Holzweg Linksliberalismus – Linke zementiert Selbstzerstörungskurs mit Europawahl-Spitzenteam

DIE LINKE wird mit dem Spitzenteam bestehend aus Martin Schirdewan (Listenplatz 1), Carola Rackete (Listenplatz 2), Özlem Demirel (Listenplatz 3) und Gerhard Trabert (Listenplatz 4) in die Europawahl gehen – zumindest, wenn es nach den Parteivorsitzenden geht. In der Öffentlichkeit steht dieser von den Vorsitzenden diktierte Wahlvorschlag so nun schon mehr oder weniger als gesetzt da.

Sämtliche Tageszeitungen berichteten bereits. Brisant ist das vor allem da Martin Schirdewan sich so quasi schon selbst medienwirksam zum Spitzenkandidaten gekürt hat, obwohl eine Legitimation der Parteibasis noch gar nicht erfolgt ist – ein verdrehtes Verständnis von Basisdemokratie.

Schauen wir uns die Kandidaten im Detail, ohne Wertung der zweifelhaften „demokratischen“ Vorgänge innerhalb der Partei, einmal an, so wird schnell eines klar: Es geht letztlich nicht um die Köpfe, sondern um den politischen Kurs!

Kampfansage

Der Parteivorstand provoziert vor allem mit dem Wahlvorschlag von Carola Rackete als Spitzenkandidatin weiter offen die Parteispaltung. Die parteilose Umwelt- und Flüchtlingsaktivistin Rackete, die ankündigte auch im Falle des Einzugs ins Europaparlament kein Parteibuch anzunehmen, machte deutlich, dass sie auf Grundlage des Parteivorstandsbeschlusses kandidiere, den innerparteilichen Richtungsstreit zu klären und dass sich die Partei „personell, inhaltlich und strukturell verändern“ müsse. In den von der linksliberalen Spitzenkandidatin gewünschten personellen und inhaltlichen Veränderungen, wird für die Gruppe rund um die populäre Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht wohl kein Platz mehr sein.

„Grundlage meiner Entscheidung, auf der Liste der Linken zu kandidieren, war auch, dass der Parteivorstand beschlossen hat, den wichtigsten Richtungsstreit zu klären“

Carola Rackete

Ihre Kandidatur kann also als Kampfansage gegen den Wagenknecht-Flügel verstanden werden. Statt den Fokus auf die Kämpfe und die Bedürfnisse der Arbeiterklasse zu lenken, werden kleine aktivistische Minderheiten bedient. Statt einer ernsthaften Gegenmacht zur AfD aufzubauen, überlässt man ihnen weiter kampflos die vielfach enttäuschten und abgehängten Menschen im Lande und konzentriert sich erneut vergeblich darauf den Grünen die Stimmen vom Universitätscampus zu klauen.

Der ehemalige Parteivorsitzende Klaus Ernst kommentierte die Spitzenkandidatur treffend mit: „Statt sich um die Interessen der einfachen Menschen zu kümmern, stellen wir Themen in den Vorder-grund, die mit deren Lebenswirklichkeit kaum etwas zu tun haben.“ Er führte aus, dass DIE LINKE endlich aufhören müsse „grüner sein zu wollen, als die Grünen“.

Mit Martin Schirdewan und Özlem Demirel treten zwei Abgeordnete aus der aktuellen Europa-parlamentsfraktion der Linkspartei erneut an. Der aus dem Reformerflügel stammende Schirdewan könnte problemlos an die, in diesen Zeiten doch selten gewordenen, Vertreter der „linken“ Flügel aus SPD und Grünen anschließen. Seine Kapitalismuskritik beschränkt sich lediglich auf die Forderung nach höheren Steuern für Konzerne und Superreiche. Demirel füllt ihre Oppositionsrolle deutlich besser aus. Die Gewerkschafterin setzt sich konsequent für Frieden, Abrüstung, europäische Mindestsozialstandards, gute Löhne und Arbeitsbedingungen ein.

