Weshalb die Zukunft ohne E-Autos auskommen muss

Den großen deutschen Automobilkonzernen und der Großen Koalition zu Folge gibt es keinen Grund zur Sorge bei der Mobilität: Wir steigen alle einfach bequem irgendwann vom herkömmlichen Auto zu einem Elektroauto um und schon scheint das Problem gelöst zu sein. Schließlich stoßen die „ökologischen“ Fahrzeuge keine Abgase aus und werden mit Strom getankt. Ein wahrliches Paradies aus der Misere, wären da nicht zahlreiche soziale und vor allem ökologische Nebenwirkungen. Wieso wir in Zukunft ohne Elektroautos auskommen müssen, schafft eine WDR-Dokumentation[1] und das Buch von Winfried Wolf[2] zu diesem Thema Klarheit.

Zerstörerische Produktion

Bevor ein Elektroauto auf den Straßen fahren kann muss es produziert werden. Was viele nicht wissen, ist die Produktion eines solchen Autos in der Regel doppelt so rohstoffintensiv wie ein Auto mit Verbrennermotor. Elektroautos benötigen Batterien, die aus seltenen Rohstoffen wie Lithium, Platin oder Kobalt bestehen, während herkömmliche Autos viel Eisen oder Stahl verlangen. Besonders wichtig für die Produktion ist hierbei Lithium, das zu 60% der Welt aus dem Dreilländerdreieck in den Anden zwischen Chile, Bolivien und Argentinien stammen. In der Region Jujuy beispielsweise leben seit Jahrtausenden fast ausschließlich indigene Bevölkerungen. Dieses sowieso sehr trockene Gebiet wurde durch den Lithiumabbau innerhalb weniger Jahre bereits spürbar zerstört. Den dort lebenden Menschen wird das lebensnotwendige Wasser entzogen, während multinationale Konzerne mit Unterstützung der jeweiligen Staaten die Rohstoffe für ihre Produktion abbauen und Profite raus schlagen.

Abhängigkeit von endlichen Rohstoffen

Der Umstieg auf Elektroautos wird durch denselben Fehler begleitet, den wir bereits jetzt mit gebräuchlichen Autos haben: Der Abhängigkeit von endlichen Rohstoffen. Statt Erdöl wird nun endliches Lithium oder Platin benötigt. Dasselbe Problem wird schlichtweg ignoriert. Ein solcher Zustand bereitet einen Nährboden für künftige Kriege um den Zugang zu Rohstoffen und darf nicht außer Acht gelassen werden.

Kein nachhaltiger Strom

Laut dem Klimaschutzbericht 2018 basieren 85% der Treibhausgasemissionen Deutschlands energiebedingten Emissionen unter denen stammen ungefähr die Hälfte alleine die Energiewirtschaft größtenteils der Kohleenergie.[3] Wer also sein Elektroauto tanken möchte, wird im übergroßen Durchschnitt also auf nicht nachhaltigem Strom zurückgreifen, da erneuerbare Energien kaum ausgebaut werden. Wenige Energiekonzerne, die riesigen Lobbyeinfluss im deutschen Staat ausüben, werden sich auch künftig dafür einsetzen, dass ihre Interessen gewahrt werden.

Beispielhafter Lithiumabbauort in den Salzminen Jujuys

Kollektivverkehr statt Individualverkehr

Elektroautos werden auch das allgemeine Problem des Individualverkehrs nicht beheben. Sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortzubewegen bedeutet weniger ökologischen Schaden anzurichten, da individuell jedes einzelne Auto viel mehr Reparaturen und mehr Energieverbrauch pro Produktion benötigt als der gemeinsamen Mobilität.[4] Außerdem werden die aktuellen Elektroautos meistens nur für Kurzstrecken benutzt, da sie für längere Strecken noch nicht tauglich gebaut sind. Dadurch werden die von Autos überfüllten Städte und Staus nicht vermieden, sondern sogar erweitert, da häufig Elektroautos Zweit- oder Drittwagen sind. Sie sind zurzeit auch so teuer, dass sie vor allem nur wohlhabendere Menschen sich leisten können. Darüber hinaus sind sie meistens als energieintensive SUVs gebaut, da die Batterien einen so großen Raum einnehmen müssen.

Fazit und Alternative

Wie bereits gesehen wurde sind Elektroautos keine nachhaltige Mobilitätsform für die Zukunft. Doch wieso ändert der Staat nicht seine Strategie um und fördert ökologische Fortbewegungsmittel? Das hängt damit zusammen, dass die Autolobbys seit Jahrhunderten immensen Einfluss auf den deutschen Staat und seine Politik ausüben und die Automobilindustrie einen hohen Stellenwert in Deutschland einnimmt. Sowohl der Staat, als auch die Großkonzerne möchten den aktuell aufkeimenden Diskurs um den Klimawandel auf Elektroautos ablenken um gleich doppelt davon zu profitieren: Erstens möchten sie sich damit als zukunftsfähig und ökologisch verkaufen um sich vor der Bevölkerung rechtfertigen zu können und zweitens einen Wettbewerbsvorteil ausnutzen. Indem jetzt die deutsche Automobilindustrie anfängt sich auf Elektromobilität umzustellen, können sie relativ schnell künftige Absatzmärkte und Nachfragen anziehen und so Profite daraus schlagen.

