President Donald Trump greets the President of Egypt, Abdel Fattah Al Sisi, prior to their bilateral meeting, Sunday, May 21, 2017, at the Ritz-Carlton Hotel in Riyadh, Saudi Arabia. (Official White House Photo by Shealah Craighead)

2017: Das Jahr des scheinheiligen Widerstands der Suprreichen gegen Trump

2017: das Jahr, in dem Businessgrössen Trump öffentlichkeitswirksam verurteilten, während sie im Stillen von seiner wirtschaftsfreundlichen Politik profitierten. Es war ein erfolgreiches Jahr für die #Resistance. Donald Trump war noch nicht vereidigt, da hatten findige Unternehmer bereits begriffen, dass sie sich ab jetzt von all ihren Sünden reinwaschen konnten, solange sie nur ihre Abneigung gegen diesen neonazinahen Präsidenten äußerten.

Auf einmal waren Neocons wie David Frum, Bill Kristol und Max Boot nicht länger verhasste Kriegstreiber, sondern prinzipientreue Intellektuelle, die um das Überleben der Republik kämpften. Die Senatoren Jeff Flake und Bob Corker, die fast jedesmal für Trumps Politik und Nominierungen gestimmt hatten, wurden zu tapferen Anführern, wenn sie es wagten, einige missbilligende Dinge über den Präsidenten zu sagen. George W. Bush war nicht länger ein Kriegsverbrecher, der den Nahen Osten ins Chaos gestürzt hatte, sondern ein weiser alter Staatsmann, dessen Amtszeit im Vergleich nicht mehr so schlecht erschien.

Dieses Phänomen war nicht nur auf Politik und Medien beschränkt. Auch Reiche Geschäftsleute und große Konzerne erkannten, dass oberflächliches Anti-Trump gehabe – symbolische Verurteilungen, ohne sich von Trumps Politik und Trump-ähnlichen Geschäftspraktiken zu lösen – cleveres Branding waren, gut für den Umsatz.

Lasst uns zu Beginn des neuen Jahres daran erinnern, welche Unternehmen im Jahr 2017 besonders lautstark protestiert haben – und warum wir nicht auf ihren Opportunismus hereinfallen sollten.

1. Expedia

Im Jahr 2015, als Trump gerade seinen Wahlkampf begann, nannte der Expedia-Vorsitzende Barry Diller den Immobilienmogul einen „selbstsüchtigen Hausierer“ mit einer „Ader von Gemeinheit und Boshaftigkeit“ und versprach, entweder das Land zu verlassen oder dem Widerstand beizutreten, sollte Trump gewinnen. 2016 spendete er pflichtbewusst mehr als 760.000 Dollar für Hillary Clintons Kampagne.

Vor diesen rebellischen Tönen war Expedia vor allem für zweifelhafte Geschäftspraktiken bekannt: man hatte Preissenkungen vorgetäuscht und bei Hotelzimmern falsche Angaben über Verfügbarkeit und Nachfrage gemacht, damit die Kunden frühzeitig buchen sollten. Im Jahr 2011 gab es eine Geldstrafe von 486.000 Dollar wegen irreführender Werbung, und erst in diesem Monat leitete die britische Regierung eine Untersuchung gegen Expedia und andere Online-Reisebüros ein.

Expedia hat sich jahrelang geweigert, die eigenen Gebühren und die der beteiligten Fluggesellschaften offenzulegen, bis das Unternehmen durch eine neue Verordnung des Transportation Department dazu gezwungen wurde. Zuvor hatte das Unternehmen Zehntausende von Dollars in Lobbyarbeit gegen diese Verordnungen investiert, und in ein weiteres Gesetz, von dem Verbrauchergruppen sagen, das es verhindern sollte, dass die Kunden die genauen Preise von Flugreisen ermitteln können.

Aber gute Neuigkeiten für Diller: Expedias Lobby-Bemühungen, die auch in diesem Jahr fortgesetzt werden, scheinen sich bezahlt zu machen, denn Anfang dieses Monats hat das Verkehrsministerium einen Gesetzesentwurf fallen gelassen, nach dem Expedia und ähnliche Onlineunternehmen Fluggepäckgebühren veröffentlichen müssen. Dies zusätzlich zu der Lobbyarbeit, die Expedia bei der Hotelsteuer, der Flugumsatzsteuer, den staatlichen und lokalen Steuern auf Online-Einkäufe und der „Unternehmenssteuerreform“ vorgenommen hat. Es dürfte klar sein, dass sich die Firma nicht für höhere Unternehmenssteuern einsetzt.

