Sicherheitsüberprüfungen in Italien und Malta durch den Verfassungsschutz von Schutzsuchenden sind eine rechtswidrige und systematische Vorverurteilung.
Schutzsuchende, die in den letzten Monaten aus dem Mittelmeer aus Seenot gerettet wurden, müssen ohnehin darum bangen, an Land gehen zu dürfen, um auf europäischem Boden ihr Asylersuchen stellen zu können. In einer Antwort der Bundesregierung auf unsere Kleine Anfrage wird deutlich, dass viele Schutzsuchende, die in Italien oder auf Malta ankommen, noch vor der Beantragung ihres Asylersuchens, einer Sicherheitsüberprüfung des Verfassungsschutzes durchlaufen mussten.
Und das Ergebnis: Die Sicherheitsbehörden legen immer häufiger Einspruch gegen die Aufnahme von Asylsuchenden ein. Die Behörden haben in dem Zeitraum von Ende April bis Oktober bei 323 Kontrollen in 47 Fällen Sicherheitsbedenken eingeräumt, darunter bei Menschen aus dem Sudan, Tschad, Senegal, Ghana, Marokko und Libyen. Im Zeitraum zwischen März 2018 und April 2019 waren es bei 324 Sicherheitsüberprüfungen 10 Fälle gewesen.
Die Sicherheitsüberprüfungen und Befragungen werden vom Bundesamt für Verfassungsschutz durchgeführt. Das ist ohnehin absolut skandalös, denn die gesammelten Personengrunddaten werden beim Verfassungsschutz gespeichert. Das Bundesinnenministerium rechtfertigt ihre Praxis und erklärt die Sicherheitsüberprüfungen seien „obligatorisch und eine Voraussetzung für die Zusage der Übernahme zur Durchführung eines Asylverfahrens“.
Das ist ein krasser Skandal, denn die Überprüfung ist vor allem eins: eine Vorverurteilung der Menschen. Der Einsatz des BfV ist meines Erachtens rechtswidrig, ebenso wie das Speichern der Personengrunddaten.
Mir stellt sich die Frage: Wie soll denn eine Person deren Daten aufgrund einer falschen Entscheidung in diesem Verfahren gespeichert werden jemals gegen diese Datenspeicherung vorgehen können?! Das wird nie möglich sein, da diese Person ja nicht mal eine Nachricht über die Speicherung der Daten erhält. Solch eine Vorverurteilung von Schutzsuchenden ist skandalös. Und der Einsatz des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Ausland ist grundsätzlich schon systemfremd.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf nur in Deutschland tätig werden und nur in ganz bestimmten Ausnahmen im Ausland, wenn die freiheitliche demokratische Grundordnung oder der Bestand oder die Sicherheit des Bundes betroffen sind. Diese Voraussetzungen sind bei aus Seenot geretteten Schutzsuchenden jedoch nicht erfüllt.
Es ist bezeichnend, dass die Bundesregierung behauptet, dass die Sicherheitsüberprüfungen unabhängig von dem Asylverfahren erfolgen würden. Denn das ist offensichtlich falsch. Diesen offensichtlichen Widerspruch haben wir mit unseren Kleinen Anfrage aufgedeckt, denn die Bundesregierung stützt die Rechtsgrundlage für das Tätigwerden des Bundesamtes für Verfassungsschutz auf die Dublin III VO, eine der zentralsten (!) Regelungen im Asylverfahren.
Schutzsuchende, die aus Ländern wie Libyen fliehen, um ihr Leben zu retten, finden sich beim ersten Kontakt mit den Behörden statt in Sicherheit und Schutz vor dem Krieg vor dem sie fliehen, der Willkür eines intransparenten Verfahrens ausgeliefert. Das muss sofort beendet werden!