G20 – Gegen was richtet sich die Kritik?

Die G20 sind die Regierungen von zwanzig souveränen Staaten. Alle diese Staaten sind Demokratien. Es gibt eine Gewaltenteilung zwischen ausführender, gesetzgebender und rechtsprechender Gewalt. In allen diesen Staaten gibt es Parlamente, deren Mitglieder in geheimer und freier Wahl von der Bevölkerung gewählt werden. Die Mehrheitsparteien in diesen Parlamenten bilden die Regierung.

Es treffen sich also die Vertreter von zwanzig Regierungen, welche alle auf demokratischem Wege zustande gekommen sind. Diese Vertreter sprechen nun miteinander. Auch das ist im Rahmen der oben beschriebenen Ordnung völlig legitim.

Aber dennoch gibt es Protest. Die Politik dieser Regierungen wird kritisiert. Sie sei verantwortlich für eine Weltordnung, in der aus Machtinteressen Kriege geführt werden, die natürliche Umwelt zerstört wird und viele Menschen verhungern müssen, während andere Menschen immer reicher werden.

Aus moralischen Gründen ist diese perverse Weltordnung in aller Deutlichkeit zu kritisieren und den Kritikern ist in allen Punkten recht zu geben. Diese Weltordnung ist nicht anders zu bezeichnen als barbarisch.

Aber die Kritik darf sich nicht auf die moralische Verurteilung der politischen Inhalte beschränken. Wie oben beschrieben, wird diese Politik von demokratisch legitimierten Regierungen realisiert. Es ist also unumgänglich, die inhaltliche Kritik an dieser Politik mit der Form, in welcher diese Politik institutionalisiert ist, zu verbinden. Diese Form ist nichts anderes als das parlamentarische System im souveränen Nationalstaat. Dieses System ist verantwortlich für Hunger, Krieg und Elend in weiten Teilen unserer Welt.

Die Kritik an G20 muss also eine Kritik an der parlamentarischen Demokratie sein. Sie muss den Parlamentarismus entlarven als ein Herrschaftssystem, in welchem die Inhaber der großen Geldvermögen dazu in der Lage sind, alle wesentlichen politischen Entscheidungen zu ihren Gunsten zu treffen. Die Kritik muss ein Rechtssystem grundsätzlich in Frage stellen, in dem das Recht auf Eigentum das höchste Rechtsgut ist. Ein bürgerliches Recht, das sich stolz auf das römische Recht bezieht, also das Recht eines brutalen und mörderischen Imperiums, das ganze Völker unterjocht und hingemordet hat. Das Recht auf Eigentum war zuerst das Recht auf das Eigentum am Menschen, das Recht des Sklavenhalters auf das Eigentum am Sklaven.

Die Kritik an G20 muss auch den souveränen Nationalstaat darstellen als ein Produkt der Gewalt, aus Kriegen entstanden und Kriege führend. Alle Grenzen sind willkürlich. Es gibt für sie keine andere Legitimität als die Gewalt, – die Staatsgewalt.

Diese Staatsgewalt wird von ihren Inhabern, den demokratisch legitimierten Regierungen, nicht nur nach außen in Form von imperialen Angriffskriegen eingesetzt. Auch nach innen, gegen den inneren Feind, die Bevölkerung, kommt sie zum Einsatz. Nur eine gefügige Bevölkerung wird geduldet. Sie darf in regelmäßig stattfindenden Wahlen die bestehenden Verhältnisse legitimieren. Eine Änderung dieser Verhältnisse ist auf diesem Wege völlig unmöglich. Widerstand von Seiten der Bevölkerung wird wenn nötig mit Gewalt bekämpft. Die Beispiele aus der Geschichte füllen ganze Bibliotheken.

Die Kritik an G20 muss im Wesentlichen eine Kritik an der Funktionsweise des kapitalistischen Wirtschaftssystems sein. Dieses Wirtschaftssystem ist aber mit dem parlamentarischen System durch und durch verwoben. Die beiden Systeme bilden eine Einheit. Das parlamentarische System bildet den Rahmen für das Funktionieren der kapitalistischen Wirtschaft. Wenn also völlig zu Recht das kapitalistische Ausbeutungssystem kritisiert wird, dann muss gleichzeitig das politische System des Parlamentarismus grundsätzlich in Frage gestellt werden.

Wie kann also ein Widerstand, der alle diese oben genannten Punkte zum Inhalt hat, wirksam werden gegen eine entschlossene Staatsgewalt? Er kann es, wenn er echter Widerstand ist. Wenn er das System als antidemokratisch entlarvt und ausspricht, dass Demokratie nicht in einem parlamentarischen System zur Wirklichkeit kommen kann. Demokratie kann dann Wirklichkeit werden, wenn die Menschen in der Lage sind, die wesentlichen Entscheidungen über ihr eigenes Leben selbst zu treffen. Wo die Menschen jeden Tag miteinander umgehen, am Arbeitsplatz, in der Gemeinde, im Stadtteil, dort treffen sie selbst miteinander die für sie wichtigen Entscheidungen. Von dieser Wirklichkeit sind wir weit entfernt, aber allein sie verdient es, als demokratisch bezeichnet zu werden.

Ein Gastbeitrag von Patrick Münch, Mitglied im Rosa Luxemburg Club Essen.

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3 Antworten

  1. Lieber Autor, im Header erklärst du, dass „all diese Staaten Demokratien seien“. Das ist z.B. bei Saudi-Arabien und der Volkskrepublik China nicht der Fall. Bitte überprüfe deine Artikel auf Richtigkeit der Fakten!

  2. Ja, richtig. Danke für den Hinweis. Korrekt ist: Fast alle diese Staaten sind Demokratien. Das Argument bleibt davon aber unberührt: Das parlamentarische System ist Teil des Problems!

  3. „Demokratie kann dann Wirklichkeit werden, wenn die Menschen in der Lage sind, die wesentlichen Entscheidungen über ihr eigenes Leben selbst zu treffen. Wo die Menschen jeden Tag miteinander umgehen, am Arbeitsplatz, in der Gemeinde, im Stadtteil, dort treffen sie selbst miteinander die für sie wichtigen Entscheidungen.“

    Bis die ersten Kommunen dann Steuern senken, Sozialausgaben kürzen oder keine Flüchtlinge mehr aufnehmen wollen. Dann ist auch die direkte Demokratie plötzlich böse, „kapitalistisch“ und eh alles Nazis.

    Habt ihr außer der These, die parlamentarische Demokratie sei die Wurzel aller Armut, Kriege und Hunger nichts zu bieten?

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