Diller sass auch kurz im Vorstand von Ticketmaster, bekannt für Preismanipulationen und hohe Verkaufsgebühren, und sitzt weiterhin im Vorstand von Coca-Cola.

Barry Diller und Expedia – wahre Helden des Widerstands.

2. Dropbox

Nach der Ankündigung von Trumps Einreiseverbot für Muslime rannten alle möglichen Gestalten herbei, um sich dem Chor der (berechtigten) Opposition gegen dieses Gesetz anzuschließen. Drew Houston, der Gründer und CEO von Dropbox, war ein solcher Streiter, der der ganzen Welt (und seinen Kunden) versicherte, dass „Dropbox Menschen aller Länder und Glaubensrichtungen willkommen heisst“.

Neben seinem Kampf gegen Vorurteile ist das Unternehmen bekannt, weil es von NSA-Whistleblower Edward Snowden als rücksichtslos im Umgang mit der Privatsphäre der Nutzer und als Partner des ‚PRISM‘-Überwachungsprogramms der Regierung benannt worden war. Houston verteidigte sich mit einem Verweis auf den „Kompromiss zwischen Benutzerfreundlichkeit, Komfort und Sicherheit.“ Snowden hatte offensichtlich nicht falsch gelegen.

Um fair zu bleiben, Houston hat sich mit seinem Unternehmen für Überwachungsreformen eingesetzt. Aber das ist auch der Grund, warum er viel zu erklären hatte, als Dropbox 2014 die ehemalige Außenministerin Condoleezza Rice in seinen Vorstand nahm, wo sie bis heute ist. Rice hatte Bushs aussergerichtliches Abhörprogramm 2005 öffentlich verteidigt und erklärt, dass der „Krieg gegen den Terror“ eine „neue Art von Krieg“ sei, die solche Befugnisse erfordere, und das Ausspionieren von Sicherheitsratsmitgliedern der Vereinten Nationen im Vorfeld des Irakkriegs genehmigt.

Apropos Irakkrieg: Rice spielte eine Schlüsselrolle bei der Irreführung der Öffentlichkeit, um Unterstützung für den Krieg zu sammeln, und noch 2008 sagte sie, sie sei „stolz“ auf die Entscheidung, in das Land einzufallen. Sie verteidigt bis heute Folter und Guantanamo Bay. Es muss nicht erwähnt werden, dass Rices Entscheidungen hauptsächlich Menschen betreffen (sprich: töten), die Muslime sind und im Nahen Osten leben – genau die Menschen also, von denen Houston behauptet, dass Dropbox sie „willkommen heisst“.

3. Facebook, Google und Apple

Wo soll ich bei diesen drei anfangen? Mark Zuckerberg, Knabenkönig, Gründer und Vorsitzender von Facebook, hat seit Trumps Amtsantritt eine Handvoll bewundernswerte politische Positionen eingenommen: er verurteilte das Einreiseverbot, das Transgender-Truppenverbot, die einwandererfeindliche Rhetorik und die Aktionen gegen das Dreamers-Programm, bis der Präsident selbst die Firma als „Anti-Trump“ beschimpfte. Die CEOs von Apple und Google haben ähnliche Schritte unternommen. Aber bei all dem sollten wir nicht die unrühmlichen Vorgeschichten dieses Triumvirats vergessen.

Viele werden sagen, dass der größte Vorwurf gegen Zuckerberg darin besteht, dass Trump durch Facebook Fake News an die Macht gekommen ist, was nicht ganz richtig ist. Stattdessen sollten wir uns an Facebooks tatsächliche Vergehen erinnern: die geheimen psychologischen Experimente an Benutzern, die jahrelangen Absprachen mit Überwachungsagenturen, die Sammlung und der Verkauf intimer Daten über unser Leben, die Lobbyarbeit gegen legale Einschränkung solcher Aktivitäten, die psychologische Manipulation und suchterzeugenden Elemente, die in der Benutzeroberfläche integriert sind, die Werbung nach diskriminierenden Kategorien und die Unterstützung der pro-unternehmerischen Transpazifischen Partnerschaft (TPP).

