Mary Harris Jones, 1902, Foto: Gemeinfrei

Mother Jones

Sie galt als eine der gefährlichsten Frauen der USA, Mother Jones, die legendäre Kämpferin für die Emanzipation der amerikanischen ArbeiterInnen. Von den Herrschenden wurde sie für ihren Aktivismus gefürchtet.

Mary Harris Jones kam in den 1830er-Jahren in Cork in Irland zur Welt und reiste schon als kleines Mädchen mit ihrer Familie in die Vereinigten Staaten, wo sie später ihren Mann heiratete und vier Kinder zur Welt brachte. Bei einer Gelbfieberepidemie in Memphis, Tennessee kamen all ihre Kinder und ihr Ehemann ums Leben. Alleine machte sie sich auf den Weg nach Chicago, um dort als Schneiderin zu arbeiten.

In den Villen am See nähte sie Kleider für die Reichen und gleichzeitig erlebte sie die bittere Armut in der Stadt. Die Ungerechtigkeit, die so dort tagtäglich zu sehen bekam und auch am eigenen Leib erfuhr, prägte sie und ihr gesamtes weiteres Leben entscheidend. Nachdem Jones bei einem Großbrand in Chicago alles verlor, wandte sie sich an die Knights of Labor – eine bedeutende amerikanische ArbeiterInnenorganisation – und ihr Leben als Kämpferin für die Rechte der ArbeiterInnenklasse begann.

Entstehung von „Mother Jones“

Mother Jones war in der Organisation der United Mine Workers tätig, war Mitgründerin der Industrial Workers of the World und später der Socialist Party of America. Wo auch immer eine Streikbewegung im Gang war, Jones war vor Ort, um Hilfe in der Organisation zu leisten, die ArbeiterInnen zu unterstützen und zu stärken, was ihr schließlich den Namen „Mother“ Jones einbrachte.

Wenn die ArbeiterInnen sie brauchten, machte sie sich auf den Weg. Patrouillierten Soldaten auf den Brücken, dann watete sie auch im Winter durch die eisigen Flüsse. Wurden Züge kontrolliert, dann schmuggelte die Belegschaft sie daran vorbei, damit Mother Jones die streikenden ArbeiterInnen erreichen konnte. In der Bewegung der Minenarbeiter bildete sie Frauenarmeen, welche ausgestattet mit Besen und Abwaschschüsseln die Streikbrecher verjagten. „God! It’s the old mother with her wild women!“, klagten die Minenbesitzer, wenn sie es mit ihr zu tun bekamen.

Unbeirrbarer Kampfgeist

Über 60 Jahre lang war Mother Jones an Streiks im gesamten Land beteiligt. Sie führte einige Streiks der Minenarbeiter, der Bahnarbeiter, der Arbeiterinnen in den Textilfabriken und Brauereien erfolgreich an. Die Herrschenden erkannten die Kraft und Gefahr ihrer radikalen Führung und versuchten diese mit allen Mitteln zu verhindern. So wurde Mother Jones bei praktisch jedem Streik festgenommen und mehrmals zu Haftstrafen verurteilt.

Entgegen der Hoffnungen der Eliten, schmälerte das ihren Kampfgeist aber keineswegs, ihre Überzeugungen wurden dadurch nur noch stärker. Wenn sie das Gefängnis verlies, ging sie prompt wieder an die Vorbereitungen für die nächsten Streikaktionen, welche sie dann wieder hinter Gittern brachten. 1912 wurde sie im Alter von 82 Jahren das letzte Mal für ihren Aktivismus – damals in einem Streik von Minenarbeitern – festgenommen und zu 20 Jahren Haft verurteilt. In ganz Amerika kam es zu Aufständen unter ArbeiterInnen, welche die Freilassung von Mother Jones forderten. Die Proteste zeigten Wirkung und die Regierung von West Virginia sah sich gezwungen, Jones aus der Haft zu entlassen.

Gegnerin des Staats

Neben ihrem Kampf für die Rechte der ArbeiterInnen war sie eine Gegnerin des bürgerlichen Feminismus. So trat sie bei einem Treffen der Suffragetten in New York vor die versammelten Frauen und sagte: „Man braucht kein Stimmrecht, um Krach zu schlagen. Man braucht Überzeugungen und eine Stimme!“ Nie hatte sie Illusionen in den Staat und seine Machtinstrumente. Im Kontrast dazu verstand ihre Zeitgenossin Rosa Luxemburg, dass man im Kampf für das allgemeine Wahlrecht eine Massenbewegung aufbauen konnte, die das Bewusstsein der Massen heben würde.

Mother Jones nahm 1919 mit fast 90 Jahren an ihrem letzten Streik teil, dem großen Stahlstreik – und verstarb mit 100 Jahren. Bis zu ihrem Tod war sie politisch aktiv. Sie wurde am Miners‘ Cemetery in Mount Olive in Illinois beigesetzt. Bis heute ist sie eine Ikone der ArbeiterInnenbewegung in Amerika und ein Vorbild für junge Aktivistinnen im Kampf um eine gerechtere Welt.

Der Artikel von Sonja Kriegner erschien zunächst auf linkswende.org

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