In immer mehr der 50 US-Bundesstaaten wird die Todesstrafe ausgesetzt oder abgeschafft. Doch diese wichtige, erfreuliche Entwicklung macht die Trump-Administration nun mit den ersten Hinrichtungen auf Bundesebene seit 17 Jahren zunichte. Amnesty International fordert, die grausame, unmenschliche Praxis der Todesstrafe sofort zu stoppen.
Im Folgenden dokumentiert Die Freiheitsliebe eine Presseerklärung von Amnesty International Deutschland. (Hier könnt ihr euch für den Amnesty-Newsletter anmelden.)
BERLIN, 24.08.2020 – Amnesty International kritisiert die jüngsten Hinrichtungen von Inhaftierten in den USA aufs Schärfste und fordert die Vereinigten Staaten dazu auf, von den in den nächsten Tagen und Wochen angesetzten Exekutionen Abstand zu nehmen.
„17 Jahre lang verzichtete die Bundesebene auf die Vollstreckung der Todesstrafe. Nun soll wieder unmenschliche Härte gezeigt werden. Damit zerstören die US-Behörden die Hoffnung auf eine baldige vollständige Abschaffung der Exekutionen in den USA. Dies läuft sowohl dem US-amerikanischen als auch dem weltweiten Trend zur Beendigung der Todesstrafe zuwider, der sich in den letzten Jahren abzeichnet“, sagt Thomas Hensgen, Experte für das Thema Todesstrafe bei Amnesty International in Deutschland.
In den USA wurden im Juli binnen einer Woche drei in Bundeseinrichtungen Inhaftierte hingerichtet. Zuvor hatte es 17 Jahre lang keine Vollstreckungen der Todesstrafe auf Bundesebene gegeben, im gesamten Jahr 2019 waren landesweit 22 Menschen exekutiert worden. „Die jüngsten Hinrichtungen werfen ein Schlaglicht auf die Mängel und Willkür des US-Todesstrafen-Systems. Sie offenbaren auch die grausame Missachtung der Trump-Regierung, Schutzmaßnahmen und Beschränkungen zu ergreifen, die nach internationalem Recht und Standards für Personen gelten, denen die Todesstrafe droht. So litt einer der im Juli Hingerichteten mutmaßlich an einer geistigen Behinderung, bei anderen waren noch Berufungsverfahren anhängig und in zwei Fällen waren die festgelegten Hinrichtungstermine bereits verstrichen, ohne dass die Anwälte über das neu geplante Hinrichtungsdatum angemessen informiert wurden“, kritisiert Hensgen.
Am Mittwoch und Freitag dieser Woche sollen erneut zwei in Bundeseinrichtungen Inhaftierte mit der Giftspritze hingerichtet werden. Für September sind bereits weitere zwei Exekutionen anberaumt. Amnesty International setzt sich dafür ein, dass diese Todesurteile nicht vollstreckt, sondern umgewandelt werden.
„Die Todesstrafe und ihr Vollzug gehören weder in den USA noch anderswo zurück an die Tagesordnung, sondern einzig in die Geschichtsbücher. Amnesty International fordert die USA und alle Staaten, die bis heute an der Todesstrafe festhalten, dazu auf, diese grausame, unmenschliche Praxis sofort zu beenden“, so Hensgen.
Hintergrund
Laut dem jüngsten Amnesty-Jahresbericht zur Todesstrafe weltweit für das Jahr 2019 verzichten immer mehr Länder auf die Exekution von Inhaftierten. Die Zahl der Hinrichtungen nahm im vierten Jahr in Folge ab, von mindestens 690 im Jahr 2018 auf mindestens 657 im Jahr 2019 – die niedrigste Zahl seit zehn Jahren. In diesen globalen Gesamtzahlen ist allerdings China unberücksichtigt, da die Zahl der Hinrichtungen dort als Staatsgeheimnis behandelt wird.
Rund 20 Staaten bleiben dafür verantwortlich, dass auch im Jahr 2019 an tausenden Menschen das Todesurteil vollstreckt wurde. Die fünf Länder mit den meisten Hinrichtungen 2019 waren China (Tausende), Iran (mindestens 251), Saudi-Arabien (184), Irak (mindestens 100) und Ägypten (mindestens 32). Amnesty International registrierte im Laufe des Jahres 2019 mindestens 2.307 neue Todesurteile in 56 Ländern, im Vergleich zu 2.531 in 54 Ländern in 2018 (China jeweils ausgenommen).
Weltweit haben 106 Länder die Todesstrafe per Gesetz für alle Straftaten abgeschafft. 142 Länder haben die Todesstrafe per Gesetz oder in der Praxis außer Vollzug gesetzt.
In den USA ist ebenfalls in den letzten Jahren ein eindeutiger Trend weg von der Todesstrafe erkennbar: Die Todesstrafe wird weniger häufig verhängt und noch seltener vollstreckt. Zwar wurden im Jahr 2019 noch 22 Menschen hingerichtet. Doch im selben Jahr hat der Gouverneur von Kalifornien ein offizielles Moratorium für Hinrichtungen eingeführt, New Hampshire schaffte die Todesstrafe für alle Verbrechen ab. Im März dieses Jahres trat in Colorado das Gesetz zur Abschaffung der Todesstrafe in Kraft – Colorado ist damit der 22. Bundesstaat ohne Todesstrafe. Elf weitere Bundesstaaten haben seit mehr als zehn Jahren kein Todesurteil mehr vollstreckt.
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