Mit Ausnahme der Menschenexperimente (zumindest soweit wir wissen) gilt all das auch für Google, und in geringerem Maße auch für Apple. Zu dieser Liste können wir die erschreckende Art und Weise hinzufügen, wie diese drei Unternehmen ihre Angestellten behandeln. Die befristeten Mitarbeiter von Facebook, einschließlich Cafeteria-Arbeiter, Hausmeister und Fahrradmechaniker, erhalten nicht dieselben Vergünstigungen wie die Angestellten des Unternehmens, müssen oft noch einen zweiten oder dritten Job machen und leben in Autos und Garagen. Dasselbe bei Google – das Unternehmen wurde einmal dafür verklagt, dass es einem Zeitarbeiter keine Überstunden zahlte und ihn dann entliess, als er mehr Arbeitsstunden verlangte – und Apple, dessen chinesische Fabrik so ein höllischer Ausbeuterbetrieb ist, dass Arbeiter sich aus Verzweiflung umbrachten und schliesslich Selbstmord zu einer Taktik im Arbeitskampf machten.

Facebook hat nach meiner Rechnung in diesem Jahr fast neun Millionen Dollar für Lobbyarbeit ausgegeben, bei Google waren es rund 14 Millionen und bei Apple mehr als sechs Millionen. Alle waren sehr an einer Steuerreform interessiert. Und die Investition scheint sich ausgezahlt zu haben: Der GOP-Steuerplan senkte den Körperschaftsteuersatz von 35 Prozent auf 21 Prozent und schuf extra niedrige Zinsen für Offshore-Profite, die in die Vereinigten Staaten zurückgeführt werden – ein Geschenk für alle drei Unternehmen.

4. Lyft

Lyfts Verkaufsargument 2017 war, dass es die sozialere Alternative zum Taxiunternehmen Uber ist. „Wir sind aufgewacht (woke). Unsere Gesellschaft ist aufgewacht und die US-Bevölkerung ist aufgewacht“, sagte Präsident John Zimmer im März gegenüber Time. Der Kontext war Ubers katastrophaler Entscheidung, sich New Yorks Taxifahrern nicht anzuschliessen in ihrem Proteststreik gegen Trumps Einreiseverbot (Uber Fahrer und Taxifahrer im Allgemeinen kommen oftmals aus den vom Einreiseverbot betroffenen Gebieten). Zwei Tage später spendete Lyft der ACLU 1 Million Dollar und verurteilte Ubers Verhalten.

Lyft will also eine Art Justin Trudeau der Mitfahrgelegenheiten sein, doch bei genauerer Betrachtung fällt das kalkulierte soziale Engagement in sich zusammen. Einer der Investoren ist Trump Team Mitglied Peter Thiel, im Aufsichtsrat sitzt ein Mitarbeiter von Icahn Capital, der Firma von Trumps ehemaligem Deregulierungsberater Carl Icahn.

Wenn das nicht genug ist, sind all die Dinge, unter denen die Arbeiter bei Uber zu leiden haben – Überstunden, das Fehlen von Krankenversicherung, Mindestlohn, bezahltem Urlaub usw – genauso bei Lyft zu finden. Man erinnere sich daran, wie das Unternehmen stolz eine Geschichte twitterte über eine Fahrerin, die mit Geburtswehen noch weiter arbeitete. Oder dass es am Tag nach Trumps Amtsantritt die Bezahlung der Fahrer gekürzt hat. Oder dass Lyft, zusammen mit Uber, gegen ein Gesetz in Seattle gekämpft hat, das es den Fahrern erlaubt hätte, sich gewerkschaftlich zu organisieren.

