Linkswende jetzt hatte in den Tagen vor und nach der Wahl eine wöchentliche Reichweite von über 100.000 auf Facebook. Der Livestream von der „Demonstration gegen Schwarz-Blau“ nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnung ist 24 Stunden später schon von über 10.000 Personen angesehen worden. Das ist ein Mehrfaches unserer sonstigen Reichweite und wird hier nur erwähnt, um zu zeigen, wie groß das Bedürfnis nach Widerstand ist. Schließlich sind die Menschen, die eine solidarische Gesellschaft wollen, sich für Flüchtlinge einsetzen, Rassismus und die FPÖ hassen, nicht weniger geworden. Sie wurden allerdings bei dieser Wahl im Regen stehen gelassen.
Solidarität
Die erste Aufgabe ist also mittels Protesten gegen den Rechtsruck der solidarischen Haltung dieser Menschen eine Stimme zu verleihen. Natürlich bewirken große Proteste viel mehr als kleine Proteste, die sich auf die radikale Linke beschränken (auch wenn selbst diese sehr gut wahrgenommen werden). Das sollte selbstverständlich sein, ist es aber nicht.
Manche linke Aktivistinnen und Aktivisten gehen davon aus, dass Demonstrationen nicht groß werden können, weil die Masse angeblich nach rechts gegangen ist und die antirassistische Bewegung auf verlorenem Boden steht. Sie vergessen, dass zwei Drittel der Wählerinnen und Wähler (1,6 Millionen Menschen) Van der Bellens einen Hauptgrund nannten, ihn zu wählen – nämlich um Norbert Hofer zu verhindern. Sowieso vergessen werden jene Mitmenschen, die in Österreich gar nicht wählen dürfen, obwohl sie oft schon Jahrzehnte hier leben und arbeiten, in Wien ist das ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung – das Resultat der rassistischen Einwanderungsgesetzgebung Österreichs.
Rechtsruck von oben
Obwohl uns Politiker wie ÖVP-Chef Sebastian Kurz fast täglich vermittelt haben, dass die Stimmung gegenüber Flüchtlingen gekippt sei, ist das Gegenteil der Fall. „Im längerfristigen Zeitvergleich zeigt sich noch immer eine Aufhellung des Integrationsklimas“, kommt 2016 eine Studie seines Ministeriums zum Schluss. Eine gut vorbereitete Demonstration könnte riesig werden. Dazu müssen wir an Breite mit einem großen Spektrum von Organisationen gewinnen.
Oder umgekehrt argumentiert: Dem Rechtsruck nachzugeben wird die Rechten nur selbstbewusster machen und sie ignorieren können wir Linken nicht, wenn wir glaubwürdig sein und den vielen Menschen eine Perspektive geben wollen, die wegen des Rechtsrucks zu Recht zornig sind. Man muss sich vor Augen halten, dass beinahe alle Menschen, die die FPÖ nicht wählen, sie richtiggehend hassen. Die wollen Widerstand sehen und werden verzweifeln, wenn Widerstand ausbleibt.
Klassenkampf
Darüber hinaus wird der Rechtsruck aber harte Konsequenzen für die sozial Schwächeren und für die Arbeiterinnen und Arbeiter haben. Kurz dürfte gemeinsam mit der FPÖ radikale Einschnitte in den Sozialstaat planen. Die erste schwarz-blaue Regierung hat unter anderem Pensionen gekürzt, die Arbeitszeit verlängert und die Sozialversicherungen geschwächt. Die Koalition mit der SPÖ hat die ÖVP unter Kurz deshalb verlassen, weil die Einführung des 12-Stunden-Tags am Widerstand der Gewerkschaften gescheitert ist.
Wir erwarten, dass Schwarz-Blau den vom österreichischen Kapital lange schon ersehnten Befreiungsschlag gegen die Gewerkschaften führen will. Das können nur die Gewerkschaften selbst erfolgreich bekämpfen. Eine Protestbewegung kann das nicht, aber sie kann den Kristallisationspunkt bilden, um den herum sich verschiedenste Widerstandsinitiativen bilden.
Arbeiterklasse
Wir werden in nächster Zeit genügend Anlässe haben, wo wir mit unserer Bewegung die Gewerkschaften im Kampf gegen Sozialabbau unterstützen können. Natürlich werden Kurz und die FPÖ gezielt zuerst schwächere Gruppen angreifen: Arbeitslose, Pflegebedürftige, gefördertes Wohnen, Initiativen für sozial Bedürftige und für Flüchtlinge. Je schneller sich die Gewerkschaften in den Widerstand einschalten, desto besser werden sie gegen die kommenden großen Angriffe auf das Sozialsystem gewappnet sein. Wir müssen unsere Proteste gegen den Rechtsruck auf die Arbeiterinnen und Arbeiter orientieren, und so den bestmöglichen Beitrag zum Erstarken der Bewegung leisten, dann kommen wir auch zu einer neuen Linken, wie wir sie so dringend brauchen. Widerstand ist die beste Antwort auf Schwarz-Blau!
Ein Beitrag von Manfred Ecker, der in der Linkswende jetzt erschien