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Der Jemen stirbt und die Welt schweigt – Menschenrechte sind auch Widerstandsrechte

Die größte humanitäre Krise unsere Tage spielt sich seit drei Jahren im Jemen ab. Alle zehn Minuten stirbt dort ein Kind an Hunger oder vermeidbaren Krankheiten, Tausende sind der größten Cholera-Epidemie der letzten Jahrzehnte zum Opfer gefallen. Die Infrastruktur ist fast gänzlich zerstört oder zum Erliegen gekommen. Eine verbrecherische, von Saudi-Arabien verhängte umfassende Blockade hat dazu geführt, dass mittlerweile 7 Millionen Menschen im Jemen akut vom Hungertod bedroht sind. Fast drei Millionen Menschen sind aus Angst um ihr Leben auf der Flucht im eigenen Land. Ein Verlassen des Landes ist kaum möglich.

Das alles sind Folgen eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges, der hauptsächlich die Zivilbevölkerung trifft und der darauf ausgerichtet ist, das Selbstbestimmungsrecht der Jemenitischen Bevölkerung im Keime zu ersticken. Es ist ein Krieg, den die saudische Herrscherfamilie führt um den Jemen, den sie seit jeher als ihren Hinterhof verstanden hat, weiterhin als Vasallenstaat unter ihrer Kontrolle zu halten. Die bisher mehr als 10 000 getöteten Jemeniten nimmt sie dafür billigend in Kauf. Die UNO schlägt seit Monaten Alarm, denn das Morden ist für alle Welt offensichtlich. Doch aus den Mündern der Regierungen des „Westens“ ist nur ein Schweigen zu vernehmen.

Deutsche Mittäterschaft beim Morden im Jemen

Das Schweigen hat einen Grund. Denn Die Menschen im Jemen sind nicht nur Opfer der saudischen Herrscherfamilie, der weder Menschenleben noch Menschenrechte etwas wert sind, sondern auch Opfer der deutschen Politik. Mithilfe deutscher Patrouillenboote wird die verbrecherische Vollblockade des Jemens aufrechterhalten. Alleine in den letzten zehn Jahren haben deutsche Bundesregierungen Waffen und Kriegsgerät im Wert von fast 3,5 Milliarden Euro an die saudische Diktatur exportiert. Im Jahr 2015 waren es Waffen und andere Rüstungsgüter im Wert von 270 Millionen Euro, im Jahr 2016 sogar im Wert von 570 Millionen. Darunter Kampfflugzeuge, Hubschrauber, Munition und Patrouillenboote. Maschinengewehre der Marke Heckler & Koch sind ebensfalls im Einsatz gegen die jemenitischeZivilbevölkerung. Dank deutscher Unterstützung werden diese Waffen mittlerweile in Riad in Lizenz produziert. Als wäre das nicht zynisch genug, bezeichnet die Bundesregierung Saudi Arabien, trotz aller Verbrechen, als „Stabilitätsanker“ in der Region. Die Bundesregierung schweigt nicht nur zu diesen massiven, von Saudi-Arabien und seinen Verbündeten im Jemen begangenen Völkerrechtsbrüchen, sondern ist durch die exportierten Waffen Teil dieses Krieges und macht sich damit auch der Mittäterschaft schuldig.

