Syriza hat die Wahl zwischen Bruch und Kapitulation

Griechenland steht vor einer Entscheidung historischen Ausmaßes: Wagt Syriza den Bruch mit allen bestehenden Verhältnissen oder kapituliert sie vor den EUropäischen Institutionen? Eins ist bereits jetzt klar: An der Lage Griechenlands gibt es nichts zu beschönigen. Das von der griechischen Regierung vorgelegte Papier hat wenig bis gar nichts mit einem guten und fairen Kompromiss zutun. Aber alle in Griechenland haben Angst, eine reale und tiefsitzende Angst vor dem Grexit.

Das Angebot das Tsipras vorgelegt hat, beinhaltet die meisten Punkte, die auch von den Institutionen (EU-Kommission, Internationaler Währungsfonds und Europäische Zentralbank) bereits vor Wochem efordert wurden. Eine Erhöhung der Mehrwersteuer bei Nahrung, Elektrizität, Hotels und Gastronomie auf 23 Prozent. Abschaffung der Steuervorteile für Inseln und die Anhebung des Renteneintrittsalter auf 67 Jahre, was faktisch einer Rentenkürzung gleich kommt. Zudem soll das gesamte griechische Tafelsilber unter den Auktionshammer: Flughäfen, die zwei größten Häfen, Wasserwerke und vieles mehr soll privatisiert werden. Einzige Lichtblicke des Packets sind eine Luxussteuer auf Yachten (ab 5 Metern) und die Senkung der Mehrwertsteuer auf Medikamente und Bücher, um ein halbes Prozent. Dafür würde Griechenland im Austausch 53 Milliarden Euro erhalten, welche fast genauso schnell wieder aus der Staatskasse verschwinden würden, denn die offenen Kredite müssten von der Regierung bedient werden. Diese Politik steht im krassen Widerspruch zum Referendum der vergangenen Woche, als 61Prozent der Menschen eben gegen ein fast wortgleiches Abkommen stimmten; das Referendum war kein Mandat noch schlimmere Bedingungen anzunehmen, sondern ein Auftrag, die Sparpolitik zu beenden. Noch ist keine Entscheidung gefallen, aber wir müssen bedenken: Die Abgeordneten von Syriza sind auch nur Menschen. Zumeist politisch unerfahren im ersten Mandat. Was passiert, sollten sie heute der Sparvorlage zustimmen? Wie sollen sie diese Niederlage in ihren Wahlkreisen erklären? Dies macht Mut, das kein Abgeordneter die Entscheidung auf die leichte Schulter nehmen wird.

Regierung hatte keinen Plan B

Seit Amtsantritt der sozialistischen Regierung hatt die Clique um Alexis Tsipras keinen alternativen Plan, als einen „fairen Kompromiss mit der Troika auszuhandeln.“ Stathis Kouvelakis, Mitglied im Zentralkomitee der Partei, kritisierte dies zurecht bereits vor zwei Monaten: „Der Verhandlungsweg ist gescheitert, jetzt brauchen wir einen Plan B. Doch Tsipras hat keinen!“ Wieso sollte es einen guten Deal zwischen zwei verschiedenen Klassen geben, wenn die eine gewollt ist mit allen Mitteln den Klassenkampf zu führen und die andere, die eigentlich die Erwerbstätigen verteidigen sollte, auf einen guten Deal aus ist? Die EU war bereits zu Beginn der Amtszeit Syrizas kein Konstrukt der Völkerverständigung und der arbeitenden Massen. Es ist ein Projekt wirtschaftlicher und politischer Eliten, um im internationalen Wettbewerb den möglichst größten Profit zu erzielen. Genau das sind auch die Ziele, die die EU in ihren Maastrichter- und Lissabonner Verträgen festgehalten hat.

Alexis Tsipras verteidigt mit seiner Position die letzten Überbleibsel des Eurokommunismus: „Ich bin ja kein Reformer, aber“ ist  die Maxime nach denen er handelt. Er will den revolutionären Bruch mit dem bestehenden nicht wagen, welcher Voraussetzung für ein Ende der Austerität ist. Stattdessen bleibt er im reformistischen Denkmuster verhaftet, nachdem es einen Kompromiss mit den Eliten EUropas geben kann. Leider vergisst er, dass alleine das Bestehen der linken Syriza Regierung eine Tatsache ist, mit der die EU-Eliten nicht leben können.

 

 

