By Olaf Kosinsky, Wikimedia Commons, licensed under CC-BY-SA-3.0 DE (edit by Jakob Reimann).

Daniela Ludwigs Alibi-Prävention

Es ist der Drogenbeauftragten Daniela Ludwig sehr wichtig, im Zusammenhang mit Cannabis immer auf die Gefahren für Jugendliche und die Bedeutung von Prävention hinzuweisen. Ende September gab sie per Pressemitteilung die Förderung des Projekts „FriDA“ durch das Bundesgesundheitsministerium bekannt, bei dem Familien mit problematisch konsumierenden Jugendlichen beraten werden. Ende Oktober startete dann die angekündigte Social-Media-Kampagne „Mach dich Schlau“ zur Cannabisprävention bei Jugendlichen.

Doch was können Aktionen wie diese für die Sucht- und Präventionsarbeit in Deutschland wirklich leisten? Worauf kommt es bei der nachhaltigen Stärkung der Beratungsstellen an und was brauchen die dort Beschäftigten wirklich?

Beispiel 1: „FriDA“

„Das Bundesgesundheitsministerium fördert das Projekt „FriDA“ (Frühintervention bei Drogenmissbrauch in der Adoleszenz) mit 123.965 Euro. Ziel des Projektes ist es, den Zugang von minderjährigen Cannabiskonsumierenden in die ambulante Suchthilfe zu verbessern”, so die Drogenbeauftragte Daniela Ludwig in ihrer Pressemitteilung.

Bis März 2023 soll das auf “eine Stärkung der Vernetzung von Suchthilfe, Jugendhilfe und Schule” ausgerichtete FriDA-Beratungskonzept in zwölf Einrichtungen der ambulanten Suchthilfe eingesetzt und evaluiert werden. Bei zwölf Einrichtungen sind das also etwas über 10.000 Euro für einen Zeitraum von drei Jahren. Ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts der oft in finanziellen Schwierigkeiten steckenden Suchtberatungsstellen.

Beispiel 2: „Mach dich schlau”

Online-Präventionsarbeit mit Influencern scheint richtig, um gerade jüngere Menschen zu erreichen. Theoretisch also eine gute Idee, mit welcher die Drogenbeauftragte an die jugendliche Zielgruppe herantreten wollte. In der praktischen Ausführung kann dies aber auch fragwürdig und fachlich falsch sein, wie Dr. Dirk Kratz, Geschäftsführer vom Therapieverbund Ludwigsmühle bei „Freiheit ohne Druck“ ausführt. In seiner Analyse der aktuellen Präventionskampagne der Drogenbeauftragten geht er sowohl auf inhaltliche Aspekte als auch auf die Vermengung von Social Media, themenfremden Influencern und Suchtberatung ein.

„Sehr enttäuscht”

Als Suchtberater zeigt sich Kratz enttäuscht angesichts des altbekannten „Hammers“:

„Wenn man kifft ist man doof, also muss man sich schlau machen, damit man eben nicht doof ist.“

Eine Stigmatisierung, die in der heutigen Suchtprävention eigentlich nichts mehr zu suchen hat. Auch sein Kollege Marc Hasselbach hat Kritik: Keine wirklichen Experten aus der Suchthilfe, keine Klarheit über die eigentliche Zielgruppe, insgesamt wirkt es wie alter Wein in neuen Schläuchen. Mehr als fragwürdig für Kratz: Eine Ärztin ohne suchtmedizinischen Hintergrund bietet ihre Hilfe in den privaten Nachrichten auf Instagram an. Ob das legitim ist, fragt sich Kratz in der Instagram-Story von „Freiheit ohne Druck” am 4. November angesichts der Unterfinanzierung deutscher Suchtberatungsstellen, die immer öfter geschlossen werden und digital nicht fit sind, da die öffentlichen Förderungen nicht ausreichen. Diese bestehenden Strukturen werden vernachlässigt und sind in ihrer Existenz bedroht, obwohl gerade diese vor Ort viel zu Cannabis machen und deshalb so wichtig sind.

Ein mit 100.000 Euro ebenfalls überschaubares Budget für eine Social-Media-Kampagne, in welcher fachfremde und bezahlte Influencer Suchtberatung in Instagram-Stories suggerieren, scheint aber vorhanden zu sein. Auch wenn die Influencer im Detail auf die BzGA verweisen, erscheint es durchaus fragwürdig, wenn unglaubwürdige Personen Suchtpräventionskenntnisse suggerieren und stigmatisierende Inhalte präsentieren.

Daniela Ludwig hat bis zum Ende der Legislaturperiode noch Zeit, sich um besser geeignete Aufklärungsarbeit, um die finanzielle Sicherung von nachhaltigen Präventionsprojekten und die Erhaltung kommunaler Suchtberatungsstellen zu kümmern. Es ist gut, dass sie als Schirmherrin beim bundesweiten „Aktionstag Suchtberatung“ auftritt. Noch besser wäre es, wenn sie die porösen drogenpolitischen Säulen der Prävention und Beratung auch wirklich nachhaltig stärken und sich entschieden für millionenschwere Förderungen für die Arbeit in den Kommunen einsetzen würde, damit solche aus der Not geborenen Aktionstage überhaupt nicht erst stattfinden müssen.

Dieser Artikel von Sascha Waterkotte von der PR-Abteilung des Deutschen Hanfverbands erschien zuerst hier auf den Seiten des DHV.

Hier könnt ihr euch unser Interview mit Georg Wurth, dem Vorsitzenden des DHV ansehen:

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Eine Antwort

  1. Wenn man sich den fachlichen Hintergrund der letzten Drogenbeauftragtinnen ansieht, kann man nur Schlimmes vermuten. Dort herrscht nämlich ein Vakuum. Offensichtlich ist das ein Versorgungsposten für treu dienende Parteisoldatinnen. Ganz klar: Hier muss jemand her, der sich mit Drogen und Sucht auskennt, Ahnung von der Struktur und Organisation der Suchtselbsthilfe hat (die ehrenamtlich und fast im Verborgenen hervorragende Arbeit für zahlreiche Abhängige bei Wahrung ihrer Anonymität leistet), der nicht bloß den Allerweltsbegriff der Prävention kennt und der die Selbsthilfegruppen finanziell und materiell unterstützt. Denn vorwiegend diese sind es, welche die Süchtigen und Abstinenzwilligen auffangen, weniger die staatlich geförderten Kliniken und Einrichtungen. Es wäre auch an der Zeit, mit konkreten Maßnahmen die Gräben zwischen sogenannter professioneller und ehrenamtlicher Suchthilfe abzubauen. Während erstere damit viel Geld verdienen – unter anderem durch die Krankenkassen – finanzieren sich letztere vor allem durch Spenden und Mitgliedsbeiträge sowie die Unterstützung der regionalen Verwaltung. So ist seit langem eine Konkurrenzsituation enstanden, die nicht im Sinne der Betroffenen sein kann. Seit Jahrzehnten gibt es wissenschaftliche Konferenzen zum Thema Sucht, die oft völlig praxisfern sind und den Abhängigen keine Hilfe bieten. Auch die Selbsthilfegruppen müssten befähigt werden, ihre Arbeit und Struktur den Erfordernissen der Zeit anzupassen. Hier müsste der oder die Suchtbeauftragte eine koordinierende und anleitende Rolle übernehmen. Das allerdings wäre mit Arbeit, Aufwand und Empathie verbunden, die ich bei den Suchtbeauftragtinnen seit Jahren vermisse. Am besten geeignet für diese Funktion wäre m. E. ein langjährig abstinenter Betroffener bzw. sein weibliches Pendant.

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