Beim Fußball-Bundesligisten Hertha BSC wurde überraschend ein Ex-Ultra der Fanszene zum Präsidenten gewählt. Er setzte sich gegen den Wunschkandidaten des superreichen Investors Lars Windhorst durch, der mit allen Mitteln versucht hatte, die Kontrolle über den Verein zu erlangen. Ein Lehrstück, wie die Macht des Geldes im Profifußball zurückgedrängt werden kann. Von Hannes Draeger
Hannes Draeger ist seit 25 Jahren leidenschaftlicher Hertha-Fan.
Tosender Beifall, feierliche Schlachtrufe: Der Jubel war groß als Kay Bernstein auf der Mitgliederversammlung als neuer Präsident von Hertha BSC feststand. Mit 1600 zu 1200 setzte sich der „Kandidat der Kurve“ deutlich gegen seinen Gegenkandidaten, den CDU-Politiker Frank Steffel, durch. Dem vorausgegangen war eine filmreife Geschichte über einen kriselnden Fußballverein, eine abgehobene Vereinsführung, verlorene 375 Millionen Euro und einen umtriebigen Investor im Hintergrund.
Hertha: Vom Arbeiterverein zum „Big City Club“
Hertha BSC wurde im Jahr 1892 im Berliner Arbeiterbezirk Wedding gegründet und ist damit der älteste Verein der Bundesliga. Der als „alte Dame“ betitelte Club blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Insbesondere die Teilung Berlins stellte den im Berliner Westen beheimateten Verein und seine Fans vor besondere Herausforderungen.
Nach Jahren der Zweitklassigkeit stieg Hertha Ende der 1990er Jahre in die erste Liga auf. Die Euphorie um den Club, die auch den Osten der Stadt erfasste, trug die Mannschaft bis in die Champions League. Doch eine ziemlich verfehlte Vereinspolitik mit überzogenen Erwartungen, überteuerten Spielern und vielen Trainerwechseln entzog dem Verein sein Fundament. Zweimal stieg der Verein ab, erarbeite sich jedoch jeweils den direkten Wiederaufstieg in die erste Liga. Seitdem etablierte sich der Verein als solide Mittelfeld-Mannschaft der Bundesliga-Tabelle. Vieles änderte sich im Sommer 2019, als der superreiche Investor Lars Windhorst mit einem großen Koffer voller Geldscheine beim Verein anklopfte. Sein Privatvermögen wird auf bis zu 800 Millionen Euro geschätzt.
Die 375 Millionen-Euro-Spritze für Hertha
Windhorst stellte dem Verein 375 Millionen Euro in Aussicht. Die Hertha-Oberen empfingen den Investor mit offenen Armen, ohne dass es eine breitere Debatte im Verein und unter den 40.000 Mitgliedern gab. Wer darauf hinwies, dass Investoren nicht aus Liebe zum Fussball Geld in die Hand nehmen, sondern um aus Geld mehr Geld zu machen, hatte es in dieser Phase auch in der Mitgliedschaft schwer. Windhorst investierte, konnte sich jedoch keinen unmittelbaren Einfluss auf den Verein erkaufen. Nach der geltenden 50+1 Regel können Investoren nur Minderheiten-Rechte erwerben. Im Falle von Hertha hält Windhorst eine Mehrheit der Anteile einer dafür geschaffenen GmbH, die jedoch formal keinen Einfluss auf die Politik des Vereins hat.
Schon auf der ersten gemeinsamen Pressekonferenz von Windhorst und dem damaligen Hertha-Präsidenten Werner Gegenbauer wurde deutlich, dass Windhorst sich mit der Rolle des Zuschauers nicht zufrieden geben wird. Zur Freude der euphorisierten Hauptstadt-Presse rief er Hertha zum „Big City Club“ aus. Er sehe keinen Grund, warum Hertha in den nächsten Jahren nicht auch um Champions League und Meisterschaft mitspielen könnte.
Die „alte Dame“ wird zum Gespött der Liga
Damit waren Pflöcke eingeschlagen und extrem hohe Erwartungen geschürt worden – ohne Diskussion im Verein, unter den Mitgliedern, den Fanclubs, dem Trainer oder der Mannschaft. Letztere sah sich fortan nahezu bei jedem Sportinterview der Frage ausgesetzt, wie ihre Leistung mit dem „Anspruch“ des „Big City Clubs“ in Einklang zu bringen war.