Der Mainzer Sozialmediziner Gerhard Trabert soll das „Kümmerer“-Image der Partei zurückbringen. Der 67-Jährige, der 2022 bereits auf Vorschlag der LINKEN für das Amt des Bundespräsidenten kandidierte, weiß durch seine Arbeit im In- und Ausland, was Armut ist. Auf fünf Kontinenten war er als Arzt bereits tätig. Einige Beispiele seiner Arbeit sind die „Ambulanz ohne Grenzen“, mit der seit 2013 nichtkrankenversicherte Menschen in Mainz medizinisch versorgt werden, seine Einsätze in von Naturkatastrophen getroffenen Regionen, wie in Haiti und Pakistan, oder seine Arbeitseinsätze in Flüchtlingscamps in Slowenien, Angola, Liberia, Libanon, Nordsyrien, Griechenland und Bosnien. Trabert und Demirel sind die Lichtblicke, eines insgesamt schwachen Spitzenteams.

Janine Wissler leitete die Vorstellung des Spitzenteams unter anderem mit den Worten ein, dass dies „unsere Alternative zum Einknicken vor den Rechten“ sei. Sie liegt hier falsch: Die Spitzenkandidatur Racketes und damit die weitere Entfernung von der Klasse, ist nämlich tatsächlich der Beitrag der Linkspartei zum fortlaufenden Erstarken der Rechten.

Ist das erneute Wahldebakel vorprogrammiert?

Kurz gesagt: JA! Der aktuelle Kurs der Parteiführung funktioniert nicht, doch sie verfolgen ihn blind weiter. Als einzige Oppositionspartei profitiert DIE LINKE nicht von der katastrophalen Ampel-Politik. Dabei gäbe es eigentlich ein Vakuum im deutschen Parteienspektrum, das durch eine konsequente soziale Oppositionspartei gefüllt werden kann.

Die AfD profitiert, auch wenn sie die sozialen Interessen der Bevölkerung in keiner Weise vertreten, von ihrer puren Verzweiflung. Es benötigt eine Partei, die glaubhaft für soziale Politik, gegen die massive Verarmung und für gute Löhne und Renten kämpft. Nur solch eine Partei kann dieses politische Vakuum füllen und so zum größten Alptraum der Rechten werden. Diese Partei ist jedoch nicht DIE LINKE und sie wird es auch nicht werden, zumindest mit dem aktuellen Kurs nicht, denn diese wird so schon bald endgültig in der Bedeutungslosigkeit verschwinden.

Während die Vorsitzenden der LINKEN neulich verkündeten, dass es keine Zukunft mit Wagenknecht geben wird, lacht sich Björn Höcke in Thüringen kaputt und bedankt sich für die freundliche Wahlkampfhilfe. Stellt man die verschiedenen Strategien gegenüber so stellt man fest, dass eine „Liste Wagenknecht“ in der Landtagswahl aktuell auf 25% kommen würde, damit stärkste Kraft wäre, während AfD auf 22% und LINKE auf 18% kommen. Im Vergleich: Ohne eine „Liste Wagenknecht“ sind es satte 32% bei der Höcke-AfD und 22% bei der regierenden Linkspartei (Stand: 13. Juli 2023; INSA für TA, OTZ, TLZ). Eine linke Oppositionspartei wird offensichtlich dankend angenommen.

Bei den Bundestagswahlen sind es 15% bei einer „Liste Wagenknecht“, die Linkspartei käme in diesem Szenario nur noch ungefähr auf 3% (31. Juli 2023; INSA für BILD). Würde man statt einer Neugründung, eine Kursänderung innerhalb der Linkspartei vornehmen, dann steigt der Umfragewerte von ca. 4,5% auf 12% (27. Juli 2023; WK). Die Anbiederung an SPD und Grüne, gepaart mit dem Glaubwürdigkeitsverlust durch die bestehenden Regierungsbeteiligungen, der Entfernung von der Arbeiterklasse hin zum Liberalismus und der fehlenden Konsequenz in der Oppositionshaltung sind die Totengräber der Linkspartei.

Das Spitzenteam zur Europawahl wirkt wie die letzte Bastion vor der endgültigen Selbstzerstörung. Gebildet aus zweien ohne Parteibuch, einem Parteivorsitzenden, der hauptsächlich durch strategische Fehler auf sich aufmerksam macht und nur einer engagierten Abgeordneten und Gewerkschafterin, die die Kernthemen der historischen Linken, die Brot-und-Friedens-Themen, aufrechterhält und konsequent in den Vordergrund stellt. So soll die Rettung der Linkspartei also aussehen – Ein Trauerspiel in mehreren Akten.

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