Elektroautos sind weder klimafreundlich noch eine Alternative – Im Gespräch mit Winfried Wolf

In Deutschland findet aktuell eine Debatte über Elektroautos als Alternative zu Benzinern statt. wir haben mit Winfried Wolf, Klimaexperte und Autor des Buchs “ Mit dem Elektroauto in die Sackgasse“, gesprochen.

Die Freiheitsliebe: In der aktuellen Debatte um den Klimawandel wird auch über mögliche klimafreundliche Mobilität diskutiert. Häufig wird dann von E-Autos gesprochen. Was hälts du davon?

Winfried Wolf: Die Debatte über eine klimafreundliche Mobilität ist wichtig. Die Suche nach Alternativen ist notwendig. Elektroautos sind jedoch weder klimafreundlich noch eine Alternative. Damit wird lediglich ein weiteres Mal – ähnlich wie vor 15 Jahren bei den Debatten über „Biosprit“, eine Scheinalternative präsentiert und den Menschen Sand in die Augen gestreut.

Die Freiheitsliebe: Sind E-Autos ressourcenschonender und nachhaltiger?

Winfried Wolf: Es geht nicht darum, dass man ein schnuckeluges Elektroauto mit 800 Kilogramm, das dann noch mit Fotovoltaik vom eigenen Dach des Eigenheims im Grünen geladen wird, mit einem Diesel-Stinker oder einen Benziner-SUV vergleicht. Und es geht auch nur zum Teil um einen direkten Vergleich eines VW-Golf mit Verbrennungsmotor und einem Gewicht von 1,3 Tonnen mit einem e-Golf mit Elektromotor, mit 1,5 Tonnen Gewicht, der bei dem vorherrschenden Strommix – also mit gut 40% fosslile Energie – „betankt“ wird. Bei diesem direkten Vergleich wird der E-Pkw tatsächlich das Klima mit weniger CO-2 belasten – maximal mit 30 Prozent weniger.

Es geht um eine Kombination mehrerer Faktoren, die in der Summe ergeben: Elektromobilität im Sinne von Elektroautos als relevanter Teil der Gesamt-Autoflotte erhöhen die CO-2-Belastung und verstärken die Klimaerwärmung und Umweltgefahren. Diese Faktoren sind in Stichpunkten: Erstens der „ökologische Rucksacke“ eines E-Pkw (wesentlich mehr CO2-Verbrauch bei der Herstellung). Zweitens der durchschnittliche Strom-Mix in den großen Regionen und in der Welt (50 und mehr Prozent Strom aus fosiller Energie, was sich in der Zeit, die für die Klimaentwicklung relevant ist, nicht wesentlich verändern wird). Drittens die massive zusätzliche Stromnachfrage im Fall einer massenhaften Ausbreitung der Elektroautos, was Kohlstrom fördert und vor allem zu mehr Atomstrom führen wird (China baut aktuell ein Dutzend AKW). Viertens die Bumerang-Effekte bei Elektroautos: Es werden mehr Zweitwagen angeschafft. Es gibt mehr Stadtautos. Es wird in der Stadt noch mehr mit dem Auto gefahren; der ÖPNV leidet. Fünftens ist der E-Auto-Hype Teil der Entwicklung zu noch mehr schweren Pkw und noch mehr SUVs. Jedes E-Auto ist im Vergleiuch zu seinem Pendent mit Verbrennungsmotor um 150 bis 500 Kilogramm schwerer. Die Regelungen, wonach E-Autos „Zero-Emission“-Pkw sind, erlauben es den Herstellern, noch mehr „nomale“ SUVs auf den Markt zu bringen, da der CO-2-Verbruch bei der Flotte, des durchschnits, zählt. Sechstens gibt es eine steigende Nachfrage nach den knappen Ressourcen Kobalt, Kupfer und anderen und eine Massennachfrage nach Lithium. Damit wird wieder das Modell gefahren: Die Mobilität in den reichen Regionen wird mit den Rohstoffen aus der Dritten Welt gefüttert. Und schließlich geht es in der Gesamtbilanz nie um eine Deckelung der nationalen Auto-Flotten oder der Weltauto-Flotte. Diese wächst unaufhöhrlich – allein 2018 um weitere rund 70 Millionen auf aktuell rund eine Milliarde. Es geht in der Realität um zusätzliche Pkw. Damit sind Elektroautos – zugespitzt – gesagt das schmutzige Sahnehäubchen auf einem sich ständig vergrößernden Berg der Weltautoflotte. In der Summe gibt es immer mehr Emissionen, die das Klima belasten.

Die Freiheitsliebe: Welche Interessen stecken hinter individualisierter Elektromobilität?

