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Der rassistische Front National polarisiert Frankreich

Die rassistische Marie Le Pen, Vorsitzende des Front National (FN) in Frankreich, erreicht nicht nur in der Grande Nation ein immer breiteres Publikum: Mit 32 Prozent führt die nationalistische Partei die Umfragen für die kommenden Départementswahlen an. Popstar Madonna würde sich gerne mit Marine Le Pen auf einen Drink treffen und die Aufforderung Le Pens an den schwedischen Fußballspieler Zlatan Ibrahimovic, er möge doch Frankreich verlassen, wenn er es als „Scheißland“ bezeichne, stieß auf breiten Applaus.

Die Départementswahlen Frankreichs kann man mit den Wahlen zu Kreistagen in Deutschland vergleichen und in mehr als 100 wird nun neu gewählt. Bisher fehlte den Rassisten die Verankerung in der Fläche und die Partei hatte Probleme ausreichend KandidatInnen zu finden, doch bei den jetzt anstehenden Wahlen stellt der FN mit 7.500 KandidatInnen dreimal so viele Personen auf, wie bei den vergangenen Kreiswahlen. Die Partei des ehemaligen französischen Premiers Sarkozy (UMP) kommt, wie die regierende sozialdemokratische Partei PS, auf ca. 20 – 25 Prozent.  „Es sind nur Départementswahlen“, werden sich viele Franzosen denken, denn mit 54 Prozent ist die prognostizierte Wahlbeteiligung ähnlich gering wie zu den Europawahlen. Eine absolute Mehrheit in den Regionalparlamenten wird der Front National wohl trotzdem nicht erzielen: Durch das Mehrheitswahlrecht verteilen sich die Stimmen zwischen der ersten und zweiten Wahlrunde noch einmal auf verschiedene Lager. Bisher hat es der Front National nicht geschafft, die Wähler anderer Parteien in der zweiten Runde auf ihre Seite zu ziehen. Lediglich in vier Kreisen könnte die FN eine absolute Mehrheit erringen: Aisne (Laon), Pas-de-Calais (Arras), Var (Toulon) und Vaucluse (Avignon).

Rassismus ist das hässliche Gesicht des Front National

Der Rassismus dem die u.a. vier Millionen in Frankreich lebenden MuslimInnen ausgesetzt sind, ist allgegenwärtig. So führt beispielweise der französische Autor Michel Houellebecq derzeit mit seinem Roman „Unterwerfung“ die Bestsellerlisten an. Darin beschreibt er, wie 2022 eine muslimische Partei die Stichwahl um das Präsidentenamt gewinnt und die französische Gesellschaft Stück für Stück unterjocht. Er schürt mit dieser absurden und an der Realität vorbeigehenden Fiktion ganz gezielt Angst und Vorurteile in der Bevölkerung. In dieselbe Kerbe wie Houellebecq schlägt auch der FN: „Rassismus, Antisemitismus, Homophobie: Die Kandidaten des FN ohne Maske“ titelt das französische Wochemagazin L’Obs. Doch der Rassismus des FN macht vor nichts Halt: So postete z.B. der FN Kandidat Jean-François Etienne auf seinem Facebookprofil Fotos von afrikanischen Flüchtlingsboten mit dem Kommentar: „ein oder zwei dieser Abfallschiffe zu versenken“ – extremer Rassismus, der in Frankreich zur Partei mit den höchsten Umfragewerten gehört. Wer glaubt dies wäre ein Einzelfall täuscht, denn kaum waren die rassistischen Äußerungen des Kandidaten bekannt, kamen durch das Magazin L’Obs weitere ans Licht.Unter weiter noch: Unter Mitgliedern des Front National ist der Antisemitismus deutlich stärker ausgeprägt als in Frankreich üblich: 53 Prozent der FN-Wähler würden einen jüdischen Präsidenten nicht wählen und 22 Prozent wünschen sich keine JüdIn zur Nachbarin. In ihrem Programm titelt die Partei, sie wolle die „französische Identität, Tradition und Souveränität“ erhalten und sei daher eine patriotisch-nationale Partei. Dies bedeute für sie in erster Linie, die Bevorzugung von FranzösInnen bei sozialen Leistungen, Arbeitsplätzen und anderen Fragen. Eine Losung, die typisch für nationalistische und rassistische Parteien ist. „Der Islam“ ist und bleibt allerdings der Hauptfeind des FN gegen den auch schwere rhetorische Geschütze aufgefahren werden: „Es gibt zwar keine Panzer und keine Soldaten, aber eine Besatzung ist es trotzdem“, erklärte die Parteichefin Le Pen 2014, über Muslime in Frankreich. Nach den Pariser Attentaten zu Beginn des Jahres sah sich Le Pen bestätigt und schürt weiter Angst gegen Muslime. Daher ist es nicht verwunderlich, dass der FN ein Verbot von Kopftüchern in der Öffentlichkeit verlangt, ebenso wie ein faktisches Verbot für den Bau von Moscheen.