Schlimmer noch, Lyft scheint alles zu tun, damit eine solche Politik landesweit zum Gesetz wird. Wie sich herausstellte, leistet das Unternehmen Lobbyarbeit im Arbeitsministerium zu „Fragen zur Zukunft der Arbeit“ und im Kongress zu „Richtlinien für unabhängige Auftragnehmer“

5. Nike

Gleich mehrere Schuhfirmen haben sich gegen Trumps Einreiseverbot ausgesprochen, und Nike war die erste von ihnen. CEO Mark Parker bestätigte, dass sich „Nike gegen Vorurteile und jede Form von Diskriminierung stellt“ und dass seine Werte von der Verordnung „bedroht“ würden. Im Jahr davor hatte Parker in einem Brief an seine Arbeiter gesagt, dass Nike „eine lange Geschichte der Unterstützung der Ausgegrenzten und derer, deren Stimme nicht immer gehört wird“, hätte.

Dies könnte verwundern, da Nike seit Jahrzehnten als einer der schlechtesten Arbeitgeber bekannt ist. Das Unternehmen hat seitdem versucht, diesen Ruf zu verbessern, indem es sich für Nachhaltigkeit einsetzt, Hunderttausende von chemischen Tests durchführt, der Fair Labor Association beitrat, Berichte über die Bedingungen in seinen Fabriken veröffentlicht und Werksanlagen für Kontrollen öffnet.

Doch alte Gewohnheiten sind schwer abzulegen: Greenpeace bezeichnete Nike 2015 als „Greenwasher“, da weiterhin giftige Chemikalien in seinen Produkten enthalten waren, während Undercover-Aktivisten im Jahr 2011 feststellten, dass Nikes Lieferanten in Chinas Flüssen gefährliche Chemikalien freisetzten. Es wurden auch erneut Vorwürfe laut, das in den Fabriken des Unternehmens Sweatshop-Zustände herrschen, von Massenohnmacht und Lohndiebstahl bis zu körperlichem Missbrauch.

Zur gleichen Zeit hat Nike die Regierung bei Körperschaftsteuersatz und Rückführungssteuer beeinflusst und Zehntausende von Dollar ausgegeben, um die Legislative von Oregon erfolgreich zu einem Sondergesetz zu zwingen, das der Firma „Steuergewissheit“ für dreißig Jahre gewährt. Das einzige Thema, bei dem Nike sich Trump widersetzt? Das TPP Abkommen (Trans Pacific Partnership), in das Nike mehr Geld investiert hat als jedes andere Unternehmen.

6. Coca-Cola

Coca-Cola kam Anfang 2017 ins Spiel und veranstaltete während des Super Bowl einen Werbespot für kulturelle Vielfalt, der einen impliziten Angriff auf Trump darstellte. Darüber hätte man fast Rassismusvorwürfe gegen das Unternehmen aus dem Jahr 1999 vergessen können, in dem es beschuldigt wurde, eine rassistische Gehaltshierarchie zu schaffen, die schwarze Angestellte benachteiligte, was zu der seinerzeit größten Abfindung in einem Diskriminierungsfall führte. Oder die vielen darauf folgenden Diskriminierungsklagen, darunter eine, die unmittelbar nach der ersten Verurteilung eingereicht wurde, und eine Klage von 2012, der zufolge Angestellte in einem „Sumpf aus Rassismus“ arbeiten mussten.

Dann ist da noch die lange Liste mit weiteren Vorwürfen, denen sich das Unternehmen in den letzten zwei Jahrzehnten stellen musste, darunter (unter anderem) die passive Unterstützung des Diktators von Swasiland, die Beteiligung an Gewalt gegen Gewerkschaften in Guatemala und Kolumbien und in Indien der Verkauf von pestizidverseuchten Getränken und Auslösen einer Wasserknappheit. Selbst ohne die ganzen Diskriminierungsklagen würde diese Ausbeutung des globalen Südens ausreichen, um das symbolische Engagement für Vielfalt bedeutungslos zu machen.

Im Laufe der Jahre hat sich Coca-Cola in vielen Bereichen in die Politik eingemischt, am häufigsten gegen staatliche Vorschriften für Softdrinks und für die Förderung von Sport als alleinige Lösung für Fettleibigkeit. Eine Studie aus dem Jahr 2017 im American Journal of Preventive Medicine fand auch, dass das Unternehmen zwischen 2011 und 2015 neunundzwanzig Gesundheitsverordnungen zur Verbesserung der Ernährung und Verringerung des Limonadenkonsums bekämpft hat und erfolgreich ein Verbot von BPA verhindern konnte – eine schädliche Chemikalie, die in Getränkedosen Verwendung findet. Trump wäre stolz.

