Managing Migration – Eine kritische Geschichte der IOM

Migration und Flucht waren das bestimmende Thema der vergangenen Jahre. Mit demDiskurs um diesen Themenbereich fanden zwei Organisation Einzug in die politische Debatte, das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) und die Internationale Organisation für Migration (IOM) – Das Wirken letzterer wird nun in Fabian Georgis Buch zum ersten mal in deutscher Sprache umfassend kritisch betrachtet.

In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gab es eine immense Zahl von Geflüchteten, sowie viele Menschen, die sich eine Migration in ein anderes Land vorstellen konnten. Auf der anderen Seite standen Staaten, die neue Arbeitskräfte suchten, einige dieser Staaten wollten allerdings ausschließlich „weiße europäische“ Arbeitskräfte. In diesem Kontext wurde die Vorgängerorganisation der IOM gegründet, in direkter Konkurrenz zu der UN-Organisation UNHCR, welche als zu abhängig von der sowjetischen Seite galt.

Die IOM hatte dabei die Aufgabe Umsiedlungsprogramme zu organisieren und jenen Staaten bei der Anwerbung zu helfen, die Migrantinnen und Migranten suchten. Das Wohle der Migrierenden, wie auch das der Geflüchteten, stand zu Beginn des IOMs nicht im Vordergrund der Arbeit, sondern viel mehr die wirtschaftliche Verwertbarkeit. Auch wurden nicht alle Menschen, die gleichen Möglichkeiten gegeben, z.B. wenn sie politisch vorgeprägt waren oder eine Behinderung hatten. Dies stand im Gegensatz zum UNHCR, welche es sich im Rahmen der UNO zur Aufgabe gemacht hat, für Geflüchtete zu sorgen.

Direkte Konkurrenz und finanzielle Entwicklung

Gegründet in direkter Konkurrenz zum UNHCR, dem dafür von vielen westlichen Staaten die Gelder gekürzt wurden, sollte das IOM direkt unter dem Einfluss der westlichen Staaten stehen. Georgi beschreibt ausführlich, welche Motivation hinter der Gründung stand und wie sich die Aufgaben mit der Zeit immer weiter veränderten. Mit der Abschwächung der Wirtschaft in den westlichen Industrienationen stand das IOM allerdings wieder einmal vor einer größeren Krise, einer von vielen in der Geschichte der Organisation. Die Darstellung der Krisen, wie auch die unterschiedlichen Handlungsmotive, der verschiedenen Staaten, die am IOM beteiligt waren, werden dabei nachvollziehbar und gut verständlich geschildert. Dabei wird auch deutlich, dass es keineswegs so war, dass es zwischen den USA und ihren Bündnispartnern immer nur Einvernehmen gab, im Gegenteil, häufig standen sich Interessen diametral gegenüber, was auch zu Austritten führte.

Diese Unterschiede in den Strategien führte auch dazu, dass immer wieder unterschiedliche Staaten ihre Budgets kürzten. Am schmerzhaftesten für die Organisation waren dabei Kürzungen durch die USA, welche durchgehend für einen Großteil des Budgets verantwortlich war, was auch mit einer Erpressbarkeit der anderen Mitglieder der Organisation einherging.

Migration im Dienste aller?

Bis zum heutigen Tage hat sich das Bild der Organisation gewandelt, es geht dabei, zumindest offiziell, nicht mehr um wirtschaftliche Verwertbarkeit und auch rassistische Kriterien der Migration fehlen, offiziell. Stattdessen wird nun suggeriert, dass die Migration im Interesse aller gemanget werden solle, der unüberbrückbare Gegensatz zwischen den Interessen der Migrantinnen und Migranten auf der einen und dem der Staaten und der Konzerne auf der anderen, wird durch eine Positionierung und die Arbeit im Interesse letzterer gelöst.

Dabei sollen unerwünschte Migrantinnen und Migranten durch finanzielle Anreize wieder in ihre Heimat geschickt werden, doch selbst dabei werden die Betroffenen häufig übers Ohr gehauen, wie der Autor schildert.

Georgi ist eine umfangreiche und gut nachvollziehbare Darstellung der Arbeit der Internationalen Organisation für Migration gelungen. Jeder Zeitraum wird dargestellt und die verschiedenen Brüche in der Praxis der Organisation verständlich erklärt. Dabei ist die Sprache, wie bei einem solchen Buch zu erwarten, nicht unbedingt so, dass das Buch als Gute-Nacht-Lektüre taugt, was allerdings weder Anspruch des Buchs ist, noch dem Thema gerecht werden würde. Etwas unterbewertet ist allerdings die Perspektive der Migrantinnen und Migranten sowie der von ihnen ausgehenden Proteste und Aktionen , die in den ersten Kapiteln nahezu gar keine Rolle spielen.

Bei Interesse an einer Auseinandersetzung mit einem der Global Player im Bereich der Migrationspolitik kann dieses Buch nur empfohlen werden. Bestellt weren kann es direkt beim Verlag Bertz+Fischer.


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