Im August waren die Geschäftsführer von SPD, CDU, Linken, Grünen und FDP zum „Debatt(l)e Royale“, einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Gamescomeröffnung eingeladen – der mit 373.000 Besucherinnen und Besuchern immerhin weltweit größten Computerspielemesse. Ein ungewöhnlicher Termin für mich, aber kein unwichtiger. Es ging natürlich um Spiele, als Geschäft, aber auch als Sport- und Kulturgut. Und natürlich insgesamt um Digitalisierung, Breitbandausbau und den politischen Einfluss neuer Medien. Man denke nur an Rezo und die „Zerstörung der CDU“.
Besonders interessant ist aus Linker Sicht das Thema Breitbandausbau, weil es exemplarisch zeigt, wie destruktiv sich die Ignoranz der Privatwirtschaft gegenüber den Bedürfnissen der Allgemeinheit auswirkt. Folgerichtig gingen die Meinungen für die Ursachen des gescheiterten Ausbaus weit auseinander. Aus Linker Sicht muss man feststellen: Der Markt hat beim Ausbau kolossal versagt. Ob Glasfasernetz oder Mobilfunk, quer über die Republik finden sich weiße Flecken. Wenig lukrative Regionen wurden von privaten Anbietern ausgespart. Selbst Albanien hat ein schnelleres Netz als Deutschland (49,1 Mbit/s versus 32,6 Mbit/s). Beim Ausbau des 5G Netzes zeichnet sich eine Wiederholung der Fehler ab, die schon bei der LTE-Technik zu Lücken in der Netzabdeckung geführt haben. Dank laxer Ausschreibungskritierien versorgt der Markt erneut zunächst Ballungszentren und vernachlässigt ländliche Regionen. Dem Marktversagen beim Breitbandausbau muss endlich ein Umdenken folgen, mit klaren staatlichen Vorgaben. Zur Anbindung von ländlichen Regionen müssen Fördermittel bereitgestellt werden, die es kommunalen Unternehmen ermöglichen, eigene Glasfasernetze aufzubauen. Um die mobile Netzabdeckung zu erhöhen, wäre ein nationales Roaming sinnvoll, also die Möglichkeit, die Funkmasten anderer Anbieter zu nutzen. Klar ist: Datenversorgung ist inzwischen Grundversorgung wie Wasser und Strom. Sie ist Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe in einer digitalisierten Welt.
eSport und Gaming wiederum sind Themen, die selten mit unserer Partei in Verbindung gebracht werden. Das ist tatsächlich schade, denn diese „Nerdkultur“ ist inzwischen Breitenkultur. Als Sport entwickelt der eSport sich in eine Richtung, die der im analogen Profi-Sport nicht unähnlich ist. Beim eSport hat sich in den letzten Jahren eine Professionalisierung vollzogen, die die klassischen Sportvereinsstrukturen adaptiert und Computerspielen zum Wettkampfsport erhebt. Die Zahlen der Fans steigen in den Millionenbereich, die Preisgelder ebenso, Profi-Gamer leben vom eSport. Die Frage, ob eSport als ‚normaler‘ Sport kategorisiert werden kann, wird dennoch weiter hitzig diskutiert. Erst kürzlich hat der Deutsche Olympische Sportbund diese Frage mit Nein beantwortet. Demgegenüber stehen Entwicklungen in Ländern wie in Dänemark und Norwegen, wo eSport teilweise in den regulären Schulbetrieb integriert wird. Die Anerkennung von eSport als Sport würde klare Förderrichtlinien ermöglichen, die eSport-Vereine weiter professionalisieren und die Anerkennung der Gemeinnützigkeit vereinfachen. Das würde Spielerinnen und Spielern soziale und ökonomische Sicherheiten ermöglichen, wie sie bereits im Leistungssport Standard sind.
Spiele sind aber auch zum modernen Erzählmedium und zu einem milliardenschweren Markt geworden. Riesige Konzerne und kleine Independententwickler konkurrieren um Publikum, Fachleute, Einnahmen und auch Fördergelder. Passender Weise schlagen wir als Vorbild die Filmförderung vor. Die kann nämlich gezielt Projekte mit didaktischem oder kulturellem Mehrwert fördern. Das war in der Debatte aber durchaus kontrovers. Gerade die konservativen Parteien favorisieren eher ein Gießkannenprinzip, bei dem absehbar der Großteil der Förderung bei den großen Unternehmen ankommt, die sie am wenigsten brauchen. Wir dagegen wollen vor allem Indie-Firmen, idealer Weise genossenschaftlich organisiert und mit guten Arbeitsbedingungen, fördern.
Auf der Gamescom wurde deutlich, wie stark verknüpft die einzelnen Themenfelder sind und welche gesellschaftliche Dimension sie haben. Digitale Kultur verändert die Gesellschaft nachhaltig. Es ist notwendig, dass wir als LINKE diesen Prozess auf allen Ebenen begleiten und LINKE Antworten auf gestellte und ungestellte Fragen liefern.
Daher wird DIE LINKE am 7. Dezember unter dem Motto „(K)eine automatische Revolution“ auch eine Konferenz zum Verhältnis von Digitalisierung und sozialer Gerechtigkeit veranstalten.