7. Goldman Sachs

Goldman Sachs und Trump haben eine besondere Beziehung: Die Investmentbank war im Wahlkampf ein Synonym für Hillary Clinton, und Trump verwendete sie als Feindbild, nur um sofort nach seinem Einzug ins Weiße Haus ihren ehemaligen Präsidenten zu seinem wichtigsten Wirtschaftsberater zu ernennen. Seit Trumps Amtsantritt war von Goldman Sachs kaum etwas zu hören, abgesehen von einigen Statements zu seiner Politik – vor allem die Entscheidung, sich aus dem Pariser Klimaabkommen zurückzuziehen. Lloyd Blankfein, CEO von Goldman Sachs, nutzte seinen allerersten Tweet, um diesen Schritt zu verurteilen. Er schrieb, dies sei „ein Rückschlag für die Umwelt und für die Führungsposition der USA in der Welt“.

Aber wie sehr engagiert sich Goldman wirklich dafür, den Klimawandel zu verhindern? Ziel der Bank ist es offensichtlich, durch die Investition in „Marktlösungen“ und den Aufkauf von „Katastrophenanleihen“ Geld aus der Klimakrise zu schlagen. Dennoch hat sie einen Grossteil des Jahres darauf verwendet, Big Oil als eine attraktive Geldanlage darzustellen. Seit dem Jahr 2000 engagiert sich GS zusammen mit anderen Wall Street-Unternehmen, um die Auflagen für Future-Bond-Spekulationen mit Öl zu lockern. In Zusammenarbeit mit Post Oak Energy Capital investierte das Unternehmen 100 Millionen Dollar in ein neues Öl- und Gasunternehmen und gründete über seine Merchant Banking-Abteilung ein Fracking-Unternehmen.

Die stille Komplizenschaft mit Trumps Agenda geht noch weiter. Die Bank hat, wie nicht anders zu erwarten, jahrelang ein Vermögen darauf verwendet, Lobbyarbeit für Steuerfragen zu leisten, deren Resultat die GOP-Steuerreform ist. Und sie würde von den Privatisierungsplänen für die Infrastruktur profitieren, die ihr früherer Präsident im Weißen Haus vorantreibt.

8. Merck

Die Welt muss auf dem Kopf stehen, wenn ein Pharmagigant zum sozialen Gewissen der Welt werden kann. Im August verliess Merck-CEO Kenneth Frazier das Trump Manufacturing Advisory Council, dessen einziges afroamerikanisches Mitglied er war, als Reaktion auf Trumps Charlottesville-Kommentare mit den Worten, er fühle „eine Verantwortung, gegen Intoleranz und Extremismus Stellung zu beziehen“ Sein Abgang veranlasste den CEO eines weiteren Pharmariesen, Johnson & Johnson, seinem Beispiel mutig zu folgen, obwohl Trump das Panel zu dem Zeitpunkt bereits aufgelöst hatte.

Natürlich hätte Frazier früher gegen Intoleranz und Extremismus Stellung beziehen können, vielleicht, nachdem Trump sein rassistisches Einreiseverbot eingeführt hatte oder, sagen wir, indem er dem Rat überhaupt nicht erst beitreten wäre. Aber so oder so wird Fraziers minimalistischer Aktivismus durch die Geschichte von Merck untergraben. Das Unternehmen hat zum Beispiel ein Medikament auf den Markt gebracht, von dem es wusste, das es das Risiko von Herzinfarkten und Schlaganfällen dramatisch erhöhte, und dann einen akademischen Fachverlag für eine gefälschte Fachzeitschrift bezahlt, in der dieses Medikament positiv bewertet wurde.

Da ist auch die Tatsache, dass Merck, wie die meisten großen Pharmaunternehmen, geholfen hat, Obamas Gesundheitsreform im Jahr 2009 zu schwächen. Im Austausch für ihre Unterstützung für den Affordable Care Act brachten sie das Weisse Haus dazu, Medicare-Preisverhandlungen und den Import billigerer Medikamente aus Kanada und Europa zu streichen, was die Gewinne der Industrie beschnitten hätte. (In jenem Jahr hatte Merck seine Preise um 8,9 Prozent erhöht) Die Firma setzte in der Folge mehr als eine Million Dollar ein, um sich unter anderem für Gesetze zur Medikamenteneinfuhr und die Reform der Unternehmensbesteuerung einzusetzen.