Linke Plattform in Syriza gegen ein Abkommen

Die Linke Plattform Syrizas stemmt sich mit aller Kraft gegen ein Abkommen mit EUropa. Panagiotis Lafazanis, ein Frontmann der Linken Plattform, lehnt den Vorschlag Tsipras‘ schlichtweg ab. Auch die heutige Sitzung der Syriza Fraktion blieb ohne ein Abstimmungsergebnis. Stathis Leoutsakos, Antonis Davanellos, Sophie Papadogiannis, Costas Lapavitsas und Thanassis Petrakos, zwei Mitglieder des Parlaments und drei des Zentralkomitees, schrieben einen Brief an Tsipras mit der dringenden Aufforderung, der Erpressung nicht nachzugeben. Der ehemalige Finanzminister Yanis Varoufakis soll sich stark gegen das Angebot geäußert haben, erklärt Stathis Kouvelakis. Kouvelakis geht davon aus, dass sich alle Minister der Linken Plattform bei einer Verabschiedung des Sparpaketes aus der Regierung zurückziehen werden. „Wir sollten uns auf den Austritt der Eurozone vorbereiten und das den Menschen klar sagen. Die Linke hat eine Zukunft, wenn sie ihre Flügel für das Unbekannte öffnet, anstatt für Nichtigkeiten. Diejenigen, die auf die Entscheidung bestehen, im Euro zu bleiben, egal was es kostet, wissen, dass dies ein Desaster ist. Wir müssen uns für den Austritt vorbereiten und uns für einen neuen Weg öffnen. Die ersten Schritte sind die öffentliche Kontrolle der Banken und der griechischen Zentralbank, und ein scharfes Vorgehen gegen die Oligarchie.“ Thanassis Petrakos, auch Mitglied der Linken Plattform, fordert wie Kouvelakis Vorbereitung auf einen Grexit. 

Mit den Sozialen Protesten im Rücken, hat Syriza den größtmöglichen Rückhalt für einen Bruch mit dem Kapitalismus

Die Bevölkerung Griechenlands hat in den Kämpfen der letzten Jahre eine riesige Entwicklung durchgemacht. Dutzende Generalstreiks und soziale Proteste, mit Syriza als Katalysator, haben dazu geführt, dass mitten in Europa eine sozialistische Partei die Regierung stellt. Doch statt eines revolutionären Bruchs mit den bestehenden Verhältnissen, folgte lange Zeit nur Verhandlung auf Verhandlung. So lies man etliche Gelegenheiten verstreichen, um die Oligarchie an die Kandare zu nehmen. Nun steht die Syriza-Regierung an einem Punkt, an dem soziale Proteste die Partei zwingen radikalere Positionen einzunehmen, als sie es von sich aus tun würden. Die Bewegung hat Teile der Partei im Bewusstsein überholt, das eine andere Welt möglich ist.

Scheitern von Syriza kann das aus für viele Linke Projekte sein

Sollte Syriza das Sparpaket annehmen, wird dies zu uneinschätzbaren Verwerfungen in der europäischen Parteienlandschaft führen. Syriza Wahlprogramm war nicht revolutionär oder radikal, trotzdem war es eine Kampfansage an die bestehenden Verhältnisse. Leider ist bis heute keiner der 40 Wahlprogramm-Punkte umgesetzt und die Menschen fragen sich: Warum? Die Verstaatlichung des Energiesektors und ehemaliger Staatsbetriebe blieb aus. Ebenso die Einführung der Reichensteuer. Syriza hat es auch versäumt, von Beginn an gegen massive Kapitalflucht vorzugehen, was sich heute rächt. Sollte Syriza gegen den Willen der 61 Prozent entscheiden, die gegen jegliches Spardiktat gestimmt hatten, öffnet dies den Weg für andere Parteien. Neben dem antikapitalistischen Bündnis Antarsya, dem wohl stärksten Faktor in der Oxi-Kampagne, ist es vor allem die Goldene Morgenröte, die nationalsozialistische Partei Griechenlands, die von einem Kompromiss profitieren würde. Denn sie waren die einzige Kraft im Parlament, neben den Regierungsparteien, die sich glaubhaft für ein Nein eingesetzt hatten. Jede andere Linke Alternative wäre auf dauer mit dem Hemmschuh der aktuellen Regierung geplagt, denn am Ende hätte auch Syriza die Wahlversprechen gebrochen. Dies bringt massive Folgen für die Glaubwürdigkeit der gesamten Linken Europas, aber insbesondere für Südeuropa, mit sich.

Grexit: Ein Schrecken mit Ende?

Ein Grexit ist nicht das Allheilmittel, denn ein solches Ausscheiden aus der Eurozone hätte für Griechenland in der aktuellen Situation ungewissen Folgen. Die griechische Regierung müsste sogenannte IOU Scheine ausgeben (I owe You – Ich schulde dir), die stellvertretend für zukünftige einnahmen stehen würden. Aufgrund des Zustandes der griechischen Wirtschaft wäre diese „Währung“ deutlich weniger Wert als der Euro. Doch um es zu einem Grexit der Arbeiterklasse zu machen, müssten politische und wirtschaftliche Reformen folgen: Vergesellschaftung der Industrie und Banken, Weigerung der weiteren Schuldentilgung, eine neue Währung, Beschlagnahmung von Kapital der Oligarchen und ein Investitionsprogramm. Die Bedingungen für einen Grexit hätten zugunsten der arbeitenden Bevölkerung längst verändert werden müssen. Hier hat der reformorientierte Teil Syrizas viel Zeit verstreichen lassen. Denn wenn Syriza gleichzeitig die Sparmaßnahmen ablehnt und keine Vorbereitungen trifft, wird die Eurozone alles daran setzen, den Grexit so schmerzhaft wie möglich zu gestalten. Es wird Zeit der herrschenden Elite klar zu machen: „Oxi. Wir zahlen nicht für eure Zeche!“

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3 Antworten

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