Der Terroranschlag von Hanau liegt nun vier Monate zurück, der Aufschrei, der in Folge des Anschlags durchs Land ging, ist schon wieder vergessen. Am Leben gehalten wird das Thema nahezu ausschließlich von jenen, denen der Anschlag galt, Migrantinnen und Migranten.
Das Hanau in der politischen Debatte und in den Medien keine Rolle mehr spielt, obwohl es der schlimmste rassistische Gewaltakt in Deutschland in diesem Jahrtausend war, ist kein Zufall. Hanau war ein kurzer Moment in einer kurzlebigen politischen Debatte, nur wenig später haben die Berichte über Corona den politischen Raum eingenommen. Die auf den ersten Blick verständliche Kurzlebigkeit von Debatten sorgt dabei jedoch für ein Problem, denn wenn von rechter Gewalt etwas im Gedächtnis bleibt, sind es die Täter und nicht die Betroffenen. Die Debatten, so sie denn Hanau thematisieren, richten sich auf das ideologische und politische Umfeld des Täters, die Fragen woher er an Waffen kam und warum er nicht schon früher gestoppt werden konnte. Nahezu ausschließlich migrantische Initiativen, Verbände und einige Antifagruppen, erinnern an die Toten.
Vergessen dagegen sind die Namen der Toten, die Namen derjenigen, die mit ihrem Leben dafür bezahlen mussten, dass sie nichts ins Bild eines Faschisten passen. Für die politische Linke muss es daher Aufgabe sein, eine politische Erinnerungskultur zu schaffen, die weder Vergeben noch Vergessen zulässt. Gleichberechtigt im Zentrum dieser Erinnerungskultur müssen Aufklärung der Tat, Verhinderung der Wiederholung einer solchen Tat und das Schaffen eines kollektiven Gedächtnisses stehen, welches die Toten und nicht die Mörder in den Mittelpunkt stellt.
Jedes Erinnern, welches den Mörder in den Mittelpunkt stellt, wirkt in seinen Kreisen als Anerkennung und schafft Rechtsaußen eine Heroisierung. Jedes Gedenken, dass die Toten ehrt, das verdeutlicht, dass Rassismus mordet, zeigt den Betroffenen von Rassismus dagegen, dass sie nicht allein sind, in ihrem Leid und ihrer Sorge vor einem Rechtsruck in diesem Land. Die Initiative 19. Februar, die sich dem Gedenken gewidmet hat, schreibt dazu: „Wir werden nicht zulassen, dass der 19. Februar 2020 unter den Teppich gekehrt wird – so wie die unzähligen rechten Morde zuvor. Und auch nicht, dass erneut Täter geschützt und ihre Gewalt verharmlost werden.“ Das Erinnern der Namen ist somit nicht nur ein Zeichen des Respekts gegenüber den Toten, ihren Familien und Freunden, sondern auch ein Zeichen gegen die Verharmlosung rechter Gewalt. In diesem Sinne sollten wir die Namen der Toten nennen und deutlich machen, dass wir uns rechter Hetze und Gewalt immer entgegenstellen und mit allen Kräften verhindern werden, dass sie noch mehr Opfer fordert.
Ferhat Unvar
Mercedes Kierpacz
Sedat Gürbüz
Gökhan Gültekin
Hamza Kurtović
Kaloyan Velkov
Vili Viorel Păun
Said Nesar Hashemi
Fatih Saraçoğlu
Wir werden euch nie vergessen!
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