Frazier selbst ist der Schatzmeister der Pharmaceutical Research and Manufacturers of America (PhRMA), der Pharmalobby-Organisation, die von der rechten Gruppe ALEC gesponsert wird, und im Vorstand dieser Gruppe vertreten ist. Als eine Non-Profit-Interessenvertretung im Gesundheitswesen begann, Unterschriften für eine Wahlinitiative zu sammeln, die die Arzneimittelhersteller gezwungen hätte, 6 bis 10 Millionen Kaliforniern im Jahr 2005 einen Rabatt zu gewähren, sprang PhRMA in Aktion, um aggressiv dagegen vorzugehen, seitdem hat sich dies oft wiederholt. Merck allein gab letztes Jahr 7,2 Millionen Dollar aus, um eine Wählerinitiative abzuwenden, die die Ausgaben der staatlichen Krankenversicherungen für verschreibungspflichtige Medikamente begrenzt hätte, fast genau so viel Geld wie die Befürworter der Maßnahme zusammen aufgebracht hatten.

9. JP Morgan Chase

Dies ist vielleicht der schlimmste Fall von allen.

Auf den ersten Blick ist Jamie Dimon, der Chef von JP Morgan Chase, ein weiterer Unternehmensleiter, der nach Trumps Kommentaren zu Charlottesville ein moralisches Erwachen erlebt hat.

Als sich als Protest gegen Trumps Äußerungen das strategische und politische Forum des Präsidenten auflöste, drückte Dimon seine persönliche Unterstützung aus und bestand darauf, dass „die Gleichbehandlung aller Menschen eines der Grundprinzipien unserer Nation ist“ und dass „das Böse, dass diese hasserfüllten Täter zur Schau stellen, zu verurteilen ist werden und keinen Platz hat in einem Land, das seine Kraft aus unserer Vielfalt und Menschlichkeit zieht.“ Er ist seitdem noch weiter gegangen und hat öffentlich gesagt, dass Trump nicht seine ganze Amtszeit durchhalten wird, seine Behandlung Mexikos kritisiert und über weisse Privilegien gesprochen. („Wenn du weiß bist, male dich schwarz an und geh einen Tag lang durch die Straßen, danach wirst du wahrscheinlich etwas mehr Einfühlungsvermögen dafür haben, wie einige dieser Leute behandelt werden.“)

Aber es ist nicht so, dass die Auflösung der Gruppe und Trumps Sympathie für weiße Rassisten die Zusammenarbeit von Dimon und Chase mit Trump beendet haben. Erst dieses Jahr hat Chase die Regierung – und zeitweise das Weiße Haus und das Büro des Vizepräsidenten direkt – in den Bereichen „Finanzdienstleistungsfragen“, „steuerliche Fragen“, „Unternehmensbesteuerung und internationale Steuerreform“, „Vergleichsvereinbarungen mit Bundesbehörden“, „Financial Choice-Gesetz,“ Financial Services Regulation,“ und „Dodd-Frank Wall Street Reform und Verbraucherschutzgesetz.“ beraten. Diese Lobbyarbeit hat er auch im dritten Quartal fortgesetzt – mit anderen Worten, wahrscheinlich nach seinem Bruch mit Trump – und sobald die Ergebnisse für das vierte Quartal vorliegen, wird sich mit ziemlicher Sicherheit herausstellen, dass es bis zum Jahresende so weiter ging.

Was war das Ergebnis dieser Lobbyarbeit? Im Juni verabschiedete das Parlament den von Trump unterstützten Financial-Choice-Act, mit dem die meisten wichtigen Aspekte des Dodd-Frank-Finanzreformgesetzes aufgehoben wurden. Im selben Monat veröffentlichte Trumps Treasury Department einen Plan zur Überarbeitung der Finanzvorschriften, der einen Vertreter des Financial Services Roundtable (ein Interessenverband der Finanzindustrie) dazu veranlasste zu bemerken, dass es „das erste Mal seit einiger Zeit ein offizielles Unternehmen war, in dem unsere Interessen mit denen der Politiker konform gingen.“ Trumps neuer Leiter des Verbraucherschutzbüros will die Richtung der Agentur radikal ändern. Und natürlich wird das GOP-Steuergesetz Banken wie JP Morgan Chase einen großen Vorteil verschaffen, weshalb Dimon selbst es gelobt hat.