Winfried Wolf: Die Autoindustrie und die Autolobby und die nachgeordneten politischen Institutionen, die damit verbunden sind, haben ein interesse am „Weiter so“.

Die Freiheitsliebe: Können Wasserstoffautos eine Alternative zu E-Autos bieten?

Winfried Wolf: Nein. Auch Wasserstoff muss hergestellt werden. Auch hier spielt der Strommix eine wichtige Rolle. Die grundsätzliche Problematik des Autoverkehrs bleibt dieselbe – gleich, was die antriebsart ist.

Die Freiheitsliebe: Ist der Besitz von privaten Autos insgesamt sinnvoll oder bedarf es Alternativen?

Winfried Wolf: Dieser Besitz als massenhafter und als wesentliche Basis des motorisierten Verkehrs ist nicht sinnvoll. Unabhängig von allem, was ich zu E-Pkw sagte, gilt immer: Ein Auto – egal, ob elektrisch, ob mit Benzin, ob mit dieser oder ob via Brennstoffzelle angetrieben – verbraucht mindestens vier Mal mehr fläche als eine Tram (bei gleich Transportleistung). Im Vergleich zum Fahrrad liegt der Flächenbrauch beim 15 bis 25fachen.

Die Freiheitsliebe: Wäre ein Umstieg auf flächendeckenden und kostenlosen ÖPNV eine soziale und nachhaltige Alternative?

Winfried Wolf: Nein. Das ist zu einseitig. Es geht immer um eine Gesamtkonzeption. Allein ein ÖPNV-Ausbau weist auch in die falsche Richtung. Wir müssen eine Politik entwickeln, die ich als „Verkehrspolitik der drei V“ bezeichne: Verkehr muss erstens vermieden werden. Verkehrswege müssen zweitens verkürzt werden. U nd erst dann muss verbleiender Verkehr verlagert werden. wir leben in Strukturen und unter Bedingungen, in denen es eine „erzwungene Mobilität“ und eine „Verkehrsinflation“ gibt. Ein „moderner“ Mensch legt heute doppelt so viel Kilometer im Jahr motorisiert zurück als vor 40 oder 50 Jahren. Dabei wurden wir nicht mobiler – sondern wir benötigen bei den klassischen Verkehrswegen wie zur Arbeit, zum Ausbildunsort, zum Einkaufen oder zu einem Freizeitvergnügen fahren doppelt und drei Mal so viele Kilometer. Im übrigten heisst auch „Verkehr verlagern“ nicht primär, auf den ÖPNV verlagern, sondern erstens auf die Füsse, dann auf das Fahrrad und dann auch Tram, Bus, S-Bahn verlagern. In dieser Gesamtkonzeption erst macht eine Alternatuve Sinn und weist wneigstens in die Richtung „klimaneutral“.

Die Freiheitsliebe: Wie könnte der Weg dorthin aussehen?

Winfried Wolf: Viele gute Wege sind gepflastert – mit guten Vorsätzen. Mit kreativen Ideen. mit viel Engagement und Leidenschaft. In diesem Sinn müssen wir uns alle engagieren – für: ALL days for future.

Die Freiheitsliebe: Danke dir für die Antworten.


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2 Antworten

  1. Na da bin ich ja froh, dass ich zu 80% über die Sonne direkt (PV-Anlage) lade, und wenn nicht. mit 98% erneuerbarer Energie. Denn soweit sind wir in Österreich schon.
    Das Gewicht spielt beim eAuto eine geringere Rolle. Weil ja im Gegenzug zum Benzin/Diesel-Auto die Bremsenergie zurück gewonnen wird, und nicht in Form von Abwärme sinnlos verpufft.

    Nur so nebenbei, wenn das mit dem CO2 doch nicht stimmt, dann ist das eAuto zumindest von Start weg zu 100% abgasfrei (wo die wirklichen Gifte vorhanden sind) CO2 ist kein Gift. Und es gibt keinen einzigen wissenschaftlichen Beweis, dass CO2 für eine Erwärmung die Ursache ist. Aber es gibt zwei Gegenbeweise. Nun, Bei Klimareligionen ist das ja auch nicht wichtig.
    Für Flora und Fauna ist das eAuto ein Segen. Endlich keine Gifte mehr in die Umwelt blasen.

  2. Versucht doch mal wirklich innovative Lösungen aufzuzeigen! Es ist schade, dass mit keinem Wort das Potenzial eines Robotaxis erwähnt wird. Schätzungsweise bräuchte man so bei gleichem Komfort 80% weniger Autos ohne den konventionellen und altbackenen ÖPNV weiter auszubauen. Wer fährt denn schon gerne im Winter bei dicker Luft im vollgestopften Bus oder der Straßenbahn zur Arbeit?

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