Moazzam Begg wurde während des „Kriegs gegen den Terror“ in Afghanistan gefangen genommen, gefoltert und in Guantanamo inhaftiert. Nun hat er ein leidenschaftliches Statement gegen den Terror veröffentlicht, aber auch gegen die Kriege des Westens, die den Terror befördern und die Kultur der Angst, die durch beides entsteht.
„Einmal mehr wird Muslimen die Schuld für Taten zugeschoben, die wir ablehnen. Es ist so, als müssten wir uns ständig von etwas, mit dem wir nicht einverstanden sind, distanzieren – begangen von Leuten, die wir nie getroffen haben. Diese Selbstzensur, die uns auferlegt wird, verbietet uns über die Ursachen zu reden, warum der „Islamische Staat“ (IS) zu einer tödlichen Gefahr geworden ist.
Distanzieren
Wir glauben, dass wir nicht über die Realität sprechen dürfen – wenn man über einem Land Bomben abwirft, kann man erwarten, dass etwas passieren wird. Das haben die Sicherheitsbehörden immer schon gesagt. Die Wahrscheinlichkeit terroristischer Racheakte steigt, wenn man mit Bomben ins Feld zieht.
Wenn man so etwas sagt, glauben die Leute, man würde die Taten rechtfertigen. Nein, das tut man nicht, denn man kennt auch Menschen, die vom IS abgeschlachtet wurden.
Aber wenn man aus der muslimischen Welt kommt, kümmert das niemanden. Was würde passieren, wenn alle drei Millionen Muslimen in Großbritannien zu einem großen Distanzierungstreffen zusammenkommen würden? Das würde keine IS-Angriffe verhindern. Der IS kümmert sich nicht darum, was Muslim_innen in Europa denken. Sie reagieren auf etwas, das sie selbst als Angriff auf sich verstehen.
Keine Sündenböcke
Ich glaube, es ist wichtig, dass wir alle unser Mitgefühl mit den Opfern von Paris ausdrücken. Wir stehen Seite an Seite mit ihnen und ihren Familien, aber nicht mit den Regierungen, denn diese versuchen die Situation für sich auszunützen. Die ‚Antwort in voller Bandbreite‘ des Premierministers (David Cameron, Anm.) hat eine Auswirkung auf die einfachen Leute, wie man an den islamfeindlichen Übergriffen sehen kann.
Diese Attacken werden von Politiker_innen und zahlreichen Medien befeuert. Sie schaffen einen Zustand der Angst für Muslim_innen. Ein erheblicher Teil der Gesellschaft hat erkannt, dass sich der Backlash gegen Muslim_innen richtet. Diese Gelegenheit müssen wir ergreifen. Wir müssen uns auch auf den Aufstieg der Rechtextremen gefasst machen. Wenn eine Gruppe Angst hat und sich isoliert fühlt, müssen wir ein Spalier um sie bilden und mit ihnen Schulter an Schulter stehen.
Vor 14 Jahren begannen George W. Bush und Tony Blair ihren ‚Krieg gegen den Terror‘, um al-Qaida zu beseitigen. Wenn die Reaktion auf die Gräueltaten von Paris noch mehr Invasionen sind, wird das die Bedingungen für noch mehr Terrorismus säen.“
Das Statement erschienen auf der englischsprachigen Webseite www.socialistworker.co.uk