Im vergangenen Dezember wurde Dimon Vorsitzender des Business Roundtable, der während seiner Amtszeit Lobbyarbeit leistete in den Bereichen „Sammelklagen“, „Pro-business Steuerreform“, „Clean Air Regulations“, „Financial CHOICE Act“, „Regulierungslasten für US-Energie Produktion und Entwicklung“ und beim Versuch der GOP, Obamacare aufzuheben.

Weit davon entfernt, gegen Trump zu sein, unterstützt Dimon also Kernelemente seiner Agenda.

Abschließend wird noch auf die Rolle der Bank beim Finanzkollaps 2008 hingewiesen, die Dimons schönen Worten über Vorurteile und „Vielfalt und Menschlichkeit“ zum trotz unverhältnismäßig vielen Afroamerikanern geschadet hat. Vor allem JP Morgan Chase bediente sich in dieser Zeit atemberaubend rassistischer Praktiken, unter anderem durch höhere Zinssätze und Gebühren für schwarze und lateinamerikanische Hypothekenschuldner, für räuberische Kredite, die Minderheitsschuldner in riskante, hochverzinsliche Wohnungsbaukredite verwickelten, die sie sich unmöglich leisten konnten. Die Bank weigerte sich, Hypothekendarlehen für diese Kreditnehmer unter denselben Bedingungen zu refinanzieren, die sie an weiße Kreditnehmer vergeben hatte, und die Häuser von Minderheiten wurden viel häufiger Zwangsversteigert als die von Weissen.

Natürlich sollte uns das alles nicht überraschen. Trotz der skandalösen Wall-Street-Treue der Demokraten unter Obama wechselte Dimon damals die Seiten und sprang nach Obamas erster Amtszeit direkt in die Arme von Mitt Romney. Er war bereit, Trump öffentlich zu unterstützen, weil „er der Pilot ist, der unser Flugzeug fliegt“, bis dessen Kommentare zu Charlottesville dies unhaltbar machten, Unternehmenssteuern und -regelungen haben für ihn oberste Priorität. Selbst nachdem er sich gegen Trump gewandt hatte, sagte er, die Demokraten müssten einen „vernünftigen Kandidaten“ finden, der „pro-free-enterprise“ sei.

So sieht also der ‚Widerstand‘ aus.

10. Ein guter Vorsatz für 2018

Wenn wir Glück haben kritisieren große Konzerne vielleicht manchmal Trumps rassistische Rhetorik. Aber sie werden niemals eine echte Quelle der Opposition gegen die Agenda des Präsidenten und der GOP sein, weil sie sie gleichen Interessen vertreten. Sie sind Teil desselben geldverseuchten Sumpfes, in dem sich die Regierung und ihre Verbündeten suhlen. Den Beweis liefert diese Liste von Konzernen und Wirtschaftsführern, die mit einer Hand anklagend auf Trump zeigen und mit der anderen stillschweigend Geschenke von ihm annehmen.

Lasst uns im Jahr 2018 endlich die Vorstellung aufgeben, dass der Widerstand gegen Trump eine Bewegung ist, in der von armen Minderheiten bis hin zu CEOs und Bankern alle vereint sind. Der Angriff auf Trump bedeutet auch, die Unternehmensinteressen anzugreifen, die nicht nur von seiner Politik profitieren, sondern auch an Verfehlungen beteiligt sind, die mit allem, was die Trump-Regierung bisher gemacht hat, locker mithalten können.

Vergesst Joggen – DAS sollte unser Vorsatz für 2018 sein.

ÜBER DEN AUTOR
Branko Marcetic ist ein Redaktionsassistent bei Jacobin, wo der Artikel auch erschien. Er lebt in Auckland, Neuseeland. Übersetzt wurde der Artikel von Hannes Busch.

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