U.S. Embassy Saudi Arabia (Lenderking), Free-Photos auf Pixabay (flag), mash-up by Die Freiheitsliebe.

Bidens Jemen-Gesandter weiß nicht, ob die USA am Jemenkrieg beteiligt sind

In einer Anhörung vor einem Unterausschuss des Außenpolitischen Ausschusses des US-Repräsentantenhaus erklärte der Jemen-Sondergesandte von US-Präsident Joe Biden, Tim Lenderking, er wisse nicht, ob die USA weiterhin im Jemenkrieg involviert seien und die von Saudi-Arabien geführte Koalition weiterhin unterstützten. Joe Biden versprach dies in einer Rede Anfang Februar. Doch diese Informationen lägen Botschafter Lenderking nicht vor.

Am Mittwoch vergangener Woche sagte Joe Bidens Sondergesandter für Friedensverhandlungen im Jemen, Tim Lenderking, in einer Anhörung vor Abgeordneten des US-Kongress aus. Auf die Frage des Demokratischen Kongressabgeordneten Ted Lieu, ob die USA Bidens Zusage vom Februar nun einhielten, keine „offensiven Militäroperationen der Saudis“ mehr zu unterstützen, erklärte Lenderking: „Nun ja, ich kann zu diesem Thema nichts Spezifisches sagen.“ und weicht auf allgemeine Floskeln aus. Auf Nachbohren von Lieu gesteht Bidens Jemen-Sondergesandter schließlich: „Ich bin nicht ganz in diesem Informationskreislauf, Herr Abgeordneter, also kann ich dazu auch nicht wirklich etwas sagen“.

Lieu: „The Biden administration has said that the U.S. is no longer gonna support offensive Saudi-led military operations. Has that, in effect, occurred?”
Lenderking: „Well, I can’t speak to that point, specifically.“

Lieu: „Let me just ask this question again. Is the U.S. currently supporting any military operations of the Saudi-led coalition in Yemen?“
Lenderking: „I’m not totally in that information loop, Congressman, so I can’t really speak to that.“



Dass mit Lenderking jene Person, die US-seitig mit der Beendigung des über sechs Jahre andauernden Krieges im Jemen beauftragt ist, nichts über die kriegerischen Aktivitäten seiner eigenen Regierung weiß, ist eine Blamage und illustriert, welche Priorität die Biden-Administration der laut UN „schlimmsten humanitären Krise der Welt“ einräumt.

Lenderking ist ein Karriere-Diplomat und diente für verschiedene US-Regierungen in Syrien, Bangladesch, Libanon, Marokko, Kuwait, Irak, Pakistan und zuletzt in Riad, Saudi-Arabien, bevor er von Bidens Außenminister Tony Blinken am 4. Februar zum Sonderbotschafter für den Frieden im Jemen ernannt wurde. In seiner außenpolitischen Rede am 4. Februar definiert Biden Lenderkings Hauptaufgabe: „[E]r wird mit dem UN-Gesandten und allen Konfliktparteien zusammenarbeiten, um auf eine diplomatische Lösung [im Jemen] zu drängen.“ Wie er diese Aufgabe meistern soll, wenn er nicht einmal weiß, ob seine eigene Regierung eine dieser „Konfliktparteien“ ist, bleibt schleierhaft.

Am Tag dieser unrühmlichen Performance verlas Lenderking auch ein Statement im analogen Nahost-Unterausschuss des US-Senats. Hierin erkannte er an, dass „die Houthis nach dem Konflikt eine bedeutende Rolle in der Regierung spielen werden“ und forderte „die Houthi-Führung“ auf: „kommt an den Verhandlungstisch“. Zwar strich die Biden-Regierung die Houthis zum 16. Februar von der US-Terrorliste – auf die Trump sie noch einen Tag vor seinem Ausscheiden setzte –, doch bleiben auch unter Biden führende Houthi-Vertreter auf der Terrorliste und werden weiterhin sanktioniert. Verhandelt Washington etwa mit „Terroristen“? Oder sollte Biden den destruktiven Kurs seines Vorgängers nicht endlich beenden und die Houthis in Gänze von der Terrorliste streichen?

In seiner Anhörung nannte Lenderking auch den Iran einen „Terror-Staat“ („terrorist state“), während seine Regierung zur selben Zeit in Wien indirekte Gespräche mit Teheran über die Wiederbelebung des Iran-Deals von 2015 führt. Nochmal: Warum verhandeln die USA mit „Terroristen“? Und nochmal: Oder sollte Washington vielmehr die Verwendung dieses rein politischen Kampfbegriffs überdenken?

In Bidens besagter Rede am 4. Februar, in der er langerwartet die außenpolitischen Ziele seiner Regierung darlegte, kam in Richtung Saudi-Arabien die wohl bedeutendste seiner Ankündigungen: „[W]ir beenden jegliche amerikanische Unterstützung für offensive Operationen im Krieg im Jemen, einschließlich relevanter Waffenverkäufe.“ Biden spricht explizit von „offensiven Operationen“, was im Umkehrschluss impliziert, die Unterstützung für „defensive Operationen“ werde weitergehen. Analog heißt es, nur „relevante Waffenverkäufe“, also für Offensivoperationen, werden eingestellt, solche für Defensivoperation gingen demnach weiter. Nur vier Tage nach Bidens Rede bestätigte dann der Vorsitzende des US-CENTCOM, Gen. Kenneth McKenzie, das US-Militär werde Saudi-Arabien in ebenjenen Defensivoperationen weiterhin unterstützen, etwa durch Geheimdienstkollaboration.

Im Narrativ der Saudis dient jedoch der gesamte Krieg einzig und allein der Verteidigung, was auch die Obama-Administration mit Biden als Vize stets bemühte, um 2015 ihren allumfassenden Support für die Saudi-Emirate-Koalition medial zu rechtfertigen. Biden äußerte am 4. Februar lediglich blumige Worte, die nichts Verbindliches enthielten.

Seit März 2015 bombardiert eine achtköpfige Kriegskoalition unter Führung Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate die Zivilbevölkerung des bereits vor dem Krieg ärmsten Lands der arabischen Welt. Durch den Krieg wurden laut UN-Schätzung vom Dezember 2020 über 233.000 Menschen getötet, allein 131.000 davon durch Sekundärphänomene wie Hunger, zerstörte Krankenhausinfrastruktur und Epidemien. Denn neben Waffengewalt setzt die Saudi-Emirate-Koalition auch die verheerendste Hungersnot seit 100 Jahren sowie – neben anderen Epidemien wie Dengue und Malaria – die größte je auf der Welt dokumentierte Choleraepidemie vorsätzlich als Kriegswaffen ein.

Und seit Beginn des Krieges ist die US-Regierung die größte Komplizin in diesem Genozid vor unseren Augen. Seit Kriegsbeginn stammen weit über die Hälfte aller Waffenlieferungen an die Koalition aus den USA. Über die Jahre haben die Luftbetankungen der saudischen Kampfjets durch die USA den Bombenkrieg erst ermöglicht. Hinzu kommen Ausbildung saudischer Soldaten, Geheimdienstkollaboration, operativer Support in den Kommandozentralen, jegliche logistische Unterstützung sowie politische und diplomatische Rückendeckung.

Wenn Bidens Jemen-Sondergesandter behauptet, über diesen umfassenden US-Support nichts zu wissen, kann er kaum ernst genommen werden. Um den Krieg im Jemen zu beenden, müssen die USA – genau wie die europäischen Komplizen – endlich ihren verbrecherischen Support für die Kriegskoalition einstellen.

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