Seit heute morgen bis Mittwoch können sich Ägypterinnen und Ägypter an den Präsidentschaftswahlen in ihrem Land beteiligen. Mit demokratischen Wahlen haben dieser allerdings kaum etwas gemein, alle Kandidaten, die dem Militärregime kritisch gegenüberstehen, wurden vorher schon von der Wahl ausgeschlossen, Oppositionelle sitzen in Haft und Staatsinstitutionen werden missbraucht um Euphorie für den Präsidenten Sisi zu schüren.
Eigentlich wollten gegen den Präsidenten Sisi mehrere Kandidaten antreten, darunter der Arbeiteranwalt und linke Politiker Khaled Ali, der ausgeschlossen wurde, weil er vor Gericht gegen den Ausverkauf ägyptischer Inseln an Saudi-Arabien protestierte. Nicht kandidieren dürfen auch Sami Hafes Anan, ehemals Generalstabschef, wie auch der Vorsitzende der Neuen Wafd-Partei, El Sayyed al-Badawi, oder Anwar Esmat Sadat, Neffe des ehemaligen ägyptischen Präsidenten Anwar Sadat. Einziger Kandidat ist der Unternehmer Moussa Mostafa Moussa, bei ihm von Kandidatur zu sprechen ist allerdings auch eher ein Witz, denn mit einem politischen Gegenkandidaten zu Sisi hat er wenig zu tun. Bis vor 2 Monaten warb er sogar noch öffentlich für den heutigen Präsidenten und kandidierte erst nachdem alle anderen ausgeschlossen wurden. In den sozialen Netzwerken wird sich daher auch über seine Kandidatur lustig gemacht, dabei ist es eigentlich traurig, dass das ägyptische Volk wenige Jahre nach der arabischen Revolution, wieder in der Mubarak-Ära angekommen zu sein scheint. Wahlen werden zur Farce bei denen das Ergebnis vorher feststeht, Aktivisten bedroht und inhaftiert. Wenn am Mittwoch Sisi zum Gewinner erklärt wird, dann wird dies niemand verwundern, es bleibt nur die Hoffnung, dass die Weltöffentlichkeit erkennt, dass es in Ägypten keine freien und demokratischen Wahlen gab, sondern wieder einmal eine Militärdiktatur etabliert wird. Davon zeugen auch die inhaftierten LGBT-Aktivisten, die Gewerkschafter, die hinter Gittern sitzen, weil sie für höhere Löhne gestreikt haben, und die Jugendlichen und Linken, die für soziale Gerechtigkeit und Freiheit auf die Straßen gingen und nun ihre eigene Freiheit verloren haben.
Eine Antwort
Der Einschätzung kann ich folgen. Allerdings frage ich mich, wie eine realistische Alternative zur Militärdiktatur in Ägypten aussehen soll. Die letzten halbwegs freien Wahlen hatten mit Mursi vorübergehend einen Islamisten der Muslimbruderschaft an die Macht gespült, der alles andere als eine freiheitliche Demokratie im Blick hatte, trotz aller Beteuerungen. Er stand ideologisch sowie politisch Erdogan nah. Andersdenkende wurden unter ihm genauso verfolgt. Sinnbild dafür war der damals zunehmende Druck auf Ägyptens Kopten. Unter Mursi hätte das in einer Katastrophe geendet und das Land zerrissen. Eine Verschlimmbesserung ist im Pulverfass Naher Osten u. Nordafrika das Letzte, was dieses Land bräuchte. Ägypten kämpft abseits der großen Schlagzeilen nahezu verbittert um Stabilität und gegen bewaffnete Islamisten, Terroristen. Ohne das säkulare Militär würden auch in dem Land Anhänger des traditionellen Islams vom politisch-faschistischen Islamismus übermannt und Minderheiten/Andersdenkende verfolgt, vertrieben oder gar getötet. Leider ist derzeit jeglicher Gedanke an Demokratie in Ägypten reine Utopie. Hoffen wir besser, dass sich die Zeiten eines Tages ändern und die Lage für einen Demokratisierungsprozess günstiger erscheinen.