Afghanistan-Desaster: Verhinderung der Familienzusammenführung

Es haben sich in den letzten vier Jahren mehrere Duzend Paare aufgrund von Problemen bei der Familienzusammenführung in ihrer Verzweiflung an mich gewendet. Die Betreuung von diesen Einzelschicksalen gehört seit meinem Einzug in den Bundestag zu meiner täglichen Arbeit. Es sind Menschen, die an den kalten bürokratischen Schreibtischentscheidungen und an Schikanen verzweifeln.

Häufig sind wir ihre letzte Hoffnung, weil wir uns als Linksfraktion als einzige konsequent gegen Schikane und sinnlose bürokratische Hürden einsetzen, die Familien voneinander trennen – manchmal sogar rechtswidrig.

Bürokratie, die Herrschaft der Verwaltung

Seit Wochen erreichen mich fast täglich Anrufe und Mails von verzweifelten Menschen, die versuchen, sich selbst oder Angehörige aus Afghanistan zu retten. Selbstverständlich leite ich die Evakuierungsbitten, inklusive der relevanten Daten und Nachweise, an das Auswärtige Amt weiter, damit diese sie auf die Evakuierungsliste setzen und letzten Endes evakuieren. Die Eskalation der Lage in Afghanistan und die unglaublichen Szenarien, die die Rettung und Familienzusammenführungen verhindern, machen mich fassungslos. Sehenden Auges ist die Bundesregierung in diese Katastrophe gesteuert. Und sie verhindert über sinnlose bürokratische Hindernisse nach wie vor die Rettung von Menschen in Lebensgefahr.

Seit 2017 fordere ich darum mit den parlamentarischen Instrumenten, die mir zur Verfügung stehen, die Bundesregierung auf, ihre gesetzlichen Pflichten einzuhalten, ihre willkürlichen Entscheidungen zu rechtfertigen beziehungsweise notfalls zu ändern. Kontinuierlich weisen wir auf die Missstände hin, die wir über die Einzelschicksale der Familien erfahren.

Beim Ehegattennachzug aus Afghanistan ist auf Deutsch-Nachweise zu verzichten, Punkt!

Es darf nicht sein, dass für die Familienzusammenführung beziehungsweise des Ehegattennachzugs aus Afghanistan Deutschkenntnisse der Antragsteller*innen nachgewiesen werden müssen. Und das obwohl dieses Zertifikat in Afghanistan (und anderen Ländern) wegen des geschlossenen Goethe-Instituts gar nicht erbracht werden kann.

Das Auswärtige Amt bestand bis vor kurzem noch darauf. Es ist überfällig, dass es jetzt darauf verzichtet. Jedoch erklärt die Bundesregierung immer noch: „Hinreichende Sprachkenntnisse können im Rahmen des Visaverfahrens daher alternativ glaubhaft gemacht werden.“ Unglaublich und zynisch, denn: Wie sollen insbesondere Frauen in Afghanistan, die vor Sorgen umkommen und kaum noch das Haus verlassen können, sich jetzt auf das Erlernen der deutschen Sprache konzentrieren?

Für mich ist das so, als ob man Ertrinkende nach ihren Deutschkenntnissen fragen würde, bevor man ihnen einen Rettungsring zuwirft. Es braucht jetzt eine klare Anweisung aus dem Auswärtigen Amt: Beim Ehegattennachzug aus Afghanistan ist auf Deutsch-Nachweise zu verzichten.

Ich habe das Auswärtige Amt mehrfach darauf hingewiesen, dass die Härtefallregelung zu Sprachnachweisen beim Ehegattennachzug in der Praxis viel zu restriktiv gehandhabt wird. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) trägt deshalb die Verantwortung dafür, wenn jetzt Familienangehörige in Afghanistan unter der Taliban-Herrschaft zu Schaden kommen, weil man ihnen willkürlich die Einreise verweigert hat.

Die Art der Politik schützt Menschen in Lebensgefahr nicht, sondern hindert mit sinnlosen Tests noch deren Rettung. Damit muss endlich Schluss sein.

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