Die Grünen. Die neue Partei des Kapitals

Die Grünen haben in ihrer vierzigjährigen Geschichte drei unterschiedliche Phasen ihres Parteidaseins durchlaufen. In ihrem ersten knappen Jahrzehnt waren sie eine linke, rebellische, sich auf soziale Bewegungen beziehende Partei, die sehr viele Elemente im bürgerlichen und parlamentarischen Politikbetrieb aufgemischt hat, die aber vor allem mit Ökologie, Klima- und Umweltzerstörung ein neues Jahrhundertthema gesetzt hat.


Mit ihrem «Umbauprogramm» von 1986 verwandelten sich die Grünen in eine reformerische, überwiegend der SPD Konkurrenz machende Partei, die zuerst auf kommunaler Ebene, spätestens aber mit dem Kosovokrieg auch auf Bundesebene keine grundsätzliche Kritik am Kapitalismus mehr vollzogen hat und vollziehen wollte. Der Höhepunkt dieser Entwicklung war die gemeinsame Regierung mit der SPD von 1998 bis 2002 und dem dann folgenden Kollaps im Rahmen der Agenda-2010-Politik 2003–2005.
Danach begann eine Phase des Umdenkens, die heute ihren Abschluss findet. Die Grünen unserer Tage sind eine komplett bürgerliche, kapitalismuskompatible Partei, die sämtliche Unberechenbarkeiten und linke Phantasien abgeschliffen hat. Im Gegenteil, die Grünen haben als ihr Erfolgsrezept auserkoren, sich gegenüber den von Krisen und personellem Verschleiß geplagten Konkurrenzparteien im bürgerlichen Lager als die Partei zu inszenieren, die den Kapitalismus mehr als alle anderen Parteien liebt. Sie organisieren Wahlkämpfe als hippe, partyfeiernde Individualistenvereinigung, die im System der kapitalistischen Ausbeutung ein hoffnungsvolles Gesellschaftsmodell sieht. Ihre alte Rolle als Nörglerin, Bedenkenträgerin oder gar Verbotspartei haben sie abgelegt.


Dabei waren die Grünen bei allen letzten Wahlen sehr erfolgreich. Sie haben sich nicht nur als prokapitalistische Alternative zu den dumpfen, rechten Schmuddelkindern vom Stil der AfD aufbauen können, sie konnten auch ihre reale Verstrickung in die Hartz-IV- und Agenda-2010-Politik, ihre militaristische Orientierung auf NATO und «Menschenrechtskriege», ihre Zustimmung zu ökologischen Verbrechen wie der Abholzung des Hambacher Forstes, der Elbvertiefung, dem Flughafenausbau u.a., wie auch ihre prinzipienlose Machtgeilheit, die bei den Jamaika-Verhandlungen zum Vorschein (und Misserfolg) kam, aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängen.


Heute sind die Grünen zu beliebigen Koalitionen bereit, wenn sie ihrem eigenen Fortkommen dienen und den Kapitalismus nicht in Frage stellen.
Diese neue Haltung der Grünen wird honoriert. Sie sind von der gesellschaftlichen Elite, den Kapitalverbänden und deren Thinktanks als einer der ihren anerkannt. Mehrere Spitzenleute der Grünen konnten in den letzten Monaten problemlos in gut bezahlte Posten bei Unternehmerverbänden und privaten Unternehmen wechseln. Die Grünen erhalten heute proportional zur Parteigröße mehr Unternehmensspenden als die SPD. Sie erfreuen sich seit Monaten eines regen Mitgliederzustroms, der überwiegend aus dem Milieu der Besserverdienenden stammt.
Laut Umfragen benutzen AnhängerInnen der Grünen am meisten von allen Parteien das Flugzeug und fahren die PS-stärksten Automobile. Seit ein paar Jahren haben sowohl die Wähler- als auch die Parteibasis der Grünen das höchste für privaten Konsum verfügbare Pro-Kopf-Einkommen.
Die Grünen sind eine Partei der Besserverdienenden geworden, die in linken, gesellschaftspolitischen Strategien keine privilegierte Rolle mehr spielt und spielen sollte.

Dieser Artikel erschien in der SoZ-Sozialistische Zeitung von Thies Gleiss.

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