Ich war selbst Zeuge bei diversen Hertha-Auswärtsspielen, wie sich der Verein zum Gespött der Liga entwickelte. Die „alte Dame“ wurde zunehmend zum Sinnbild des „Großen Geldes“ im Fußball – garniert mit einem unfreiwillig komischen Größenwahn, der selbst neutrale Fußballbegeisterte automatisch für die gegnerische Mannschaft die Daumen drücken ließ. Keine Überraschung, dass sich der Erfolg nicht sofort einstellte. Tore werden nun einmal nicht herbeigeredet, sondern müssen erarbeitet und geschossen werden.
Multimillionär will Hertha-Präsident stürzen
Nach einer Serie von Niederlagen gelang es Windhorst, die Hertha-Verantwortlichen zu überzeugen, seinen Vertrauten aus Kalifornien, den Ex-Nationaltrainer Jürgen Klinsmann, als neuen Trainer zu installieren. Die Tragödie nahm ihren Lauf: Nicht Real Madrid, nicht Paris Saint-Germain, nicht Manchester City, sondern Hertha BSC tätigte in der Wintertransferphase 2019/2020 die weltweit höchsten Investitionen für neue Spieler. Mit 80 Millionen Euro wurde eingekauft, was nicht bei drei auf den Bäumen war, ohne zu fragen, ob die Neuzugänge, inklusive der Gehälter, in das Mannschaftsgefüge passten.
Es folgten zwei Beinahe-Abstiege in die Zweite Liga. Dem Investor gelang es, diese Entwicklung dem – zugegebenermaßen unglücklich agierenden – Vereinspräsidium alleine anzulasten. Mittlerweile sind die 375 Millionen Euro so gut wie aufgebraucht, auch wenn zur Fairness gehört, dass ein Teil der Summe in Schuldentilgung und Corona-Ausgleich geflossen ist.
Das Präsidium hatte schon vor dem Einstieg des Investors die Unterstützung der Basis verloren, beharrte aber – auch nach den Erfahrungen mit Windhorsts öffentlichen Vorstößen – darauf, dass der Investor nicht „für“ Hertha-, sondern nur „über“ Hertha sprechen darf. Für einen schwerreichen Spekulanten, der es im Geschäftsleben gewohnt ist, seinen Willen durchzusetzen, war das schon zu viel. Was folgte war eine in der Öffentlichkeit ausgetragene Fehde um die Macht im Verein. Mitten im Abstiegskampf und ausgerechnet nach einem gewonnenen Hertha-Spiel rief Windhorst im März 2022 in einer „Bild“-TV-Sendung zum Sturz des Präsidenten auf und schob noch die Bemerkung nach, er würde nur neues Geld in den Verein investieren, wenn „gute Leute“ an der Spitze sind. Der Machtkampf war eröffnet.
„Mich kann man nicht abwählen.“
Windhorst versuchte, die Unzufriedenheit unter den Mitgliedern zu nutzen, um ein ihm höriges Präsidium durchzusetzen. Das Präsidium wird von den Mitgliedern gewählt. Wollte Windhorst erfolgreich sein, musste er Einfluss auf die Meinungsbildung der Hertha-Mitglieder ausüben. Immer häufiger ließ der Investor in den Hertha-Facebook-Fanforen von sich hören und postete beispielsweise Yacht-Bilder mit Hollywood-Größen wie Michael Douglas im Arm, die nun auch „Hertha Fans“ seien. Aus allen erdenklichen Finanzzentren dieser Welt wünschte er der Mannschaft per Facebook-Selfies viel Erfolg zum jeweils nächsten Spiel. Investorenkritische Artikel und Stellungnahmen wurden beispielsweise auf Twitter aus dem Windhorst-Lager niedergemacht. Bis heute stehen Vorwürfe über den Einsatz von Fake-Profilen und Bots im Raum.
