Am Sonntag feierten in ganz Griechenland die Menschen ihren Sieg über das Diktat der Troika, als sie die Ergebnisse sahen. Der Sieg war ein Schlag ins Gesicht der neoliberalen Kräfte, von Zentralbank, IWF und EU: Dave Sewell vom socialistworker war in Athen.
Die Studentin Danai erzählt auf dem Athener Syntagma-Platz: „Wir wussten immer, dass es ein Nein werden würde, aber nicht ein so deutliches Nein. Es hat gezeigt, dass sich die Menschen nicht einschüchtern ließen und eine andere Möglichkeit haben wollen.“ Tausende Menschen drängten auf den Platz und viele weitere feierten in den Bezirken rund um Athen. Die Pensionistin Katerina sagt: „Die Menschen haben Nein zur Austerität gesagt – aber das ist der Anfang. Es ist der erste Schritt eines neuen politischen Wegs für die Menschen, nicht der Weg der Diktatur der Finanzinstitutionen, die niemand je gewählt hat.“ Hinter ihr färbt sich der berühmte Springbrunnen rot. Lautsprecher verkünden Solidaritätsbotschaften aus anderen Ländern. Für Dimitri bedeutet der Ausgang des Referendums „bessere Bedingungen und eine Verschnaufpause“. Er ergänzt: „Sie haben so viele Arbeitsplätze abgebaut, dass ich regelrecht die Hölle durchlaufen muss, um einen Job zu bekommen. Ich arbeite derzeit ‚freiwillig‘ umsonst, in der Hoffnung, dass sie mich irgendwann einstellen.“ Selbst Expert_innen im Fernsehen nannten das Ergebnis ein „Klassenvotum“. Das „Nein“ erhielt die meiste Unterstützung in den ärmeren Gegenden. Es hat die Menschen im Industriegürtel im Westen von Athen gar nicht überrascht. Der Druckereimitarbeiter Giorgos warb heute noch vor dem Wahllokal Peristeri für Syriza. Er meinte: „Hier werden die meisten mit Nein stimmen. Viele haben ihre Arbeit verloren, seit die Fabriken am Fluss zugesperrt haben. Europa braucht Veränderung.“
Jugend
Keli, die sich selbst als arbeitende Mutter bezeichnet, sagte: „Natürlich wird das Nein gewinnen! Und ja, mein Gott, vielleicht bedeutet das den Euro zu verlieren – das kümmert mich nicht. Sie sagen uns immer, das wäre eine Katastrophe. Aber wir, die Jugend, sagen denen, sie sollen sich verpissen. Wir haben jetzt bessere Bedingungen. Und glaube mir, es wird wieder mehr Streiks und Proteste geben.“ Vor allem die jungen Leute haben mit Nein gestimmt. Jugendliche, die zum ersten Mal wahlberechtigt gewesen wären, wurde im Januar die Teilnahme an den Wahlen von der damaligen rechten Regierung verwehrt, weil es angeblich keine Zeit gegeben hätte, die Wahllisten zu aktualisieren. Heute war ihr Tag der Rache. Nefeli erzählte: „Es gibt Schüler in meiner Klasse, die hungern müssen, weil sich ihre Eltern nicht genügend Essen leisten können. Manche meiner Freunde sind bereits nach Großbritannien ausgewandert um Arbeit zu finden. Ich möchte hier bleiben – und ein ‚Ja‘ wurde bedeuten, dass ich weg muss.“ Die Ja-Kampagne versuchte die Alten zu verängstigen – aber das griff zu kurz, obwohl das Chaos im Bankensystem seines dazu beitrug. Die Pensionistin Dimakou meinte: „Der IWF und die EU kürzen die Löhne, Pensionen, Sozialleistungen, einfach alles. Es ist sehr schwer für Menschen für ihre Familien zu sorgen, wenn sie ihre Arbeit verlieren. Und es ist schwer für die vielen jungen Menschen, die überhaupt erst keinen Job finden. Es ist schwer für alle – außer die Reichen. Leute wie Waffenhändler fahren mit den schicksten Autos herum.“ Als ihre Freunde vorbeikommen, wird sie mit „Guten Oxi-Morgen“ begrüßt. Das griechische Wort für „Nein“ ist ab heute Teil in jeder Sprache auf der Welt.
Erpressung
Viele Bosse haben ihre Angestellten erpresst, mit einem „Ja“ zu stimmen. Ein Ja wäre die Rache dafür gewesen, dass die Arbeiter_innen im Januar eine linke Regierung gewählt haben. Viel ist über einen Rücktritt von Tsipras geredet worden. Aber jetzt wetzen die Parteikollegen von Antonis Samaras von den Konservativen ihre Messer. Samaras ist bereits zurückgetreten. Die europäischen Institutionen warfen ihr ganzes Gewicht gegen ein „Nein“ ins Rennen und verwendeten dabei die schrecklichsten Erpressungsmethoden. Aber Giorgos meinte: „Es ist wie während der Besatzung durch die Nazis. Sie haben die Waffen, aber wir haben die Massen.“ Von überall auf der Welt gab es Solidarität – und sie blieb nicht unbemerkt. Stavroula, die einen Aufkleber für das „Rote Netzwerk“ in Syriza hält, sagte: „Wir haben die vielen Solidaritätsproteste gesehen. Wenn die Zeit kommt, werden wir dasselbe für euch tun.“ Führende Syriza-Politiker_innen lassen bereits über die Medien anklingen, dass das Ergebnis des Referendums ihre Position in den Verhandlungen stärkt. Und das tut es. Aber in der letzten Woche wurde deutlich, dass ein Nein für viele mehr bedeutet – und das Ergebnis hat ihre Position, gerade dafür zu kämpfen, ebenso verbessert.
Der Text wurde von den Aktivisten von der „neuen Linkswende“ ins Deutsche übersetzt, erstveröffentlicht wurde er auf Englisch vom Socialist Worker.