Wir bleiben bis unsere Forderungen erfüllt sind – Gespräch mit Students for Palestine Bonn

Seit einigen Wochen protestieren in den USA an verschiedenen Universitäten Studierende gegen den Gazakrieg und die Beteiligung der USA, ausgehend von den USA hat sich die Bewegung auch auf Universitäten in allen Teilen der Welt verbreitet. Wir haben mit Teilnehmenden des Camps von „Students for Palestine Bonn“ gesprochen.

Die Freiheitsliebe: Seit einigen Tagen gibt es ein Protestcamp an der Uni Bonn, warum braucht es dieses Camp?

Als Studierende der Universität Bonn möchten wir uns den weltweiten Studierendenprotesten anschließen. Wir stehen hier für die sofortige Beendigung des Genozids und das Ende der Besatzung Palästinas. Dabei adressieren wir auch direkt unsere Universität, die vielfältig mit dem Genozid in Gaza in Verbindung steht. So hat die Universität beispielsweise Marie Agnes Strack Zimmermann eine Plattform gegeben. Sie ist unter anderem Mitglied im Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik sowie beim Förderkreis Deutsches Heer und somit direkter Bestand der deutschen Waffenlobby. Wir fordern ein Ende der Zusammenarbeit mit der Rüstungslobby, eine Ende der Einschränkung der Palästina-Solidarität, eine klare Positionierung gegen den Krieg in Gaza und für einen Waffenstillstand und Transparenz über akademische und finanzielle Zusammenarbeit mit israelischen Institutionen.

Die Freiheitsliebe: Inwiefern wurde die Solidarität mit den Menschen in Gaza und Kritik an Israel eingeschränkt?

Wir wollten vor ein paar Monaten einen Film über die Nakba von einem israelischen Regisseur zeigen. Uns  wurde da kurzfristig der Raum vom AStA entzogen, weil die Veranstaltung gemeinsam mit einer palästinensischen Grassroots Organisation aus Bonn angekündigt worden war. Auch wurde eine Veranstaltung mit den Combattants for Peace, die ja eher niederschwellig ist, unterbunden. Ständig haben wir diskutiert, wie wir die Repressionen umgehen können, um uns an der Uni palästinasolidarisch zu zeigen und zusammenkommen zu können. Jetzt haben wir uns dafür einen eigenen Raum zwischen unseren Bannern im Hofgarten geschaffen. 

Wobei es selbstverständlich seit langem nicht nur um Filme und Lesekreise gehen kann, die Situation in Palästina ist viel zu dringlich. Hier noch primär über Diskurse und Panels heranzugehen, ist total realitätsfern und liberalisiert den Kampf für das würdevolle Leben der Palästinenser:innen. 

Die Freiheitsliebe: Wie hat sich das seit dem Start eures Camps verändert?

Wir hatten bisher bloß Anzeigen wegen Parolen. Zum Beispiel hat die Veranstaltungsleitung eine Anzeige bekommen, weil während der Veranstaltung „Deutschland finanziert, Israel bombardiert“ gerufen worden war und mehrere Zeug:innen wohl angerufen und gesagt haben, es wurde „Israel bombardieren!“ gerufen worden. Das würde als Aufruf zu Hass und Gewalt gelten. Ansonsten erfahren wir verbale Angriffe und Drohungen von zionistischen Gegner:innen. Auch Nachts teilweise Gruppen von alkoholisierten Zionisten. Unser Camp ist da aber sehr solidarisch miteinander und reagiert gut deeskalativ. Zudem werden unsere Banner beschmiert. Wir haben eins abhängen müssen, auf das ein SS Symbol gezeichnet worden war. Besonders bezeichnend ist auch das Verhalten der Uni Angestellten. Die Campus Security hat mehrmals Studierenden mit Kufiya den Eintritt zur Uni verwehrt, z.B. wenn sie auf Toilette gehen wollten. Ein paar Leute haben mal versucht in der Mensa zu flyern und wurden von den Mitarbeiter:innen der Mensa rausgeschmissen. Die sind ja kein „Sicherheitspersonal“ der Uni, verhalten sich aber trotzdem so.

Die Freiheitsliebe: Ihr kritisiert nicht nur die Uni, sondern auch den Asta, wer stellt diesen und wie hat er sich positioniert?

Der Asta wird gestellt von unterschiedlichen Gruppen: Der links-grünen Liste, den Jusos und der Liste poppelsdorf. Wir adressieren den Asta, weil dieser das Studierendenparlament nach außen vertreten soll. Der Asta hat schon in der Vergangenheit seine Verantwortung nicht erfüllt, migrantische und marginalisierte Stimmen zu schützen und ihnen Raum zu geben. So musste sich schon zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres das Bipoc Referat auflösen. Auch den palästinasolidarischen Gruppen hat der Asta keinen Raum gegeben, um eine Gegenöffentlichkeit zu den zionistischen Gruppen und Positionen an der Universität öffentlich zu bilden. 

Die Freiheitsliebe: Was braucht es, damit ihr euren Protest an der Uni beendet, was sind eure Erwartungen an die Uni?

Wir werden hier bleiben bis die Forderungen in Kraft getreten sind. Ein erster direkter Schritt wäre die Absage der Veranstaltung mit der Deutsch Israelischen Gesellschaft am Montag den 13. Mai gewesen, stattdessen hat die Uni den Veranstaltungsort geändert und ein riesiges Aufgebot an Polizei dafür mobilisiert. Students for Palestine hat daher parallel eine starke Gegendemo veranstaltet und ein paar Aktivistinnen saßen mit im Vortrag und haben ihn gestört. 

 Auch die vollständige Transparenz über die Zusammenarbeit des CASSIS Instituts der Uni zu sicherheitspolitischer Forschung, zum Beispiel auch Überwachungstechnologien, die Israel bei seinen Kriegsverbrechen helfen, ist ein machbarer Schritt. Die Uni darf kein Ort für Kriegspropaganda und Waffenlobby bleiben. Dafür wollen wir mit dem Protestcamp sorgen.  

Die Freiheitsliebe: Danke dir für das Gespräch.

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Eine Antwort

  1. Gibt es ausser Socialmedia-Kanälen noch über e-mail Möglichkeiten, sich zu äußern? Wäre schön. Danke. Eure Seite finde ich sehr aufschlussreich.

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