Welches Demokratieverständnis dem Investor zugrunde liegt, machte Windhorst ebenfalls bei „Bild“-TV deutlich: Er wisse, dass es die 50+1 Regel gibt, und dass die Entscheidungsgewalt beim Verein liege, aber er habe gehofft, dass man sich trotz 50+1 gemeinsam abstimme und die „bessere Idee“ siege. Im Klartext: Windhorst akzeptiert nur eine Vereinsführung, die sich unter Umgehung der 50+1-Regel von einem externen Investor ins operative Geschäft hineinreden lässt. Auf Kritik seitens der Mitglieder, er wäre ja mit der Installierung von Jürgen Klinsmann selbst mitverantwortlich für das verlorene Geld, antwortete Windhorst auf der Mitgliederversammlung unter Buhrufen: „Ob es den meisten gefällt oder nicht, ich bin als Mehrheitseigner hier. Windhorst raus, das funktioniert faktisch nicht. Mich kann man nicht abwählen.“
Windhorst aktiviert CDU-Netzwerke
Als Windhorst erfuhr, dass in einer von ihm mitfinanzierten Dokumentation über Hertha BSC auch kritische Stimmen zum Agieren des Investors zu Wort kommen sollten, verhinderte er deren Veröffentlichung. Der international anerkannte Regisseur Lee Hicken war mit seinem 25-köpfigen Filmteam für ein Jahr nach Berlin gezogen, um die Achterbahnfahrt des Vereins für die Leinwand festzuhalten. Enttäuscht sagte der Regisseur zum Stopp der Veröffentlichung: „Ich dachte, wenn sie einen Werbefilm wollen, würden sie einen Werbefilmer engagieren – und nicht mich.“
Wenn Windhorst bei seinen Plänen zur Gefügigmachung eines Traditionsvereins auf eines zählen konnte, dann waren es CDU-Politiker, die ihren Karriere-Höhepunkt bereits hinter sich hatten. Die Opposition des zum Abschuss freigegebenen Hertha-Präsidenten Werner Gegenbauer rekrutierte sich im Hertha-Establishment aus jenen Berliner CDU-Netzwerken, die zugleich engen Kontakt zur Hauptstadtpresse pflegten. Vermutlich nicht ohne Hintergedanken saß Windhorst im Bundestagswahlkampf 2021 mit Kanzlerkandidat Armin Laschet zum Abendessen zusammen und spendete der CDU 250.000 Euro.
Kampfansage an die aktive Hertha-Fanszene
Nachdem Präsident Werner Gegenbauer entnervt das Handtuch warf, wurde einige Wochen später Frank Steffel zum Nachfolgekandidat aus der Taufe gehoben. Die Kandidatur des berüchtigten CDU-Politikers war eine Kampfansage an die aktive Fanszene von Hertha BSC. Steffel hatte in der Vergangenheit immer wieder gegen die Ultras Front gemacht. In einer Bundestagsrede im Jahr 2017 meinte Steffel: „Die Ultras gefährden in den Stadien friedliebende Fans und sportbegeisterte Familien.“ Zu seiner Vita gehören zudem ein erschlichener Doktortitel sowie gefälschte Wahlkampfbriefe der Bundeskanzlerin im eigenen Wahlkreis. Gemeinsame Geschichte mit Hertha BSC? Nullkommanull. Er war Präsident eines anderen Berliner Vereins mit Schwerpunkt Handball.
Solch „externe Lösungen“ werden im durchkommerzialisierten Profisport selten hinterfragt. Oft reicht ein Lebenslauf im „Big Business“ oder der „großen Politik“ sowie ein eloquentes Auftreten. Leidenschaft und eine Idee, welche Werte ein Verein vermitteln soll, müssen hinten angestellt werden. Mit Frank Steffel wäre eine geräuschlose Einflussnahme des Investors auf den Verein möglich gewesen. Und so war es keine Überraschung, dass Windhorst im Vorfeld öffentlich zur Wahl von Steffel aufrief.
Die Rechnung ohne den Wirt gemacht
Doch in der Berliner Fanszene, die bis dato nicht bekannt für großen Einfluss auf Vereinsentscheidungen war, wurde aus Unbehagen organisierter Widerstand. Bereits vor Gegenbauers Rücktritt prangte in der Ostkurve nun bei Heimspielen ein übergroßes Banner mit der blauweißen Aufschrift „Gegenbauer und Windhorst raus“. Die Fanszene trug der Unzufriedenheit mit der bisherigen Vereinsführung Rechnung, setzte aber zugleich klare Signale gegen den umtriebigen Investor, dessen Anhängerschaft auch im Verein zu wachsen schien.