Das Programm der FN

Die Rechtspopulisten bedienen nicht nur nationalistischer Themen, sie versuchen auch mit einer Anti-Austaritätspolitik, linke WählerInnen einzufangen und gleichzeitig Frankreich gegen Deutschland in Stellung zu bringen: Die Ausrichtung der eigenen Marktwirtschaft habe zunächst französischen StaatsbürgerInnen zu dienen und die bisherige Fiskal-Politik der EU habe nur Deutschland geholfen. Daher sollen nach ihrem Wahlprogramm Schutzzölle erhoben werden, Frankreich aus dem Euro austreten und Banken, Rüstungsindustrie und andere Industriezweige verstaatlicht werden. Gleichzeitig versucht die Partei in ehemals klassisch linke Zentren vorzudringen und wirbt massiv in Industriezentren, gegen den Willen der dortigen Gewerkschaften.

Schwäche der Linksfront

Die Front de Gauche, das Wahlbündnis in dem auch die Schwesterpartei der LINKEN in Frankreich Parti de gauche Mitglied ist, schwächelt indes seit geraumer Zeit: Sie kommt in aktuellen Umfragen auf lediglich sieben Prozent. Lichtblick bei der vergangenen Wahl zur Nationalversammlung war noch Jean-Luc Mélenchon: Er hatte Marie Le Pen und dem FN den Kampf angesagt und kandidierte in Pas-de-Calais, der sogenannten Wiege der französischen Arbeiterbewegung, offensiv gegen sie. Die Region ist geprägt durch den Bergbau. In der heutigen Zeit jedoch, in der Kohle nicht mehr als zukunftsweisend angesehen wird und zudem billig eingekauft werden kann, geht es wirtschaftlich in der Region den Bach herunter. Heute sind ca. 20 Prozent der Bevölkerung in der Region arbeitslos. Anlass für den FN sich hier mit nationalistischen Parolen einzunisten.

Seit Jahren gilt die Stadt als Hochburg des Front National. Trotzdem schaffen es Mélenchon 2012 23 Prozent der Stimmen auf sich zu vereinigen, ein Achtungserfolg.Insgesamt war das Ergebnis der Linksfront jedoch bescheiden – und schlimmer noch: Die Schwäche der Linksfront ist zugleich die Stärke des Front National.

In einer Umfrage des Instituts IFOP erklärten 50 Prozent der ArbeiterInnen, sich einen Wahlsieg des FN zu wünschen. Nicht wenige sind durch den Kurs der aktuellen Regierung Hollandes enttäuscht und könnten daher anstelle linker Kräfte bei der kommenden Wahl rechts wählen. Hier hätte sich das Wahlbündnis aus Parti de gauche und Parti communiste français deutlich klarer positionieren können: Mit einem klareren Bekenntnis gegen jeglichen Rassismus und einer stärkeren Positionierung gegen Merkels Europa.

Front National und die AfD

Front National und der AfD haben einiges gemein. Beide wollen den Euro abschaffen und die nationalen Märkte stärken. Doch wo das AfD Programm wirtschaftsliberal ist, schlägt der Front National eine protektionistische Rhetorik an. Gleich sind sie sich jedoch im Familienbild: Ein viktorianisches Familienbild schwebt beiden vor, die „klassische Familie“. Diese gilt als schützenswert und sollte gegenüber anderen Formen der Lebensführung bevorteilt werden. Wo der Ausländerhass und Rassismus des Front National offen im Programm steht, ist er bei der AfD häufig nur latent enthalten. Statt einer allgemeinen Ablehnung von MigrantInnen macht die AfD eine menschenverachtende Kosten-Nutzen Rechnung auf. Dennnoch: die Parteien ähneln einander sehr und wir können sicher einige Lehren aus dem antirassistischen Wahlkampf Mélenchons gegen den FN auch für den Kampf gegen die AfD ziehen. Hierfür bedarf es jedoch einer gezielten Auswertung, die an dieser Stelle nicht geleistet werden kann.

Abschließend bleibt zu festzuhalten: Ende dieser Woche, am 22. März, wird es in Frankreich voraussichtlich einen Rechtsruck geben, welcher allerdings durch das Mehrheitswahlsystem gebremst werden wird. Wenn sich die Politik der regierenden SozialistInnen nicht drastisch ändert und der Druck der Front de Gauche nicht zunimmt, könnte es nicht der letzte Erfolg für die rassistische Politik des FN sein und Europa wird weiter polarisiert.

Der Artikel erschien zunächst auf DIE LINKE.NRW

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