Außenpolitik: Der Mythos von dem Gemeinsamkeiten zwischen links und rechts

In Zeiten, in denen linke Kriegsgegnerinnen und Kriegsgegner eingeschüchtert werden sollen, weil sie sich gegen Waffenlieferungen und eine weitere Eskalation des Ukraine-Krieges aussprechen, darf ein Mythos nicht fehlen: Wie bei einem Hufeisen würden sich linke und rechte Kräfte an den äußeren Rändern treffen, wenn es um die Kritik an der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik geht.

Mit dieser moderneren Variante der Hufeisentheorie werden rechts und links in einem Topf geworfen. Tenor: Die gute, deutsche Außenpolitik muss gegen die Feinde von links und rechts verteidigt werden. Manchmal fallen sogar Linke auf diese Art von Kampagnen herein, welche insbesondere auf Twitter Hochkonjunktur haben. Meistens macht sich das in den Debatten um die angeblichen Gemeinsamkeiten zwischen der Partei DIE LINKE und die AfD fest. Dabei können die außen- und sicherheitspolitischen Konzepte der LINKEN und der AfD unterschiedlicher kaum sein. Mehr noch: Die Forderungen der AfD sind viel näher an der Politik von SPD, GRÜNE, FDP und CDU dran als an den Forderungen der LINKEN.

Die AfD ist eine Aufrüstungspartei, DIE LINKE eine Abrüstungspartei

Alexander Gauland, „Gründungsvater“ der AfD, schrieb schon vor AfD-Gründung im Jahr 2012 folgende Sätze in einem FAZ-Aufsatz: „Die großen Fragen der Zeit werden nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse entschieden, sondern durch Eisen und Blut.” Darin beschwerte sich Gauland auch darüber, dass in Deutschland „immer von Neuem die pazifistische Melodie“ gesungen werde. Im Geiste Gaulands stellt sich die AfD in die Tradition des deutschen Militarismus und bekennt sich zum Zwei-Prozent-Aufrüstungsziel der NATO. In einem Video der AfD-Bundestagsfraktion verkündet sie kurz nach der Zeitenwende-Rede des Bundeskanzlers stolz, dass die Regierung nun endlich die Politik der AfD umsetze. DIE LINKE lehnt hingegen Aufrüstung ab und tritt dafür ein, die Rüstungsmilliarden stattdessen in Gesundheit, Soziales und Bildung zu investieren.

Die AfD ist eine militaristische Partei, DIE LINKE eine antimilitaristische Partei

Jedes Positionspapier, jedes Programmpapier der AfD ist durchtränkt vom Drang, den Militarismus zurück in die Mitte der Gesellschaft zu holen. Die Wehrpflicht soll wieder eingeführt werden. In einer „geistig moralischen Reform“ sollen Bundeswehr-Soldaten im „Willen zum Kampf“ erzogen werden. Soldaten und Reservisten sollen als „Staatsdiener in Uniform“ gesellschaftlich privilegiert und verehrt werden. Den Reservisten kommt hierbei eine besondere Rolle als Bindeglied zwischen „Volk und Streitkräften“ zu. Der „Wehrwillen“ der Bevölkerung müsse gestärkt werden. Zudem soll das Grundgesetz dahingehend geändert werden, dass die Bundeswehr auch im Innern eingesetzt werden kann. DIE LINKE lehnt all diese Schritte der Militarisierung ab.

Die AfD will Krieg für deutsche Interessen führen, DIE LINKE lehnt Krieg als Mittel der Politik grundsätzlich ab

Die AfD inszeniert sich momentan als „Friedenspartei“. Doch ihre wirklichen Positionen haben damit nichts zu tun.

Die AfD will eine bis an die Zähne bewaffnete Bundeswehr, die auch in der Lage sein muss, Auslandseinsätze zu führen. Allerdings müssen diese Auslandseinsätze „jetzt“ den „nationalen Interessen“ Deutschlands dienen. So als hätten alle bisherigen Auslandseinsätze der Bundeswehr nichts mit deutschen Wirtschaftsinteressen zu tun gehabt. Bei Auslandseinsätzen im Bereich „Kampf gegen den Terror“ und einer nicht näher definierten „Gefahrenabwehr“ solle die Bundesregierung dafür Sorge tragen, dass diese Einsätze auch gegen den Willen anderer Staaten durchgeführt werden können. DIE LINKE lehnt Auslandseinsätze der Bundeswehr, die in Wirklichkeit häufig Kriegseinsätze sind, strikt ab.