Ausdruck der Unzufriedenheit innerhalb der Fanszene war die Ankündigung von Kay Bernstein – ein „Kind der Kurve“, wie ihn die Medien betitelten – sich zur Wahl des Präsidenten zu stellen, noch bevor Gegenbauer zurücktrat. Damit schufen Bernstein und sein Team „Wir Herthaner“ einen dritten Pol zwischen Windhorst und dem gescheiterten Vereinsestablishment. Auf einer Webseite stellten sie ihre Vision für eine andere Hertha vor: Demut statt Größenwahn, Transparenz statt Klüngelei, Nahbarkeit statt Abgehobenheit, Förderung des Nachwuchs statt blindem Kaufrausch, aktives Vereinsleben, rein in die Kieze, Festigung von 50+1, ökologisches Bewusstsein, ethische Auswahl von Sponsoren und vieles mehr.
Angriff der Springer-Presse
Die investorenfreundliche Bildzeitung und ihr Berliner Springer-Pendant „BZ“ wühlten in der Ultra-Vergangenheit des Präsidentschaftskandidaten, die bereits 16 Jahre zurückliegt.
Bernstein wurden Stadionverbote Anfang der 2000er Jahre zur Last gelegt. Ohne zu erwähnen, dass Stadionverbote keine Urteile im rechtsstaatlichen Sinne sind. Dort reichen Ermittlungsverfahren, um aktive Fans aus dem Stadion zu verbannen.
Bernstein wurde nie rechtskräftig verurteilt, durfte aber trotz Fulltime-Engagement für den Verein über Monate nicht das Stadion betreten. Für diese spätfeudale Praxis trägt der DFB die Verantwortung. Die Springer-Presse machte nun ein Opfer dieser Praxis zum Täter.
Ein vergiftetes Angebot
Bernsteins Gegenkandidat Frank Steffel hatte bis zuletzt kein Programm für den Verein, sondern setzte auf nichtssagende Phrasen wie „Wirtschaftskompetenz“. Unterstützt von Teilen der Hauptstadtpresse unterbreitete Steffel seinem Gegenkandidaten ein vergiftetes Angebot und bot Bernstein seine „Zusammenarbeit“ an. Der via Presse kommunizierte Vorschlag: Bernstein solle seine Kandidatur zurückziehen und würde dann unter Steffel als Vizepräsident mitarbeiten dürfen. Niemand stellte die Frage, warum nicht umgekehrt, wenn es Steffel wirklich um die Zusammenarbeit ginge.
Mit der vorhersehbaren Weigerung Bernsteins, von seiner Kandidatur Abstand zu nehmen, sollte Bernstein als Spalter in der Mitgliedschaft isoliert werden. Ein Hertha-Mitglied, das dieses Manöver durchschaute, suchte auf der Mitgliederversammlung die richtige Beschreibung und warf Steffels einen „passiv-aggressiven Ton“ vor. Der Vorstoß saß trotzdem erstmal: Der Berliner Tagesspiegel titelte eine Woche vor der Wahlversammlung: „Bernstein schließt Kooperation mit Steffel aus“. In einer Phase, in der sich viele Hertha-Mitglieder nach all den Turbulenzen nichts sehnlicher wünschten als Frieden und Kooperation im Verein.
Die Hertha-Fanszene hält zusammen
Doch die aktive Fanszene der alten Dame ließ sich nicht spalten zwischen dem künstlich aufgemachten Gegensatz von Fans und Ultras.
Anders als in Politik und Medien herrscht in der Ostkurve des Berliner Olympiastadions ein differenziertes Bild über die Ultras vor. Zwar wird nicht jede Aktion gutgeheißen, doch für die Unterstützung der Mannschaft wird zusammen alles gegeben. Brutale Übergriffe der Polizei gegen Hertha-Fans – wie zuletzt in Dortmund 2019 – wurden gemeinsam erlebt und verarbeitet.