Geostrategische Interessen

Auch die USA, Großbritannien und Frankreich sind aktiv an der Seite Saudi Arabiens involviert. Ihr Interesse gilt insbesondere der Kontrolle der Meerenge, die das Rote Meer und den Golf von Aden verbindet. Ein beträchtlicher Teil des weltweiten Transports von Rohstoffen, insbesondere Erdöl, verläuft durch eben diese Meerenge. Eine jemenitische Regierung, welche sich diesen Interessen widersetzt, kommt für die Profit gierenden beteiligten Akteure nicht in Frage. Hinzu kommt eine „Iranoia“ der saudischen Herrscherfamilie. Die Widerstandsbewegung gegen diesen Krieg wird hauptsächlich von Zaiditen im Jemen organisiert. Mindestens ein Drittel der Jemeniten hängt dieser Strömung innerhalb des schiitischen Islams an. In den letzten Jahrzehnten wurden sie mithilfe der Saudis im Jemen militärisch und ideologisch bekämpft. Ihre Marginalisierung aber auch ihr Widerstandsgeist und ihre soziale politische Agenda trugen innerhalb der jemenitischen Bevölkerung, unabhängig der Stammes-, Strömungs- und Religionszugehörigkeit, dazu bei, dass sie nicht nur große Glaubwürdigkeit genießen, sondern mittlerweile auch einen Großteil des Nordjemens regieren. Die Paranoia vor einem Erstarken der Schiiten, die seit Jahrzehnten die sunnitischen Königshäuser, allen voran das Saudische, dominiert, ist zugleich auch die Leitschnur ihres politischen Handelns. Die saudische Herrscherfamilie hat es geschafft, das Feindbild Iran auch auf den Jemen zu projizieren. Ihre verbreitete Propaganda, dass der Iran aktiv im Jemen an der Seite der zaiditischen Ansar Allah, hierzulande zumeist Huthis genannt, kämpfe, wird von ihren Bündnispartnern dankend angenommen und reproduziert. So werden die tatsächlichen Gründe für den Angriffskrieg verschleiert, der berechtigte Widerstandskampf der Jemeniten als Stellvertreterkrieg dargestellt und in Folge dessen delegitimiert. Dass die Zaiditen innerhalb der schiitischen Glaubensgemeinde der sunnitischen Ausrichtung am nächsten sind, wird unterschlagen. Dass es bisher auch keinen einzigen Beweis für eine militärische Einmischung des Iran auf Seiten der Zaiditen im Jemen gibt, ebenfalls.Hier bewahrheitet sich die Aussage: „Die Wahrheit stirbt im Krieg zuerst.“

Den Krieg beenden – Widerstandsrechte anerkennen

Die Menschen im Jemen haben das Recht darauf, ihre Angelegenheiten und Interessen ohne äußere Einmischung zu regeln. Die in der UN-Menschenrechtskonvention verbrieften Rechte sind universell. Eine Politik, die diese Rechte und das Selbstbestimmungsrecht der Völker mit Füßen tritt, bedarf des Widerstandes und provoziert auch den Widerstand. Menschenrechte beinhalten auch das Recht darauf, Widerstand zu leisten um diese zu erlangen oder zu verteidigen. Diese Kämpfe sind auch zugleich unsere Kämpfe. Denn letztlich sind es die Regierungen der Länder in denen wir leben, die diesen Widerstand zu brechen versuchen. Nicht nur im Jemen! Deshalb gilt es auch hier, deutlich Partei zu ergreifen. Es gilt, den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen, endlich die Waffenexporte zu beenden. Es gilt, darüber aufzuklären, was im Jemen geschieht und es gilt, internationale Solidarität zu organisieren. Der Kampf der jemenitischen Bevölkerung um ihre Freiheit, muss auch der unsere sein.

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2 Antworten

  1. Man muss nun aber auch die Frage stellen, in welchen Aktiengesellschaften denn Geld der Saudis steckt?
    Wo haben die sich in den letzten Jahrzehnten überall eingekauft?
    Was macht die Bundesregierung, wenn ein Hauptaktionär anruft und mit Abzug des Kapitals droht?
    Die deutsche Bundesregierung kann sich nicht leisten „Arbeitsplätze“ zu verlieren, zu bröckelig ist das Potemkinsche Gemälde des erfolgreichen Deutschlands.
    Für Kapitalinteressen wurden schon immer Humanität, Menschenwürde und Menschenleben geopfert.
    Da stellt sich die Frage warum es eigentlich keine Demonstrationen vor der Botschaft/dem Konsulat Saudi Arabiens gibt?

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