft keinen Groschen in der Tasche hat“. Diese Tendenzen lassen sich in den verschiedensten faschistischen Bewegungen erkennen, von der goldenen Morgenröte, die in Migranten die Ursache für die Armut der griechischen Bevölkerung sieht und Demonstrationen gegen sie organisiert, über die Jobbik in Ungarn, die sogar an alten antisemtischen Stereotypen festhalten um ihre Ideologie zu verbreiten bis hin zum Front National.
Bewegung der Kleinbürger
Unterstützt werden sie dabei vor allem von den sogenannten Kleinbürgern. Dazu gehören nach Trotzki Teile des hohen Beamtenapparats sowie kleine Selbstständige, aber auch Offiziere. Diese Gruppe sei hin und her gerissen zwischen der Hoffnung, die die Arbeiterbewegung wecken könnte und der Angst vor dem sozialen Abstieg. In Deutschland wie auch in Italien hätten sich dann die Kleinbürger letztendlich für den Faschismus entschieden, auch aufgrund der Schwäche der Arbeiterbewegung wie es im „Porträt des Nationalsozialismus“ heißt: „Der deutsche wie der italienische Faschismus stiegen zur Macht über den Rücken des Kleinbürgertums, das sie zum Rammbock gegen die Arbeiterklasse und die Einrichtungen der Demokratie zusammenpressten. Aber der Faschismus, einmal an der Macht, ist alles andere als eine Regierung des Kleinbürgertums.“ Die Ursache der Unterstützung durch das Kleinbürgertum beschreibt er im Porträt. Dort heißt es über den Charakter der Unterstützung der Kleinbürger für den Faschismus, dass dieser in dessen „neidischen Feindschaft gegen die Ungleichheit in Gestalt einer Villa und eines Autos und tierische Furcht vor der Gleichheit in Gestalt des Arbeiters mit Mütze und ohne Kragen“. Das Kleinbürgertum so Trotzki, wolle zurück in die Zeit des Mittelalters in eine Phase, die geprägt war von einer isolierten und geschlossenen Wirtschaft ohne ausländische Konkurrenten, Stabilität und Traditionen die einen festen Platz zuweisen. Es besteht somit ein Wunsch, dass der Markt weiterhin existiert, nur eben ohne jene großen Konkurrenten mit denen die Kleinbürger mit ihren lokalbasierten Unternehmen nicht mithalten können.
Kampf gegen die Arbeiterbewegung
Der entscheidende Punkt für die Entstehung von faschistischen Bewegung ist die Angst vor sozialem Abstieg und der Sorge das Wenige was man eigen nennt auch noch zu verlieren. Für die Großunternehmen und das Großbürgertum ist diese Begründung aber nicht entscheidend. Sie sehen in der faschistischen Bewegung die Möglichkeit gegen die Arbeiterbewegung und progressive Teile der Gesellschaft vorzugehen. Trotzki schreibt das Ziel sei „alle Elemente proletarischer Demokratie“ zu zerstören. Gemeint sind damit die Gewerkschaften, die reformistischen und revolutionären Parteien und die Vereine der Arbeiterbewegung. Dass diese Ziele auch heute noch von faschistischen Parteien vertreten werden, wird in den verschiedensten Ländern deutlich, so versuchen sowohl Goldene Morgenröte als auch Jobbik Gewerkschaften zu schwächen, da sie in diesen Feinde der Nation sehen, als auch linke und sozialdemokratische Parteien als „Internationalisten“ und „Volksfeinde“ zu denunzieren. Der Faschismus „bringt jene Klassen auf die Beine, die sich unmittelbar über das Proletariat erheben und fürchten, in dessen Reihen gestürzt zu werden, organisiert und militarisiert sie unter Deckung des offiziellen Staates mit den Mitteln des Finanzkapitals und treibt sie zur Zertrümmerung der proletarischen Organisationen, der revolutionären wie der gemäßigten“ so Trotzki in „Was nun.“ Heute würde man wahrscheinlich eher von Prekarisierten sprechen, als von Proletariern. Der theoretische Ansatz gilt jedoch weiterhin
Der Faschismus ist keine Geliebte des Kapitals
Die Behauptung die vor allem aus verschwörungstheoretischen Kreisen vorgebracht wird, dass der Faschismus von den Herrschenden beliebig eingesetzt wird, widerspricht Trotzki entschieden. „Die Großbourgeoisie liebt den Faschismus ebenso wenig wie ein Mensch mit kranken Kiefern das Zahnziehen“. Diese Bewegung würden daher nur in äußersten Notfällen von großen Teilen der Kapitalisten unterstützt. Sie sei die letzte Waffe im Kampf gegen Proteste der Arbeitenden und ihrer Organisation. Die faschistische Bewegung wird daher nur als letzte „Waffe der Selbstverteidigung“ unterstützt, wenn die bürgerlichen Parteien nicht mehr ihre Aufgaben erledigen können, um die Profitmaschine am laufen zu halten.