Dass die Ultras viel Herzblut ins Vereinsleben stecken, sich auch sozial engagieren und bei keiner Auswärtsfahrt fehlen, wird allgemein anerkannt. Hinter der überraschenden Wahl Bernsteins verbirgt sich aber auch ein tiefsitzendes Unbehagen über die Entwicklung im Profifußball.
Kritik an der Kommerzialisierung des Fußballs
Die Kritik an der Kommerzialisierung des Fußballs ist – anders als es „Bild“ und Co. darstellen – keine träumerische Fußballromantik, sondern eine reale Gegenbewegung zum „Produkt Fußball“. Ein Blick in deutsche Fußballstadien genügt, um das zu sehen. Eine massenhafte Fanbewegung brachte im letzten Jahr die wahnwitzige Idee einer „Super-Liga“ der reichsten Vereine der Welt zum Einsturz.
Aktive Fans wollen nicht in die Rolle passiver Kunden gedrängt werden, so wie dies in England bereits zu beobachten ist: Während dort oft nur noch die reicheren Teile der Gesellschaft die horrenden Stadion-Ticketpreise bezahlen können, bleibt für die Working Class vielfach bloß der Gang in die Pubs als bezahlbare Alternative. Die Folge: Geisterstimmung und Theaterkulisse in den Stadien ohne Emotionen und Leidenschaft.
Wie unter einem Brennglas lässt sich im Profifußball beobachten, wie die Interessen superreicher Kapitalist:innen auf einfache Fan-Interessen treffen. Und wie die übergeordneten Instanzen (DFB, UEFA, FIFA) nicht nur darin versagen, die Interessen der Millionen gegen die Millionäre zu schützen, sondern selbst Teil des Systems geworden sind. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die 50+1 Regel im deutschen Fußball ernsthaft zur Disposition gestellt wird. Die Bayern-Bosse drängen bereits auf ihre Abschaffung.
Keine Revolution, aber ein Stoppschild
In dieser Auseinandersetzung ist die Wahl Bernsteins ein Stoppschild gegen den Ausverkauf des Fußballs, aber keine Revolution. Denn jetzt beginnen die Mühlen der Ebenen und die Gegner dieser demokratischen Wahlentscheidung schlafen nicht.
Die Bildzeitung veröffentlichte schon einen Tag nach der Wahl Bernsteins einen Hetzartikel, in dem gefragt wurde: „Wird er (Bernstein) Pyro legalisieren und das Olympiastadion in einen Feuertopf verwandeln?“.
Windhorst traf sich bereits wenige Stunden nach der Wahlversammlung mit dem unterlegenen Kandidaten Steffel in der Berliner Sektkellerei „Lutter & Wegner“. Als das Treffen aufflog, versicherte ein Windhorst-Sprecher eilig, es handelte sich dabei lediglich um ein „zufälliges Treffen“.
Gegen den Ausverkauf des Fußballs
Soll der Verein weg vom Größenwahn und übertriebenem Kommerz geführt werden, sind viele Konflikte vorprogrammiert – insbesondere mit dem Investor, für dessen Vermögen durchschnittliche Olympiastadion-Besucher:innen knapp 200.000 Jahre arbeiten müssten, wird es keine Ruhe geben. Höchstens einen Burgfrieden auf Zeit.
Der Erfolg der organisierten Fanszene in Berlin kann dennoch Inspiration und Ansporn auch bei anderen Vereinen sein, selbstbewusster den durchkommerzialisierten Fußball und den Einfluss von Investoren in Frage zu stellen. Dabei sind weitergehende Fragen wichtig, denn Fußball findet nicht außerhalb der Gesellschaft statt. Warum gibt es überhaupt Milliardäre, die nicht wissen, wohin mit ihrem Geld, während Millionen nicht wissen, wie sie ihre Stromrechnung bezahlen sollen? Wem gehört eigentlich aus welchen Gründen was?
Eine bundesweite Fanbewegung trägt das Potential in sich, Faninteressen nicht nur zu artikulieren, sondern sie auch gegen die Interessen von Sponsoren und Investor:innen durchzusetzen. Das Beispiel Hertha zeigt, dass nichts unmöglich sein muss, wenn aus Unbehagen organisierter Widerstand wird und damit Diskussionsräume im Verein geschaffen werden, in der die richtigen Fragen gestellt werden.