Die Zeit der neoliberalen Rechten in Argentinien ist vorbei!

Am 10. Dezember hat Argentiniens neuer Präsident, der Peronist Alberto Fernández, offiziell sein Amt angetreten. Die Präsidentschaft des Linksperonisten, dessen Vizepräsidentin die ehemalige Amtsinhaberin Christina Fernández de Kirchner ist, verspricht ein Ende der autoritären, neoliberalen Austeritätspolitik seines Vorgängers, Mauricio Macri.

In seiner Antrittsrede versprach Fernández, Argentinien wieder aufrichten zu wollen. Dieses Vorhaben dürfte jedoch angesichts der anhaltenden wirtschaftlichen Probleme sowie den negativen Auswirkungen der Sparpolitik der Regierung Macri ein schwieriges Unterfangen sein. Nach vier Jahren neoliberaler Wirtschaftspolitik ist in Argentinien die Arbeitslosigkeit hoch, die Wirtschaftskraft niedrig und der Peso massiv entwertet. Daneben hat die Armut drastisch zugenommen und das Land ist nach wie vor hoch verschuldet. Die Gesellschaft ist selbst für argentinische Verhältnisse hochgradig polarisiert: Während Fernández von den einen als Retter in der Not gefeiert wird, sehen die anderen die Rückkehr der Peronisten an die Macht als Zeichen für die Unbelehrbarkeit des argentinischen Volkes. Das die Vizepräsidentin Kirchner derzeit vor Gericht steht, hilft dabei wenig.

Im Folgenden sind die wichtigsten Eckpunkte der Antrittsrede Alberto Fernández` kurz zusammengefasst. Was verspricht Argentinien neuer Präsident?

Wirtschafts- und Sozialpolitik

Angesichts der wirtschaftlichen Notlage zahlreicher Menschen verkündete Fernández in seiner Antrittsrede einige Sofortmaßnahmen: Dazu gehören der „Plan Integral Argentina contra el Hambre“, ein Programm zur Bekämpfung von existentieller Armut und Hunger sowie Maßnahmen gegen die hohe Arbeitslosigkeit. Die Jugendarbeitslosigkeit soll durch das Recht auf eine erste Ausbildungs- beziehungsweise Arbeitsstelle bekämpft werden. Darüber hinaus verspricht Fernández ein staatliches Stipendienprogramm, dass es jungen Menschen unabhängig von ihrem Einkommen ermöglichen soll, sich weiterzubilden. Zusätzlich soll die argentinische Wirtschaft langfristig durch das „Proyecto Nacional de Desarollo“ gestärkt werden. Der neue Präsident versprach eine Abkehr von der Spar- und Kürzungspolitik und will mit Investitionsprogrammen die Wirtschaft ankurbeln. Durch eine Verbesserung der nationalen Infrastruktur und eine Dezentralisierung der Verwaltung soll die Basis für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung gelegt sowie die Diskrepanz zwischen der Hauptstadt Buenos Aires und den Provinzen überwunden werden. Im Rahmen der „Acu- erdos Básicos de Solidaridad en la Emergencia“ soll es außerdem zu einer Absicherung von Preisen und Löhnen kommen, um auf diese Weise die ökonomische Unsicherheit zu beenden.

Gegenüber dem Internationalen Währungsfonds, der auf einer Rückzahlung der Kredite beharrt, schlug Fernández versöhnliche Töne an und versicherte die grundsätzliche Zahlungswilligkeit seiner Administration. Gleichzeitig betonte er jedoch, dass eine Rückzahlung nur dann möglich sei, wenn die argentinische Wirtschaft dies auch vertragen könne.

Innen- und Sicherheitspolitik

Alberto Fernández betonte in seiner Rede mehrmals die Bedeutung der Menschenrechte für die argentinische Demokratie und damit auch für seine Administration. Er versprach, die Aushöhlung der Justiz durch die Politik zu beenden und eine eine umfassende, nationale Justizreform einzuleiten, die nicht nur eine Erhöhung der Transparenz, sondern auch eine Fokussierung auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Korruption zum Ziel haben soll. Aus diesem Grund soll es laut Fernández auch zu einer grundlegenden Transformation der „Agencia Federal de Intelegencia“, des argentinischen Geheimdienstes, kommen. Insgesamt sollen die von der Regierung Macri vorgenommenen Stärkungen der Sicherheitskräfte zurückgenommen werden. Die dadurch freigesetzten Mittel möchte Fernández stattdessen in die genannten wirtschaftlichen Notmaßnahmen investieren.

Außenpolitik

Argentinien soll laut Alberto Fernández auch international für Menschenrechte, Frieden und Gerechtigkeit einstehen, vor allem innerhalb Lateinamerikas. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger bekannte sich Fernández in seiner Rede zu MERCOSUR und versprach eine Verbesserung der Beziehungen Argentiniens zu seinen lateinamerikanischen Nachbarn. Trotz aller politischen Differenzen zeigte sich Fernández beim Amtsantritt bereit für eine verstärkte Zusammenarbeit mit Brasilien. Darüber hinaus bekräftigte auch seine Administration den Anspruch Argentiniens auf die unter britischer Herrschaft stehenden Falkland/Malvinen-Inseln.

Bildungspolitik

Das Bildungssystem Argentinien soll Fernández zu Folge reformiert werden, um so einerseits besser auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts reagieren zu können und andererseits mehr ge- sellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Er versprach unter anderem die Einführung einer allgemeinen Vorschule sowie Investitionen in den Primar- und Sekundarbereich. Im Rahmen eines „Pacto Educativo Nacional“ soll das gesamte Bildungssystem gestärkt werden.

Umweltpolitik

Das Pariser Abkommen stellt die Grundlage der Umwelt- und Klimapolitik der neuen Regierung dar. Fernandez versprach mehr Maßnahmen zum Schutz der Natur und eine Politik, die auf ökologisch nachhaltige gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung abzielt.

Für die politische Linke in Argentinien, aber auch im Ausland, ist die Wahl Alberto Fernández ein gutes Zeichen: Die Zeit der neoliberalen Rechten in Argentinien ist vorbei. Die Rückkehr progressiver Kräfte in die Casa Rosada macht Hoffnung auf eine politische Wende in anderen Staaten Lateinamerikas, allen voran Chile und Brasilien. Sein in der Antrittsrede skizziertes Programm stellt eine klare Abkehr von der neoliberalen Kürzungspolitik dar. Eine positive wirtschaftliche Entwicklung und ein Ende der Massenarmut scheinen möglich. Gleichzeitig hängt der Erfolg dieser Maßnahmen stark von globalen wirtschaftlichen Entwicklungen ab, auf die seine Administration selbstverständlich keinen Einfluss hat. Ob es ihm tatsächlich gelingt, einen ökonomischen Erholungsprozess anzustoßen, bleibt daher fraglich. Die Aufgabe der Linken ist es nun, seine Administration kritisch-solidarisch zu unterstützen und genau zu beobachten. Eine Rückkehr der neoliberalen Rechten muss unbedingt verhindert werden.


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