Die AfD akzeptiert die NATO, DIE LINKE nicht

Deutschlands Mitgliedschaft in der NATO ist „zentrales Element“ der AfD-Sicherheitsstrategie. Es gebe auf absehbare Zeit keine „gleichwertige Alternative“. Zwar müsse die NATO ihre Aktivitäten auf dem Bündnisgebiet eingrenzen, aber eine grundsätzliche Kritik an der NATO sieht anders aus. DIE LINKE möchte Militärbündnisse wie die NATO überwinden. DIE LINKE schlägt vor, als ersten Schritt aus den militärischen Strukturen der NATO auszutreten, um einen internationalen Prozess zu befördern, an dessen Ende die Auflösung der NATO steht.

Die AfD träumt von der deutschen Atombombe, DIE LINKE will ein weltweites Atomwaffenverbot

Zwar heißt es im AfD-Wahlprogramm pflichtgemäß, dass man sich eine atomwaffenfreie Welt wünsche. Aber im Konkreten gibt es längst Gedankenspiele über die Anschaffung einer deutschen Atombombe zur „Verteidigung nationaler Interessen“. Ein Bundeskongress der AfD-Jugend hat diese Forderung beschlossen und erhält Unterstützung von führenden Verteidigungspolitikern der AfD. DIE LINKE ist nicht nur gegen die Anschaffung der Atombombe, sondern auch gegen die Möglichkeit ihrer Herstellung und setzt sich unter anderem deshalb für die Schließung der Uranfabrik in Gronau ein. Stattdessen fordert DIE LINKE die Bundesregierung auf, den internationalen Atomwaffenverbotsvertrag zu unterzeichnen.

Die AfD befürwortet Waffenexporte in der Regel, DIE LINKE lehnt diese grundsätzlich ab

Die AfD steht für die Förderung der deutschen Rüstungsindustrie. Regelmäßig stimmt die AfD gegen Anträge der LINKEN, Rüstungsexporte im Konkreten oder im Allgemeinen zu begrenzen. Als DIE LINKE 2018 einen Antrag zum allgemeinen Verbot von Rüstungsexporten einbrachte, stimmte die AfD dagegen mit der Begründung, ein Rüstungsexportverbot würde „Produktionskapazitäten der Rüstungsindustrie verkleinern“ und „die Stückkosten in die Höhe treiben“. Manchmal ist die AfD auch gegen Rüstungsexporte. Wie jetzt aus taktischen Gründen an die Ukraine oder an muslimisch geprägte Länder. Dies darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die AfD prinzipiell keine Probleme mit Rüstungsexporten hat. Im scharfen Gegensatz zur LINKEN, die dies prinzipiell ablehnt.

Zusammengefasst: Die Gleichsetzung der AfD und der LINKEN in Sachen Außen- und Verteidigungspolitik ist ein Mythos und ein Versuch, linke Kriegsgegnerinnen und Kriegsgegner in die rechte Ecke zu stellen. Die AfD ist keine Friedenspartei. Sie versucht, den berechtigten Unmut und die Sorge über eine weitere Eskalation im Ukraine-Krieg in nationalistische Bahnen zu lenken. Die Waffenlieferungen werden nicht deshalb abgelehnt, weil die Gefahr einer nuklearen Eskalation eine „Menschheitsfrage“ ist oder weil dadurch noch mehr Ukrainer*innen und Russ*innen sterben werden, sondern einzig und allein, weil „Deutschland gefährdet“ wird.

Dass sie damit relativen Erfolgt hat, hat auch damit zu tun, dass DIE LINKE in dieser Auseinandersetzung als linke Antikriegsopposition bisher zu wenig sichtbar war.

Hannes Draeger ist aktiv bei der LINKEN in Düsseldorf.

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2 Antworten

  1. Ich stimme Ihnen IN MEHREREN Punkten nicht zu. Viele Thesen sind Behauptungen, die ich auch in den MainStream Medien wieder finde. Aber dazu hat ja jeder auch ein „Hirn“, eine eigene Biographie und kann NACHDENKEN.
    Imperiales Prinzip ist TEILE und HERRSCHE.
    Darüber sollten Sie mal tiefgründiger Nachden,
    sowohl historisch, ökonomisch. politisch im Allgemeinen, vielleicht auch ideologisch…

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