Die Anwendung der oben genannten Charakterisierung verdeutlicht, dass es sich sowohl bei Putin, der sich nicht auf Massenbewegungen stützt noch linke Parteien verbieten will, als auch bei der israelischen Regierung, auch wenn in dieser extreme Rechte sind, nicht um Faschisten handelt. Trotzkis Analyse des Faschismus verdeutlicht aber auch, dass es sich bei Parteien wie der Jobbik und der Goldenen Morgenröte ganz deutlich um faschistische Gruppen handelt. Seine Analyse zeigt aber auch, dass es in Deutschland Bewegungen gibt die an faschistische Elemente anknüpfen, z.B. mit ihrer Demagogie gegen Flüchtlingen, die die Deutschen um ihr Brot bringen würden, und den bösen Gewerkschaften und Linken, die den deutschen Volksgeist zerstören.
Eine Antwort
Moin Jules,
schön das Du diesen Artikel veröffentlicht hast. Einen Grundgedanken habe ich ebenfalls. Diesen kann die Leserschaft, Du hier entnehmen:
Humanismus ./. Kapitalverbrechen
Das heutige Attentat von Brüssel ist trauererfüllend. Die Urheberschaft der Verbrecher will uns auf unserem Teil der Welt provozieren. Die Zielsetzung einer Provokation ist das erfolgen einer Reaktion. Die organisierte Kriminalität wie der sogenannte „IS“ setzt dabei auf seine ideologischen „Verbündeten“ hier wie rechtspopulistischen, rechtsextremen Parteien und faschistischen Unterorganisationen. Im Grunde genommen ein Geschenk zu Ostern. Die Reaktionen von Menschenverachtern wie dem „IS“ durch hiesige Menschenverachtern gegen unsere Mitmenschen, Freunde und Nachbarn sind vom „IS“ erwartungsvoll kalkuliert. Was diese „IS“ Kriminellen nicht gebrauchen können ist das wir einen besonnen Kopf bewahren, gesellschaftlicher Zusammenhalt, humanistische Werte durch die Praxis im Alltag mit Leben füllen, Freude empfinden uns ausleben. Besonders fürchten diese Verbrecher unser Feiern wie Singen, Tanzen und Lachen. Auch im Sinne von dem „IS“ den Spiegel vor deren Gesichtern zu halten, der Wirklichkeit ihrer Lächerlichkeit preisgeben.
Die Norweger haben umsichtig reagiert als ein rechtsextremistischer Massenmörder unschuldige Kinder ermordet hat. Sie kündigten an, mit Humanismus auf das Phänomen des Verbrechens zu antworten. Damit bleibt man sich in seinen Werten, Tugenden treu. Die Glaubwürdigkeit bleibt im Inland und in der Aussenwelt gewahrt. Nachhaltig ist dies obendrein.
Wir können solche kriminellen Organisationen scheitern lassen. Dazu müssen wir es sein, welche alle Segmente der Gesellschaft näher an uns binden. Diese Menschen sind unsere Botschafter/innen. Die kulturellen und sprachlichen Kompetenzen bestehen bereits. Erheben müssen wir die Lebensqualität aller Mitmenschen unter uns. Somit können diese Verbrechen des sogenannten „IS“ nicht gut in den eigenen Zirkeln als ein Erfolg verkauft werden. Somit erreichen wir wirkungsmächtig die Hintermänner, welche diese Verbrechen ermöglichen.
Es liegt an unserer Initiative wie wir die Zukunft gestalten werden.
Der investigative Journalist Jimmy Bulanik, ist ein langjährig erfahrener Experte für Rechtsextremismus.