Wer also effektive Klimagerechtigkeit fordert müsste sich für breit ausgebauten ÖPNV (Öffentlicher Personennahverkehr) einsetzen, der vor allem auch in den ländlichen Raum reichen muss. Die Fahrpreise sollten entsprechend günstig reguliert werden, damit Menschen diese auch stärker nutzen können. Außerdem sollten Fahrradwege massiv gesichert ausgebaut werden, damit auch so Menschen einen stärkeren Anreiz für diese Mobilitätsform wählen können wie am Beispiel Kopenhagens, in welcher der Autoverkehr drastisch zurückgedrängt wurde. So könnte auch der Pendlerverkehr reduziert werden, die Innenstädte wohnenswerter und sauberer gestaltet und wirksam der Klimakrise begegnet werden.

Damit diese Schritte realisiert werden können, muss eine Politik gegen Konzerninteressen im Sinne der Mehrheit geschaffen werden. Durch eine Reduzierung der Arbeitszeit und der Umverteilung der Arbeitsplätze aus dem Automobilbereich könnte der große sozialökologische Umbau der Gesellschaft verwirklicht werden. Praktischer Klimaschutz bleibt antikapitalistische Handarbeit!


[1] WDR, Kann das Elektroauto die Umwelt retten?, in: Youtube, https://www.youtube.com/watch?v=aS_xTJmzdgA (Aufgerufen: 17.06.2019).

[2] Winfried Wolf, Mit dem Elektroauto in die Sackgasse. Warum E-Mobilität den Klimawandel beschleunigt, 2019.

[3]Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/klimaschutzbericht_2018_bf.pdf, S. 16. (Aufgerufen 17.06.2019)

[4] Fraktion DIE LINKE, Plan B. Nulltarif im öffentlichen Nahverkehr. Eine Offensive für sozialökologische Mobilität und Lebensqualität, S. 8.

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2 Antworten

  1. Falsche Basis für den Artikel.
    Die zitierte WDR Sendung und der Artikel dazu basieren beide auf längst wiederlegen „Fake“-Zahlen aus der sogenannten „Schweden-Studie“, von denen sich die Autoren selbst distanzieren.
    Auch wird in den oben zitierten Quellen z.B. der Herstellungsaufwand für den fossilen Treibstoff, der die CO2 Bilanz verdoppelt (Ölsuche, Bauen der Plattformen, Transport, Raffinerien) vergessen.
    Am Ende ist natürlich ein Elektroauto nur weniger Umweltverschmutzung, aber die Technologie steht ja erst am Anfang. Genau wie die alternativen Energien die in 15 Jahren bereits von 8% auf dieses Jahr bisher 47% (Quelle : Fraunhofer Energy-Charts) gestiegen sind.
    Viele Forschung im Bereich Batterie zeigen deutliche Perspektiven bis hin zur Lithium-und Kobaltfreien Batterie.
    Ein Verbrennerauto hat hingegen zwangsweise größere Mengen an seltenen Erden (Lithium ist hingegen eines der häufigsten Elemente) im Katalysator : Rhodium, Platin etc..
    Das man den ÖPNV fördern muß, steht außer Frage, aber haben Sie mal im ÖPNV versucht mit drei Kleinkindern und Kinderwagen von A nach B zu kommen und noch die Wochenendeinkäufe einer Familie mitzunehmen ? Ich habe es und war kläglich gescheitert. ÖPNV ist leider familienfeindlich und daher keine Patentlösung.

    1. Danke für die Anmerkung zu der Studie, haben Sie dazu Quellen damit ich es nochmal selbst nachschlagen kann?

      Wir bleiben aber trotzdem bei dem Problem hängen, dass wir eine starke Abhängigkeit zu endlichen Ressourcen haben. Ich möchte natürlich nicht abstreiten, dass in Zukunft andere Mobilitätsformen geben können, aber bislang sieht es nicht gut aus. Wir bleiben auch bei anderen individuellen Fortbewegungsmitteln davon abhängig jedes einzelne Auto produzieren zu lassen und seine Einzelteile reparieren zu lassen, obwohl es viel effizienter wäre, wenn alle Menschen mit (vorausgesetzt auch im ländlichen Raum) ÖPNV sich fortbewegen würden, da aktuell vor allem viele Menschen alleine das Auto nutzen. Stellen Sie sich mal an der Straße und beobachten Sie bei wie vielen Autos nur eine einzelne Person sich fortbewegt. Es ist die große Mehrheit.

      Ich möchte nicht abstreiten, dass es z.T. nicht einfach ist als Familie mit dem ÖPNV zu fahren, aber das kann auch geändert werden. In meinem Wohnort in Köln beispielsweise sehe ich sehr häufig Familien mit Kinderwägen und dann wird auch solidarisch Platz gemacht. Mir scheint das nicht wirklich problematisch und die Einkäufe können meistens zu Fuß getätigt werden. Anders sieht es natürlich auf dem Land aus, keine Frage. Da muss dran gearbeitet werden. Ich bin aber fest der Überzeugung, dass eine Zukunft der Mobilität nur im Kollektivverkehr, günstig und gut ausgebaut funktionieren kann.

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